Megahype um Labubus: Von einem Spielzeug zum kulturellen Code einer Generation

Zwischen Sammelwahn und Designkunst

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein „Plüschmonster“ mit einem unheimlichen Grinsen, spitzen, gezackten Zähnen und großen Augen, ist mittlerweile ein globales Kultobjekt geworden: Labubus. Ursprünglich als Charakterfigur des Künstlers Kasing Lung konzipiert, haben sich die kleinen Objekte zu Symbolen einer neuen Sammelkultur entwickelt... In den sozialen Medien avancierten Labubus zum viralen Phänomen, getragen von TikTok-Trends, prominenter Unterstützung und einer gezielten Marketingstrategie der Spielzeugfirma Pop Mart. Doch was steckt hinter diesem Trend? Wer sind die treibenden Kräfte? Und welche kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Dynamiken lassen sich aus dem Labubus-Hype herauslesen?

cropped-1755101047-adobestock_1529597537_editorial_use_only
Bild: stock.adobe
Ursprung und Entwicklung: Vom Zeichenblock zur globalen Marke
Die Ursprünge von Labubu reichen zurück ins Jahr 2015. Der Künstler Kasing Lung, in Hongkong geboren und in den Niederlanden aufgewachsen, entwickelte die Figur im Rahmen seiner dreiteiligen Kinderbuchreihe „The Monsters“. Inspiriert von der nordischen Mythologie, schuf Lung eine märchenhafte Welt voller bizarrer Kreaturen, in der Labubu als schelmisches, aber gutherziges Mädchen auftritt. Von Beginn an verband Lung in seinen Illustrationen feine Ironie mit kindlicher Emotionalität – ein Stil, der sich später auch im Design der physischen Figuren widerspiegeln sollte.

Der Wendepunkt kam 2019 mit der Kooperation zwischen Lung und dem chinesischen Spielzeughersteller Pop Mart. Mit deren Hilfe wurden die Labubus in den Markt überführt – jedoch nicht als Massenware im klassischen Sinne, sondern als Sammelobjekte. 

Ein entscheidender Popularitätsschub erfolgte im April 2024, als Lalisa „Lisa“ Manobal, Mitglied der K-Pop-Gruppe Blackpink, öffentlichkeitswirksam mit Labubu-Figuren auftrat. Die daraus resultierende Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken befeuerte insbesondere im südostasiatischen Raum eine neue Sammelleidenschaft. Prominente wie Dua Lipa, Kim Kardashian, Rihanna und David Beckham zogen nach, wodurch sich Labubu endgültig von der subkulturellen Nische ins globale Rampenlicht bewegte.

Blind Box als Prinzip: Zwischen Sammeltrieb und Überraschung
Labubus sind hauptsächlich im „Blind Box“-Format erhältlich. Der Reiz liegt dabei in der gezielten Unvorhersehbarkeit. Käuferinnen und Käufer erwerben nicht nur ein Produkt, sondern ein Erlebnis – das Gefühl der Überraschung, das mit dem Öffnen jeder Box einhergeht. Dieses Prinzip erinnert an das klassische Überraschungsei, bei dem die Spannung über den Inhalt oft genauso wichtig war wie das Spielzeug selbst. Bei den Labubus geht es ebenfalls um den Nervenkitzel des Moments: Welche Figur wird es diesmal sein? Die Möglichkeit, seltene oder besonders begehrte Varianten zu ziehen, verstärkt den Anreiz zum mehrfachen Kauf.

Hinzu kommt ein stark ausgebildeter Sekundärmarkt, auf dem Figuren getauscht oder zu hohen Preisen weiterverkauft werden. Die Mischung aus Unsicherheit, Sammlerambition und digitaler Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken macht die Blind Box zu einem zentralen Treiber der Markenfaszination. 

Wer kauft Labubus? 
Obwohl Labubus auf den ersten Blick wie Spielzeug anmutet, richten sie sich laut Hersteller nicht ausschließlich an Kinder. Tatsächlich besteht die Kernzielgruppe aus jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren – viele davon weiblich, kreativ-affin und digital vernetzt.

Die Figuren fungieren als Ausdruck von Individualität in einer normierten Konsumwelt. Ob als Bag-Charm, Regalobjekt oder Teil einer Vitrine – Labubus werden oft stilistisch in Szene gesetzt, kommentiert und verglichen. In asiatischen Großstädten gelten seltene Modelle mittlerweile als Statussymbol, vergleichbar mit Designertaschen oder Sneakern.

„Ugly Cute“: Die ästhetische Anziehungskraft 
Labubus sind keine klassischen Kuscheltiere. Mit ihren oft asymmetrischen Gesichtern, spitzen Zähnen und kräftigen Farben widersprechen sie den Idealen von „Niedlichkeit“. Und genau darin liegt ihre Kraft. Die „Ugly Cute“-Ästhetik zieht sich durch viele Jugendkulturen der Gegenwart. Ob Labubus trösten oder eher irritieren, ist Geschmackssache – ihre Wirkung liegt gerade in dieser Ambivalenz.

Alte Hypes, neue Dynamik: Der Unterschied zu Diddl, Tamagotchi & Co.
Sammelhypes sind kein neues Phänomen. Schon in den 1980er- und 1990er-Jahren gab es ikonische Trends, die ganze Schulhöfe dominierten: Monchhichis, Diddlblätter, Diddlmäuse und später Tamagotchis. Auch sie verbanden ein Gemeinschaftsgefühl mit dem Reiz des Besonderen, des Besitzens und Zeigens. Doch der Hype um die Labubus unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Er ist vollständig in die digitale Welt eingebettet und wird maßgeblich durch Social Media, Influencer-Marketing und algorithmengestützte Sichtbarkeit verstärkt. 

Während frühere Sammelobjekte vor allem lokal – etwa über Pausenhöfe oder Spielwarengeschäfte – verbreitet wurden, entsteht bei Labubus eine globale Dynamik. TikTok-Videos mit Unboxings erreichen Millionen Zuschauer in kürzester Zeit, Instagram-Accounts dokumentieren komplette Kollektionen, und Influencer präsentieren limitierte Modelle als Teil ihrer Markenidentität. 

Wirtschaftliche Bedeutung: Pop Mart als globaler Akteur

Für Pop Mart ist Labubu ein milliardenschweres Asset. Der Eröffnung des Flagship-Stores in Berlin im Juli 2025 folgten binnen Tagen lange Schlangen und teilweise chaotische Zustände – eine mediale Inszenierung, die Pop Mart offenbar einkalkuliert hatte. Weitere Flagship-Stores eröffnete das Unternehmen in internationalen Trendmetropolen wie Amsterdam, Mailand und Chicago, was die globale Wachstumsstrategie unterstreicht und die physische Präsenz der Marke selbst außerhalb Asiens erheblich stärkt. Wirtschaftlich betrachtet ist der Labubus-Hype ein Paradebeispiel für den Erfolg von „Emotion Driven Commerce“.

FAZIT:
Labubus sind kein kurzfristiger Hype, sondern gelten als Ausdruck eines kulturellen Wandels. Sie spiegeln das Bedürfnis vieler junger Menschen nach Zugehörigkeit, Einzigartigkeit und emotionaler Bindung in einer digital überreizten Welt. Dabei verbinden sie Designkunst mit kapitalistischer Logik, Nostalgie mit Rebellion, Sammlerglück mit sozialen Statussymbolen. Ob Labubus ein nachhaltiges Phänomen bleiben oder schon bald von neuen Trends abgelöst werden, bleibt offen. Sicher ist: Sie haben sich bereits jetzt einen festen Platz in der Geschichte der Populärkultur des 21. Jahrhunderts gesichert.

*Alle Angaben ohne Gewähr