Mountains Calling: Unterwegs mit Kind und Kraxe

Kinderkraxen im Test

Das Wandern ist des Müllers Lust. Und knapp sieben Millionen Deutsche tun es ebenfalls gerne. Gerade erst feierte die Zugspitze, der höchste Berg Deutschlands, sein 200-jähriges Jubiläum der Erstbesteigung. Während Joseph Naus damals alleine auf die Zugspitze unterwegs war, sind heute auf den Wanderwegen viele Familien, teilweise auch mit ihren jüngsten Sprösslingen zu sehen. Wer sich dazu entscheidet, sein Kind in einer Kraxe oder auch sog. „Kindertrage“ mitzunehmen, sollte sich vor dem Kauf gründlich informieren. Denn ein unpassendes Modell sorgt schnell für ungute Stimmung und vor allem Rückenschmerzen während der Wanderung. TRENDYone hat fünf aktuelle Top-Modelle genauer unter die Lupe genommen.

Bevor es zum Einkauf in den Laden oder Online-Shop geht, sollte man sich Gedanken machen, für welche Art von Betätigung wird eine Kinderkraxe benötigt: Spaziergänge auf ebener Fläche, Bergwanderungen, Speehiking oder Trekking. Für alle vier Arten der Fortbewegung hält der Markt verschiedene Kraxenmodelle bereit. In folgendem Artikel beschäftigen wir uns mit Kindertragen, die vor allem für Bergwanderungen jeder Länge geeignet sind. Wichtig ist vorab auch die Frage, für welches Alter der Kinder diese Kraxen überhaupt geeignet sind. Von knapp einem bis etwa drei Jahren sind Kindertragen auf Outdoor-Touren das beste Transportmittel. Doch auch ältere Kinder können – je nach Körpergröße und Gewicht – noch in der Kraxe Platz nehmen. Beurteilt an der körperlichen Fitness ist es aber nicht abwegig, die Kleinsten so früh wie nur möglich selbst wandern zu lassen. 

Richtige Rückenlänge und Passform 
Ähnlich wie bei einem guten Wanderrucksack steht der Tragekomfort auch bei den Kinderkraxen an oberster Stelle – und zwar für beide Elternteile. Das beginnt am Rücken. Die meisten Modelle haben heute verstellbare Rückenlängen integriert, die es möglich machen, die Rückenlänge zu verstellen. Dabei ist es meist möglich, zwischen S, M, L und XL zu verstellen. Bei den verschiedenen Modellen fielen uns besonders bei den Verstell-Einrichtungen große Unterschiede auf. Während einige Modelle einfach und unkompliziert zu bedienen waren, musste bei manchen Kraxen an viel zu engen Stellen sehr umständlich hinter die Rückenlüftung gegriffen werden. 

Mit der passenden Rückenlänge geht gleichzeitig auch der richtige Sitz der Brust- und Hüftgurte einher. Hierbei sollte bedacht werden, dass neben dem Gewicht des Kindes oftmals noch Proviant getragen wird. Daher sollte das Tragesystem der Kraxe das Gesamtgewicht gleichmäßig auf Hüfte und Rücken verteilen. Wie auch beim herkömmlichen Rucksack kann die Traghöhe der Kraxe verstellt werden. Wichtig sind aber vor allem die zwei kleinen Gurte, die es ermöglichen, die Tragschale mit Kind nach dem Aufsetzen eng an sich heranzuziehen. So wird eine gerade Rückenhaltung begünstigt, welche für lange Touren von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Ein zusätzlich wichtiger Punkt bei der Verwendung von Kinderkraxen ist der Prozess des Auf- und Absetzens. Egal welches Gewicht der Rucksack hat: das viele Auf- und Absetzen wird irgendwann eine Gedulds- und Motivationsfrage. Daher sollten Eltern auf folgende Technik setzen (Beschreibung für Rechtshänder. Linkshänder verfahren bei Schritt 2 und 3 umgekehrt): 

Aufsetzen:
1) Kraxe beidhändig an den zwei Schultergurten greifen und auf den Oberschenkeln absetzen
2) Mit der linken Hand nun den Tragegriff halten und mit dem rechten Arm durch den Schultergurt schlüpfen 
3) Zuletzt mit dem linken Arm durch den Schultergurt 

Absetzen:
1) Als erstes den Standbügel ausklappen, damit die Trage stabil am Boden stehen bleiben kann
2) Den Prozess des Aufsetzens nun rückwärts abwickeln 

Sicherheit im Kindersitz
Wer sein Kind durch die Berge tragen möchte, sollte sich vor der Tour bewusst sein, wie viel Zuladung er in die Kraxe packen möchte. Neben dem Kindergewicht sind meistens noch Proviant, Wechselklamotten und Co. mit dabei. Bei den meisten Modellen liegt das maximale Zuladungsgewicht bei 22 Kilogramm. Doch nun zum Komfort für die Kids: Der Kindersitz sollte bestenfalls stufenlos höhenverstellbar sein und nicht mit dem Packsack der Trage verbunden sein. So entstehen für das Kind bequeme und sichere Sitz- und Schlafpositionen. Ein leicht verstellbarer Vierpunktgurt mit Polsterung sichert das Kind vor dem Herausfallen. Ein seitlicher Einstieg erleichtert außerdem die Tour. Denn gerade das Raus- und Reinheben der Kinder nur über einen oben liegenden Einstieg kostet die Eltern viel Kraft, die gerade bei Bergwanderungen anders und besser genutzt werden könnte. 

Nice To Have: Gadgets
Objekte wie ein Regendach, ein Fleecesack, Fußschlaufen oder ein Nackenkissen können mögliche Zubehörteile für Kindertragen sein. Welche Gadgets man wirklich dringend braucht, hängt vom Einsatzbereich ab. Wer auch bei Regen draußen unterwegs ist, sollte sich einen passenden Poncho oder ein Regendach zur Trage kaufen. Im Sommer ist ein Sonnendach Pflicht. Sinnvoll ist auch ein kleines Kissen oder gepolsterter Bereich, auf welchem das schlafende Kind den Kopf ablegen kann. Alle Modelle verfügen außerdem über einen kleinen „Rückspiegel“, auf den der Träger zugreifen kann, um sein Kind im Blick zu behalten. 

Praxistipps: Entspannte Entdeckungstouren – 5 Fehler, die vermieden werden sollten
Bevor sich die Eltern endgültig für den Kauf einer bestimmten Kinderkraxe entscheiden, ist es hilfreich, im Laden nachzufragen, ob sie die Trage für ein Wochenende ausprobieren können. So erkennen Eltern und Kind schnell, ob sie mit der Trage zurechtkommen. Denn gute Tragen sind nicht billig und eine solche Mehrausgabe soll sich schließlich für viele Jahre lohnen. Bevor es dann mit der Tour losgehen kann, sollten sich Wanderer, die bislang noch keine Erfahrungen mit dem „Kind auf dem Rücken“ haben, gut vorbereiten. Folgende fünf Fehler können so bereits vorab vermieden werden: 

1) Zu wenig Pausen einlegen
Mediziner raten dazu, pro Stunde Wandern etwa 10 bis 15 Minuten Pause einzulegen – und die Kinder auch mal aus der Trage herauszunehmen. Das fördert die Durchblutung und auch die Motivation. Lassen Sie die Kleinen nie unbeaufsichtigt in der Kraxe stehen oder gar schlafen. Dies verhindert Verletzungen und Verrenkungen. 

2) Unzureichende Vorbereitung auf Wetterverhältnisse 
Wie schnell das Wetter vor allem in den Bergen umschlagen kann, wissen erfahrene Wanderer bestens. Obwohl die Wettervorhersage Sonne und warme Temperaturen angesagt hatte, kommt es auf ein paar tausend Metern dennoch zum Wetterumbruch. Dem lässt sich jedoch entgegengewirkten– und zwar mit dem Zwiebelprinzip. Das bedeutet in der Praxis, die Kinder in Schichten anzuziehen. Da sie sich nicht bewegen, kühlen sie schneller aus. Mehrere Lagen Outdoor-Bekleidung sind also die optimale Wahl. Bei hohen Anstiegen sollte sich aber auch der Träger vorher über seine Kleidung Gedanken machen. Da Wanderer schnell ins Schwitzen kommen, empfiehlt sich vor allem Funktionskleidung, die zum Beispiel mit einem Reißverschluss kürzer bzw. luftiger gemacht werden kann. Vor Touren im Hochsommer gehört das Eincremen der kleinen Passagiere außerdem zum Pflichtprogramm. Wanderungen in der prallen Sonne sollten vermieden werden, auch wenn bei einigen Kraxen ein Sonnendach integriert ist. An besonders heißen Tagen empfehlen sich Alternativrouten durch Waldgebiete.

3) Das richtige Kindesalter verfehlen 
Ein runder Rücken und die Anhock-Spreizhaltung sind für Babys auf jeden Fall essentiell, deswegen gehören Babies auch nicht in eine Kraxe. Denn es ist konkret formuliert, dass Kinder in den Kraxen zwischen (plusminus) einem und drei Jahren am besten aufgehoben sind. Ein Tragerucksack sollte erst dann zum Einsatz kommen, wenn das Kind selbständig sitzen und seinen Kopf stabil halten kann. So können Bewegungen, die beim Gehen entstehen, gut ausgeglichen werden. 

4) Wanderwege zu anspruchsvoll gewählt
Sitzt das Kind in einer Kraxe, sollte immer beachtet werden, dass es etwas höher als der Träger sitzt. Somit sind Wanderungen, die durch Dickichte und niedrig hängendes Gebüsch führen, ungeeignet. Auf breiten Forstwegen kommt dies nicht vor. Wird jedoch ein zu schmaler Steig bergauf gewählt, sollten herunterhängende Zweige im Blick gehalten werden. An diesen könnte sich das Kind möglicherweise erschrecken oder gar verletzen. 

5) Kinder verlieren die Motivation am Wandern
Durch die Tatsache, dass Eltern die Wandertouren nach ihren Vorstellungen planen und dann auch durchziehen, wird natürlich ignoriert, ob das Kind überhaupt in der Kraxe sitzen möchte. Das kann schnell dazu führen, dass der kleine Begleiter die Lust auf das Sitzen in der Kraxe und damit für spätere Zeiten auch die Lust auf die Wanderung verliert. Deshalb sollte man seinem Kind auch genügend Möglichkeiten bieten, selbst umherzulaufen und die Natur zu entdecken. Dies funktioniert nur, wenn genügend Pausen eingeplant werden und die Strecke abwechslungsreich ist (z.B. Naturlehrpfade). Für Eltern bedeutet das konkret, sich schlichtweg mehr Zeit zu nehmen. Eine Wanderung mit Kind ist nicht in zwei Stunden erledigt. Dafür können alle auf ihre Kosten kommen, wenn richtig geplant wurde. 

Modelle im TRENDYone Test
Der Markt der Hersteller von Kinderkraxen in Deutschland ist groß. Größtenteils sind hier die bekannten Rucksack- und Wanderzubehör-Hersteller vertreten. In einem umfangreichen Test hat sich die TRENDYone-Redaktion fünf Modelle von fünf verschiedenen Herstellern genauer angesehen und berichtet im Folgenden über die persönlichen Eindrücke aus dem Test:



Salewa Koala II
Die erste Kraxe aus der Mittelpreisklasse heißt „Koala II“ und ist in blau erhältlich. Der italienische Hersteller empfiehlt sie für lange Wanderungen. Das ist durchaus möglich, denn mit ihren vielen Verstauungsmöglichkeiten und dem mobilen Sonnen- sowie Regenschutz ist sie allwettertauglich. Als einzige der fünf getesteten Kraxen sind diese Gadgets übrigens kostenlos im Lieferumfang enthalten. Einfach ist auch das Verstellen der Rückenlehne auf die richtige Länge, dies geschieht hier durch einen simplen Klettverschluss. Ein Lüftungsgitter am Rücken gibt es allerdings nicht, dafür ist ein Rückspiegel vorhanden. Praktisch: Als einziges aller getesteten Modelle verfügt die „Koala II“ über Laschen, mit denen der Träger der Kraxe den Standbügel einfach zu sich einklappen kann, ohne sich verrenken zu müssen. 

Vaude Shuttle Base
Eine leichte Trage für Bergwanderungen – was sich die Eltern wünschen, hat der deutsche Produzent für Bergsportausrüstung entwickelt. Die Kraxe „Shuttle Base“ aus dem mittleren Preissegment bietet zwar nicht allzu viele Gadgets wie die teureren Modelle, bleibt seiner minimalistischen Linie und deren Funktionen aber treu. Kinder bis zu einem maximalen Alter von drei Jahren können hier auf Wandertour gehen. Gleichzeitig ist die Trage aber auch im Alltag nutzbar, beispielsweise beim Einkaufen mit Kind. Mit ihren 2,5 Kilogramm ist die Kraxe relativ leicht. Erhältlich ist sie in den Farben „Black“ und „Red Indian Summer“. Hinzugekauft werden kann hier außerdem eine Regen-/Sonnenhülle, denn diese sind nicht am Modell integriert. Die Rückenverstellung am „Shuttle Base“ findet hinter dem Lüftungsgitter am Rücken statt und ist mit einem praktischen Klippverschluss schnell erledigt. Hüft- und Brustgurte sowie die Sitzschale des Kindes sind ebenfalls höhenverstellbar. 

Thule Sapling Elite
Was beim Modell “Sapling Elite“ des schwedischen Transportsystemherstellers sofort auffällt, ist der abnehmbare „Extra“-Rucksack. Und auch sonst ist das Modell in seinen Funktionen im Vergleich zu den anderen Modellen sehr gut durchdacht. Dies beginnt bei der Verstellung der Rückenlänge für den Träger. Zwei einfache Drucksysteme seitlich der Lüftung machen es durch einen Schiebmechanismus einfach, die Länge anhand des angezeichneten „Lineals“ (Größe S bis XL) zu verstellen. Kein lästiger und umständlicher Griff hinter das Lüftungsgitter ist nötig. Auch die Hüftriemen sind je nach Hüftumfang einfach verstellbar. Auch für sonnige Wanderungen hat der „Sapling Elite“ eine praktische Vorrichtung. Versteckt hinter dem Kopfteil lässt sich durch das Öffnen eines Klettverschlusses der zusammenfaltbare Sonnenschutz herausziehen und dann praktisch und schnell montieren. Ebenso schnell funktioniert die Verstauung nach dem Gebrauch. Ein seitlicher Einstieg für die Kids, eine höhenverstellbare Sitzschale sowie weiche Gurtteile/Sitzschale, zwei Hüftgurttaschen mit Rückspiegel und großzügige Verstauungsmöglichkeiten für Gepäck sind ebenfalls vorhanden. Das Modell ist in den Farben blau und grau erhältlich und liegt entsprechend des Preis-Leistungs-Verhältnisses völlig zurecht im oberen Preissegment. Alle Gurte sind stets blickdicht versteckt und die Material- sowie Verarbeitungsqualität macht sich bereits beim ersten Auspacken bemerkbar. 

Deuter Kid Comfort Pro 
Das Nachfolgemodell des „Kid Comfort 3“ hat einige Neuerungen im Gepäck. Das startet schon beim Beigepäck, denn wie auch beim Thule „Sapling Elite“ gibt es einen extra Daypack dazu. Ein wirklich sehr geräumiges Bodenfach sorgt hier für viel Stauraum. Alle weiteren Gadgets wie Fußlaschen für das Kind, einen angenähten Rückspiegel bis hin zu einem Extra-Fach für ein Beutel-Trinksystem (3 Liter) sind vorhanden. Die Ausarbeitung und die Qualität der Kraxe lassen sich auf den ersten Blick erkennen. Das Ablagepolster für den Kopf des Kindes ist flauschig gepolstert und gleichzeitig abnehmbar – und somit im Sommer und Winter nutzbar. Brust- und Hüftgurt sowie die Hüftflossen sind ebenfalls einfach verstellbar. Die Stretch-Taschen an der Außenseite der Kraxe lassen im Vergleich zu den normalen Taschen der anderen Modelle nochmal wesentlich mehr Ladung zu. Der Aufstellbügel lässt sich nicht jedoch sehr schwer selbst einklappen, wenn die Kraxe bereits getragen wird. Kompliziert wird es beim Modell des deutschen Rucksackherstellers erst in Richtung des AirComfort Systems am Rücken. Dieses bietet zwar eine optimale Lüftung für den Träger, bringt jedoch gleichzeitig ein Problem mit ins Spiel. Die Verstelleinrichtung der Rückenlänge liegt unmittelbar hinter dem Netzrücken. So muss relativ umständlich mit beiden Händen von rechts und links gezerrt werden, bis sich die Rückenlehne verschieben lässt. Im Vergleich dazu hat der Hersteller Thule dies einfacher geregelt und die Schiebevorrichtung am Außenrahmen der Kraxe angebracht. Ein kleiner Punktabzug von unserer Seite. Dennoch handelt es sich hierbei um ein Modell, das durch seine Farbe „midnight“ blau edel aussieht und durch gute Verarbeitung punktet. Diese Kraxe liegt ebenfalls im oberen Preissegment, aber auch bei diesem Modell wird das Motto Preis-Leistung großgeschrieben.