Muttertag und Vatertag: Zwei Termine, die Dankbarkeit und Familienwerte ins Zentrum rücken

Zwischen Tradition und Neuanfang

Der Mai bringt nicht nur blühende Landschaften und längere Tage, sondern auch zwei besondere Gelegenheiten mit sich, um innezuhalten und „Danke“ zu sagen: Den Muttertag und den Vatertag. In vielen Haushalten stehen dann liebevolle Gesten, gemeinsame Zeit und kleine Überraschungen auf dem Programm. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Ehrentagen? Wie haben sie sich entwickelt, was bedeuten sie heute – und wie kann man sie ganz bewusst und modern gestalten? 

Ursprünge und Entwicklung 
Der Muttertag hat eine bemerkenswerte Geschichte. Schon in der Antike wurden Mutterfiguren geehrt – etwa bei den Griechen, die der Göttermutter Rhea verschiedene Feste widmeten. Auch die Römer zelebrierten ähnliche Rituale. 

Die heutige Form des Muttertags jedoch geht auf die US-Amerikanerin Anna Jarvis zurück, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Wunsch hegte, das Andenken an ihre Mutter und deren selbstlose Fürsorge dauerhaft zu ehren. So organisierte sie erste Gedenkveranstaltungen, bei denen sie weiße Nelken – das Symbol für Reinheit und Liebe – verteilte, und hielt emotionale Reden, um die Bedeutung mütterlicher Fürsorge zu betonen. Ihr Engagement führte dazu, dass 1914 in den USA der Muttertag als offizieller Feiertag eingeführt wurde. 

Doch schon wenige Jahre später wandte sich Jarvis gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Tages. Besonders der Umstand, dass Floristen, Süßwarenhersteller und Kaufhäuser den Muttertag für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisierten, widersprach ihrem ursprünglichen Anliegen. Sie protestierte öffentlich gegen die „Entweihung“ des Tages und kämpfte bis zu ihrem Lebensende dafür, dass der Muttertag wieder ein Tag der stillen, persönlichen Wertschätzung werden sollte.

In Deutschland fand der Muttertag ab 1923 Verbreitung – zunächst stark unterstützt von der Blumenindustrie, was ihm schnell das Etikett eines kommerzialisierten Feiertags einbrachte. Dennoch entwickelte er sich zu einem emotional fest verankerten Ritual in vielen Familien.

Ganz anders verlief die Entwicklung des Vatertags. In den USA war es Sonora Smart Dodd, die sich dafür einsetzte, Vätern einen Ehrentag zu widmen – Ganz nach Vorbild des Muttertags. Ihr eigener Vater hatte nach dem Tod seiner Frau allein sechs Kinder großgezogen. Ihr Wunsch stieß auf offene Ohren, und 1910 wurde in Spokane im Bundesstaat Washington erstmals ein Vatertag gefeiert. Es dauerte allerdings noch bis 1972, bis er in den USA offiziell anerkannt wurde.

In Deutschland entwickelte sich hingegen eine ganz andere Tradition: Der Vatertag fällt hierzulande auf Christi Himmelfahrt und wurde im 19. Jahrhundert zunächst mit religiösen Prozessionen verbunden. Im Laufe der Zeit wandelte sich das Bild – hin zum sogenannten „Herrentag“, an dem Männerausflüge mit Bollerwagen und Bier zur typischen Szenerie wurden.

Vielfalt der Bräuche weltweit
Ein Blick über den Tellerrand zeigt: Mutter- und Vatertag werden international ganz unterschiedlich gefeiert. In Großbritannien ist der „Mothering Sunday“ traditionell religiös geprägt und fällt auf den vierten Fastensonntag. In Thailand ehrt man Mütter am 12. August, dem Geburtstag der früheren Königin Sirikit. In Äthiopien wird sogar ein mehrtägiges Mutterfest (Antrosht) Mitte Herbst gefeiert – mit ausgiebigen Familienmahlzeiten und traditionellen Liedern.

Auch der Vatertag ist global unterschiedlich verankert. In Spanien und Italien wird er am 19. März gefeiert – dem Gedenktag des Heiligen Josef, der als Vorbild für Väter gilt. In den USA liegt er – wie der Muttertag – im Juni. In vielen Ländern rückt die Anerkennung der Vaterrolle stärker in den Fokus, etwa durch persönliche Briefe, Frühstück im Bett oder gemeinsame Aktivitäten mit den Kindern.

Neue Wege für Mutter- und Vatertag – kreativ, bewusst, persönlich
Immer mehr Familien hinterfragen traditionelle Formen der Feierlichkeiten und suchen nach individuellen Wegen, die beiden Tage bedeutungsvoll zu gestalten. Das kann ein gemeinsamer Ausflug ins Grüne sein, ein selbst gekochtes Lieblingsessen oder ein offener Familienabend mit Gesprächen über gemeinsame Erinnerungen.

Auch kreative Projekte stehen hoch im Kurs: Ein persönliches Fotobuch, ein handgeschriebener Brief oder eine selbstgedrehte Videobotschaft können große Wirkung entfalten. Besonders Kinder erleben diese Tage intensiv, wenn sie selbst etwas gestalten dürfen – sei es ein Gedicht, ein Lied oder ein kleiner Auftritt für Mama oder Papa.

In vielen Familien entstehen neue Rituale, die über klassische Rollenmuster hinausgehen: Ein „Elterntag“ für gleichgeschlechtliche Paare, ein Dankeschön-Tag für Großeltern oder ein gemeinsamer Familientag ohne Kategorien. Wichtig ist nicht das Etikett, sondern die Wertschätzung, die zum Ausdruck kommt.

FAZIT:

Muttertag und Vatertag sind mehr als nur Termine im Kalender – sie sind Spiegel unserer gesellschaftlichen Werte und zugleich eine Einladung, innezuhalten. Auch wenn sie mitunter kritisch betrachtet werden, liegt in ihnen eine wertvolle Chance: die Möglichkeit, Dankbarkeit auszudrücken, Beziehungen zu pflegen und das Verbindende in der Familie zu feiern. Ob mit Frühstück, Spaziergang oder ehrlichen Worten – wenn diese Tage mit Herz und Sinn gestaltet werden, können sie echte Kraftquellen sein. Nicht die Geschenke zählen, sondern die Geste dahinter. Und vielleicht ist genau das die wichtigste Botschaft, die Muttertag und Vatertag auch in der heutigen Zeit vermitteln können.

*Alle Angaben ohne Gewähr