Pflichtsystem in neu zugelassenen Fahrzeugen

Noch mehr Sicherheit!

Einen Moment zu spät gebremst, einen Ticken zu schnell gefahren, versehentlich auf die Gegenfahrbahn geraten oder durch Müdigkeit nicht aufmerksam genug hinterm Steuer – gegen all diese und weitere unbedingt zu vermeidenden Probleme im Straßenverkehr helfen zwingend vorgeschriebene Assistenzsysteme in neuen Fahrzeugen. Diese sind nun Pflicht – Wir geben einen kompakten Überblick!

cropped-1666945228-bildschirmfoto-2022-10-28-um-10.19.59
Bild: stock.adobe
„Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern“ – unter diesem doch sehr sperrigen Titel fasst die EU-Verordnung seit Ende 2019 zusammen, was für sicherheitsrelevante Tools alle in der EU typgenehmigten Fahrzeuge zwingend enthalten müssen.  

1. Intelligenter Geschwindigkeitsassistent

Wer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet, soll das ab sofort deutlich merken: über eine Cockpitanzeige oder ein pulsierendes Gaspedal wird der Fahrer gewarnt. Das ISA (Intelligent Speed Assistance) ist automatisch aktiv, kann jedoch manuell deaktiviert werden. Wichtig: es muss zwingend leicht wieder zu aktivieren sein! 

2. Ereignisbezogene Datenaufzeichnung (Black Box)

Was uns bisher aus dem Flugverkehr ein Begriff ist, zieht auch in PKWs ein. Bei dieser Technologie werden Daten aufgezeichnet, die kurz vor und nach einem Unfall relevant sind. Dazu gehören z.B. Position und Neigung eines Fahrzeugs, aktive Sicherheitssysteme, Bremsungen und einiges mehr. Die Daten sind anonymisiert und im Rahmen eines geschlossenen Systems gespeichert. 

3. Notfall-Spurhalteassistent

Über die Fahrbahnmarkierung geraten? Dieses System warnt genau davor und erkennt, wenn der Fahrer ungewollt auf eine andere oder nicht zu befahrende Bahn gerät. Der LKA (Lane Keeping Assist) ist bereits bekannt, doch die neue Technologie ELK (Emergency Lane Keeping) verhält sich deutlich aggressiver und reagiert bei Notsituationen mit starkem Einlenken. Keine Sorge: bei schlechten Straßenverhältnissen schaltet der ELK automatisch ab, denn so sieht es die Verordnung mit dem Passus mit dem Satz zur Deaktivierung „insbesondere aufgrund von Mängeln in der Straßeninfrastruktur“ vor.

4. Notbremsassistent

Bereits relativ geläufig, zählt dieses Assistprogramm nun auch zur Pflichtausstattung bei neuen Fahrzeugen. Es erkennt selbständig Gefahren und führt eine Bremsung durch, um einen Unfall beziehungsweise eine Kollision zu verhindern. Mit Radar, Lidar und der Nutzung von Kameras arbeitet das System zu jederzeit, selbst wenn der Fahrer selbst nicht handeln kann, z.B. wegen Ohnmacht. 

5. Notbremslicht

Neben dem bekannten Bremslicht wird das Notbremslicht künftig als zweites Lichtsignal verdeutlichen, wenn ein vor einem fahrenden Fahrzeug mit einer starken Verzögerung abgebremst wird. Das Licht blinkt in schneller Folge bei einer Verzögerung von über 6 m/s und Tempi über 50 km/h. Wenn das Fahrzeug zum Stehen kommt, schaltet sich die Warnblinkanlage zu, das Bremslicht leuchtet ohne Unterbrechung. 

6. Müdigkeitswarner

In diesem Bereich kommt es laut EU nicht mehr nur auf einen „hochintelligenten“ Müdigkeitswarner an, sondern auch auf ein System, welches bei nachlassender Konzentration greift. Hierfür sollen Augen- und Lidbewegungen in Kombination mit den Lenkbewegungen erfasst werden, um das Konzentrationslevel des Fahrers zu bewerten. 

7. Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre

Nicht ad hoc Pflicht, aber vorgesehen für die Stichtage 2022 und 2024: Pkws müssen dann über standardisierte Schnittstellen verfügen, welche das Nachrüsten einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ermöglicht. Aktuell ist noch nicht genau definiert, was das System genau künftig können muss, aber der Hersteller Volvo z.B. bietet bereits ein Atemalkohol-Gerät, welches verhindert, dass die Zündung bei einem positiven Test aktiviert werden kann. 

8. Sicherheitsgurt-Warnsystem

Auch das ist bereits aus vielen Modellen bekannt: ein Warnsignal, wenn auf besetzten Sitzen der Sicherheitsgurt nicht angelegt ist. Seit dem 6. Juli 2022 ist dieses System bei allen neu zugelassenen Fahrzeugen nun verbindlich und unumgänglich. 

9. Rückfahrassistent

Auch dieses komfortable Tool ist vielen bereits ein Begriff, doch neben Komfort bringt es vor allem auch Sicherheit mit sich. Passanten oder Hindernisse, welche sich hinter dem Fahrzeug befinden, sind hierbei ab sofort nicht mehr „unsichtbar“, sondern werden über Kameras und Sensoren dargestellt. 

FAZIT: 

Was in den vergangenen Jahren mehr und mehr Einzug gehalten hat, ist heute in vielen Bereichen zur Pflicht geworden. Noch besser ausgeprägte oder auch völlig neue Systeme schaffen noch mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Datenschützer warnen jedoch erneut, dass der Autofahrer immer mehr „gläsern“ wird und zum Beispiel durch die Blackbox überwacht wird. Am Ende geht es jedoch oftmals schlichtweg um Leben und Überleben in gefährlichen Unfallsituationen und dafür sollen Autohersteller künftig noch mehr Einstehen.