Plakatieren in der Stadt Augsburg verboten!

Wie die Stadt Augsburg Einfluss auf die Werbelandschaft nimmt

Überrascht waren zahlreiche Werbetreibende, dass die Stadt Augsburg ab 1. Januar 2017 die Möglichkeit zur Plakatwerbung deutlich beschränken will.

Wir fragten deshalb beim Baureferat der Stadt Augsburg genauer nach. Der Leiter des Baureferats Gerd Merkle nahm folgendermaßen Stellung: „Bestandteil des neuen Werbekonzepts der Stadt Augsburg ist u. a. ein Verzicht auf die bisherigen minderwertigen Plakatständer. Als Ersatz sind hochwertige Plakatständer vorgesehen, die die Stadt Augsburg künftig selbst vermarktet und die einem Förderkreis Eigen- und Kulturwerbung vorbehalten sind. Rein kommerzielle Werbung wird auf diesen Plakatständern grundsätzlich nicht mehr möglich sein.“

Das Pikante dabei: Dies wurde im Rahmen der Neuvergabe der Außenwerberechte im öffentlichen Raum der Stadt Augsburg anscheinend still und heimlich im Stadtrat beschlossen, obwohl die Club & Kulturkommission Augsburg e.V. schon seit längerer Zeit darauf hingewiesen hatte, deren Anliegen aufgrund der Praxiserfahrung diesbezüglich anzuhören. Auch was zukünftig als Kultur oder kommerzieller Zweck angesehen wird, könnte noch für Diskussionsstoff sorgen.

Wir haben bei einigen Gastronomen und Werbetreibenden nachgefragt, wie sie davon erfahren haben und was das für Auswirkungen für sie hat.

Sebastian Kochs (Stadthalle Gersthofen):

„Die Stadthalle Gersthofen ist über das ganze Jahr gesehen der größte Nutzer dieser Plakatier-Möglichkeit. Wir haben an zehn Monaten im Jahr pro Woche 80 Plakate im Stadtgebiet plakatiert. In einem Telefonat mit dem Leiter des Amtes für Medien & Kommunikation der Stadt Augsburg wurde mir am 13. Oktober versichert, dass man bei den Änderungen an die Stadthalle gedacht hat und wir auch entsprechend berücksichtigt werden. Davon gehen wir im Moment auch aus, auch wenn sich seit diesem Gespräch niemand bei uns gemeldet hat.“

Götz Beck (Kongress am Park):

„Bisher liegt uns der offizielle Beschluss noch nicht vor. Sobald wir den Beschluss erhalten haben, werden wir zusammen mit der Messe Augsburg Gespräche führen, weil gerade für Veranstaltungen im Kongress am Park oder der Messe Augsburg eine Reduzierung der Plakatierungsmöglichkeiten für Veranstaltungen ab 500 Teilnehmern sehr problematisch wäre, da die meisten Veranstaltungen diese Grenze überschreiten.“

Ufuk Aykut (SPECTRUM Club):

Wie haben Sie von der Änderung mit der Plakatwerbung erfahren und was soll sich ändern?
Die Stadt hat mich erst gar nicht darüber informiert. Ich bin von unserer Plakatierfirma darauf hingewiesen worden, dass sich ab dem 1. Januar alles ändert. Dann hatte ich zum Schluss ein Gespräch mit dem Ansprechpartner von der Stadt. Er hat mich dann aufgeklärt wie das funktionieren soll. Die Plakatierung ist ja prinzipiell schon eine schwierige Geschichte in Augsburg, denn die Plakatständer sind ja nicht das einzige Problem. Wenn man die Stadt „aufräumen“ möchte, muss man über die Wildplakatierung genauso diskutieren. Ebenso ist die Unterteilung in Kultur und nicht Kultur eine schwierige Geschichte. Auch eine Helene Fischer gehört zu Kultur dazu. Es ist zwar Kommerz, aber man muss halt einen guten Weg finden.

Ab wann soll die neue Regelung gelten und was halten Sie davon?
Die Änderungen sollen ab dem 1. Januar gelten. Zudem sollen die Plakatständer von 1200 auf 500 reduziert werden. Die Stadt Augsburg möchte „aufräumen“ und schönere Plakatständer hinstellen - das ist ja prinzipiell eine gute Idee, jedoch stellt sich die Frage, was dann mit den Veranstaltern ist die werben müssen. Wo gehen die hin? Was machen die? Diesen muss ja eine Alternative geboten werden. Sonst wird die Wildplakatierung wieder heftiger. Wenn Du das nicht bietest, dann ist das schon ein sehr undurchdachter Weg.

Wie groß ist der Anteil der Plakatierung bei Ihrer Gesamtwerbung?
Bei unserer Plakatierung liegt das werbemäßig im Bereich von 70 bis 80 Prozent. Sie ist halt effektiv - sobald ich plakatiere, merke ich das sofort. Wir machen wirklich viel Werbung und wenn ich das weglassen würde, wäre das schon übel. Das wäre richtig übel. Ich glaube, dass das schon viel ausmacht.
Gibt es große Unterschiede zwischen den kleinen Plakaten und den größeren Werbeformen?
Ja, definitiv. Man zahlt bei den größeren Werbeformen mindestens das Drei- oder Vierfache, wenn nicht sogar mehr. Alle anderen Werbemethoden sind definitiv normalerweise nicht bezahlbar. Außerdem gibt es von den Litfaßsäulen in Augsburg nur ganz wenige, die wirklich brauchbar sind. Also für uns ist es wirklich schwierig.

Sebastian Karner (Kantine)

Wie war bisher die Sachlage zur Plakatwerbung in Augsburg?
Seit zwei Jahren ist das schon ein Thema. Wir haben als Club- und Kulturkommission auch immer wieder darauf hingewiesen, dass es ein wichtiges und auch schwieriges Thema ist und wir aufgrund unserer Praxiserfahrung bezüglich der Plakatierung gerne mitsprechen möchten. Dies ist jedoch nicht passiert. Eigentlich wäre es ein Leichtes gewesen, mal mit uns zu sprechen. Wir wurden nur gefragt, wie viele Plakatständer wir pro Jahr benötigen würden. Danach kam jedoch nichts mehr seitens der Stadt Augsburg. Nachdem es irgendwie nach geheimer Sitzung im Stadtrat verabschiedet wurde, tröpfeln bei uns nach und nach offizielle Infos ein.

Wie haben Sie von der neuen Regelung erfahren?
Wir haben Anfang Dezember nur durch Zufall davon erfahren. Und auch nur deswegen, weil wir eine Plakatierung im neuen Jahr buchen wollten und die Plakatierfirma meinte, dass es ab dem 1. Januar ein Problem gibt. Da das Ganze auch schon ab dem 01.01.2017 gilt, ist die kurzfristige Einführung ohne entsprechende Vorwarnzeit meiner Meinung nach ein grober handwerklicher Fehler. Denn in unserem Bereich plant man zwischen einem halben und eineinhalb Jahren im Voraus - je nachdem welcher Betreiber.

Es wird ja auch zwischen Kultur und Kommerz unterschieden. Gab es eine Aussage, was darunter fällt?
Ja, das ist relativ simpel gestrickt: Unter Kommerz fällt Produktwerbung, die nicht mehr zulässig ist. Dies finden wir soweit gut, da die Plakatständer eigentlich immer für Veranstaltungen gedacht waren. Jedoch wurde auch eine Grenze bezüglich der Personen gezogen, die nicht ganz nachvollziehbar ist. Somit fallen alle Veranstaltungen über 500 Personen auch in diese Kategorie. Wenn jetzt jedoch Künstler wie Deichkind keine Kultur sein sollen, verstehen wir das natürlich nicht. Es ist wichtig, dass solche Künstler in die Stadt kommen. Hierfür ist das Plakatieren an der Straße wie bisher jedoch auch ein wichtiger Faktor den wir brauchen. Zu all diesen inhaltlichen Themen wären wir als „Club & Kulturkommission Augsburg e.V. der richtige Ansprechpartner.