Sabbatical: Was müssen Sie beachten?

Berufliche Atempause

Unsere Muskeln entspannen sich allein bei dem Gedanken, all die Verpflichtungen und Ketten der Gesellschaft loszulassen und eine Auszeit zu nehmen. Eine lange Auszeit. Mal weg von allem, was unseren Blick zu eng werden lässt. Ein Sabbatical! Zum Durchatmen, neu erfinden, Projekte angehen, reisen. Oder ein Buch schreiben, ein Baumhaus bauen, vielleicht in der Wildnis Zelten. Die eigene Komfortzone verlassen, zum Wolkenschlösser bauen oder zum Gründen einer Eismanufaktur. Vielleicht auch, um wieder näher bei der Familie zu sein oder sich beruflich neu zu erfinden. Unvoreingenommen in die Welt zu schauen. Neue Sprachen lernen. Oder auf einem Schiff anheuern. Alles ist erlaubt. Hauptsache, es passt zu uns. Unseren Wünschen und Bedürfnissen. Und lässt uns wachsen. Doch neben all der Träumerei gibt es sehr viel mehr, dem Beachtung geschenkt werden sollte, wenn dieses Sabbatjahr ein erfolgreiches werden soll. Was das ist und wie sich genau ein Sabbatical definiert, erklären wir Ihnen gern. Anker lichten und Leinen los!

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Bild: stock.adobe / Davide Angelini
Was ist ein Sabbatical?
Der Begriff „Sabbatical“ stammt ursprünglich aus der Bibel von dem hebräischen „Sabbat“: „Im siebten Jahr soll das Land eine vollständige Sabbatruhe zur Ehre des Herrn halten“, so heißt es in der Heiligen Schrift. Gemeint ist eine Auszeit und echte Atempause für Äcker und Ackernde. Sprechen wir heute von einem Sabbatical, so meinen wir eine berufliche Auszeit, die sich immer mehr Menschen nehmen möchten – also eine echte Atempause. Diese längere Form des unbezahlten Sonderurlaubs erlaubt es Mitarbeitern andere Ziele zu fokussieren und privaten Projekten nachzugehen, ohne den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren. Im Anschluss an das Sabbatjahr kehren die Angestellten in der Regel wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurück.

Laut einer Viking-Studie wünschen sich 89 Prozent der Deutschen ein Sabbatical. Hierbei ginge es den meisten nicht darum, dem Arbeitsstress zu entfliehen, sondern ganze 62 Prozent würden diese berufliche Auszeit für das Reisen nutzen. 

Wie lange dauert ein Sabbatical?
Die beliebteste Dauer des Sabbaticals ist ein volles Jahr. Daher nennen wir Deutschen es auch gern „Sabbatjahr“. Im Durchschnitt beträgt die Dauer einer solchen Phase zwischen drei („Kurz-Sabbatical“) und zwölf Monaten („Sabbatjahr“). Nice to know: Es kann in der Regel erst nach dreijähriger Betriebszugehörigkeit genommen werden. 

Wie oft kann ein Sabbatical gemacht werden?
Im Prinzip können Arbeitnehmer auch mehrmals ein Sabbatjahr nehmen, denn zum Sabbatical existieren keine gesetzlichen Regelungen. Stimmt der Arbeitgeber zu, kann das Sabbatjahr nach Belieben wiederholt werden.

Diese Sabbatical Modelle gibt es
Das simpelste Modell: Sabbatical durch unbezahlte Freistellung. Der Angestellte wird von der Arbeit freigestellt und bekommt in der Zeit kein Gehalt. Wir könnten dieses Modell auch „ruhendes Arbeitsverhältnis“ nennen. Eine solche Auszeit ist theoretisch unbegrenzt lange realisierbar. Gut zu wissen für den Mitarbeiter: In dieser Zeit muss dieser sich selbst um seine Kranken- und Pflegeversicherung sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung kümmern. Für das Unternehmen ist die Freistellung das günstigste Modell: Es kostet nichts.

Beurlaubung: Sabbatical per Sonderurlaub. Solange das Sabbatical nicht länger als vier Wochen andauert, kann der Vorgesetze dieses als Sonderurlaub genehmigen. Vorteil: Die Sozialversicherungsbeiträge übernimmt bei der Beurlaubung weiterhin der Arbeitgeber. Ein Gehalt gibt es jedoch nicht. Tipp: Wenn Sie Ihren Jahresurlaub hinzunehmen, können Sie Ihren Sabbat auf zwei Monate verlängern. Obacht: Länger als vier Wochen darf der Sonderurlaub nicht genehmigt werden, denn sonst gilt das Beschäftigungsverhältnis als unterbrochen. Die Sozialversicherung wird in diesem Fall nicht mehr vom Unternehmen bezahlt.

Gespart: Sabbatical durch Lohnverzicht. Wie das funktioniert? Der Mitarbeiter bekommt sechs Jahre lang (!) nur sechs Siebtel seines Vollzeit-Gehalts ausbezahlt. Er verzichtet demnach auf ein Siebtel und spart dieses an. Im siebten Jahr nimmt dieser dann eine einjährige Auszeit und bekommt weiterhin die (angesparten) sechs Siebtel als Gehalt ausbezahlt. 

In Vorleistung gehen: Teilzeitmodell. Hierbei wird vor Beginn des Sabbatjahres eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart. Der Angestellte arbeitet jedoch für ein entsprechend niedrigeres Gehalt weiterhin in Vollzeit. Sinn: So wird ein finanzielles Polster angespart („Ansparphase“). Der vom Arbeitgeber einbehaltene Lohn wird später mit dem Sabbatjahr wieder ausgezahlt („Freistellungsphase“). Aufpassen: Der Angestellte muss für dieses Modell mindestens sechs Monate beschäftigt gewesen sein und das Unternehmen muss aus mehr als 15 Mitarbeiter bestehen (Teilzeitgesetz). 

Heute wohl am verbreitetsten: Sabbatical dank Arbeitszeitguthaben.Mitarbeiter sparen hierbei auf einem Arbeitszeitkonto über mehrere Jahre ihre Überstunden an und feiern diese Mehrarbeit später auf einen Schlag ab. Wie lange das erwünschte Sabbatical dauert, hängt in diesem Fall von der individuellen Ansparphase und der Anzahl der bisherigen Überstunden ab. 

Das Upgrade des Arbeitszeitguthabens: Sabbatical per Zeitwertguthaben. Dieses Sabbatical-Modell ist eine Variante des vorherigen – nur dass hier auch das Weihnachtsgeld, Boni sowie nicht genutzte Urlaubstage auf einem sogenannten „Langzeitkonto“ oder „Lebensarbeitszeitkonto“ angespart werden können. Diese Alternative muss im Arbeitsvertrag geregelt werden. Wer mit diesem Modell ins Sabbatical geht, bekommt den Gegenwert seiner angesparten Boni oder Überstunden als Gehalt ausbezahlt und bleibt sozialversichert.

Kahlschlag: Sabbatical durch Kündigung. Diese Variante ist zweifellos die radikalste, denn: Sie kündigen Ihren aktuellen Job. Wer das Sabbatical durch Kündigung nutzt, verbindet es meist mit einer beruflichen Neuorientierung. Viele Menschen machen sich nach diesem Modell selbstständig.

Wer hat Anspruch auf ein Sabbatical?
Die ernüchternde Nachricht: Es gibt in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatjahr. Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst haben mitunter vereinfachte Regelungen zur Möglichkeit eines Sabbaticals, jedoch keinen gesetzlichen Anspruch.

Greift während des Sabbaticals die Sozialversicherung?
Es klang bereits mehrfach in den verschiedenen Sabbatical-Modellen durch: Falls die berufliche Auszeit mit einer Gehaltsfortzahlung verbunden ist, so ist das Sabbatjahr automatisch sozialversichert. Falls der Arbeitsvertrag während des Sabbaticals hingegen ruht, beziehungsweise stillgelegt wird, gibt es eine einmonatige Nachversicherungsfrist. Danach muss sich der Mitarbeiter selbst kranken- und rentenversichern.

Wie ist ein Sabbatjahr im Arbeitsvertrag geregelt?
Da die berufliche Atempause nicht gesetzlich geregelt ist, sollten Sie umso mehr arbeitsvertragliche Vorkehrungen treffen. Experten raten zum Abschluss eines sogenannten Sabbatical-Vertrags. Dieser sollte folgende Aspekte beinhalten:
  • Länge und Beginn des Sabbatjahres
  • Übergabe und Dokumentation der bisherigen Aufgaben
  • Die (eventuelle) Vergütung während der Freistellung
  • Regelungen zu möglichen Versicherungsleistungen
  • Ausschluss oder Anrechnung von Krankheitstagen innerhalb des Sabbatjahrs
  • Die Fortzahlung der betrieblichen Altersvorsorge oder anderen freiwilligen Leistungen
  • Erreichbarkeit während des Sabbaticals
  • Kündigungsschutz während der Abwesenheit
  • Die Aufgabe und Position nach der Rückkehr
Besteht während des Sabbaticals ein Urlaubsanspruch?
Ein Sabbatical ist - arbeitsrechtlich gesehen - eine Freistellung von der Arbeitspflicht im Rahmen eines unbezahlten Urlaubs. Anfang 2019 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass während eines unbezahlten Sonderurlaubes keine Urlaubsansprüche angesammelt werden können.

Kündigung während des Sabbatjahres
Eine Kündigung sollte Vertragsbestand des Sabbatical-Vertrags sein und u.a. folgende Aspekte mit einbeziehen: 
  • Genaue Definition der Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung während der Freistellung möglich ist
  • Welche vertraglichen Bestandteile gelten: Gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Regelungen oder Sonderregelungen für die Dauer des Sabbaticals?
  • Umgang mit nicht verbrauchten Geld- und Arbeitszeitguthaben zum Zeitpunkt der Kündigung
Vor- und Nachteile eines Sabbaticals
Im besten Fall kann ein Sabbatjahr gewinnbringend für beide Seiten sein: Der Mitarbeiter kommt erholt und gesund wieder zurück und das Unternehmen darf sich auf neue, motivierte Ideen und frische Arbeitsmoral freuen. Denn jedes Unternehmen sollte wissen: Vitale Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg. Manchmal wird eine berufliche Auszeit zur Burnout-Prävention genutzt, um die eigenen Reserven wieder aufzufüllen und trotzdem den eigenen Job zu behalten. Auch das Realisieren privater Projekte oder eine intensive Familienzeit wird vielmals als Ziel solch eines Jahres beschrieben. Eine große Zahl an Menschen möchte diese Atempause für das Reisen nutzen und so ihren Horizont erweitern, neue Sprachen lernen und andere Perspektiven erkennen. Es hört sich nach einer tollen, sinneserfahrenen Zeit an, die jedoch auch ein paar Nachteile bereithält: Das geringe Einkommen kann z.B.  zu einer Schwierigkeit werden. Auch besteht die Möglichkeit einer Fehlkalkulation und es entstehen Schulden. Und auch wenn der Arbeitsplatz weiterhin besteht, kann es zu Problemen beim Widereinstieg kommen. In einem Jahr kann viel passieren. Das Unternehmen kann sich neu strukturieren und Sie könnten Ihre neuen Aufgaben womöglich als Karriereknick empfinden.

Die Finanzierung
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Fittkau & Maas (im Auftrag von Wimdu) würden die meisten Menschen in Deutschland (ca. 72 Prozent) ihr Sabbatical über Rücklagen und Ersparnisse finanzieren. Bedeutet zugleich: Die berufliche Atempause muss mit einigem Vorlauf geplant und entsprechende Rücklagen gebildet werden. 

21 Prozent würden in ihrer beruflichen Pause von Work & Travel leben und zwölf Prozent würden sogar ihr Haus/ihre Wohnung untervermieten. Nur fünf Prozent würden für ein Sabbatjahr einen Kredit aufnehmen.

Im Wesentlichen gibt es zur Finanzierung des Sabbaticals drei unterschiedliche Modelle, bei denen der eigentlichen Freistellungsphase meist eine längere Anspar- und Arbeitsphase vorausgeht:
  • Im Vorfeld teilweiser Gehaltsverzicht  
  • Ansammlung von Überstunden
  • Unbezahlter Sonderurlaub / Freistellung
Es hängt zunächst vom Arbeitgeber ab, welche Lösung dieser Ihnen anbietet. Über den Daumen gerechnet kommen Kosten zwischen 15.000 und 30.000 Euro auf die Aussteiger zu. Je nachdem, ob Couchsurfing betrieben oder eine Luxus-Weltreise gewählt wird.

FAZIT: 
Damit sich die „große Pause“ und Investition lohnt, sollte das Hauptziel der Berufspause die persönliche Entwicklung sein. Nicht, weil das Sabbatical gerade schick und modern ist, sondern weil es Sie selbst in irgendeiner Form inspiriert und wachsen lässt. Planen Sie genügend Vorlaufzeit ein und sichern Sie sich gut ab. Informieren Sie sich zudem ausführlich über die verschiedenen Sabbatical-Modelle und gehen Sie die Finanzierung gut durch. So steht Ihnen die Welt offen. |Text: Stefanie Steinbach