Sologamie: Symbolisches Ja zu sich selbst

Ich werde mich lieben!

Wir schwören ewige Treue. Bedingungslose Liebe. In guten, wie auch in schlechten Zeiten. Wir gehen einen heiligen Bund ein, sei es als Katholik, als Evangelist oder Heide. Wir glauben daran, an uns zu arbeiten. Für den anderen. Für unsere Liebe. Für unsere Zukunft. Doch geht all dies auch als Solist? Was bedeutet es denn, Liebe zu schwören, wenn wir sie uns selbst nicht als Sicherheit zugestehen? Uns selbst lieben? Uns annehmen - egal, ob wir die Tafel Schokolade vertilgt haben oder nicht? Egal, ob wir uns unbeherrscht benommen und falsch reagiert haben? Was ist, wenn wir diese Liebe zu uns selbst offiziell zugestehen? Ein Zeichen setzen für unser bedingungsloses Selbstwertgefühl? Was ist, wenn wir uns selbst heiraten? Einen Bund eingehen mit jemanden, den wir tagtäglich um uns haben? Uns selbst? 

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Zugegeben: Sich selbst die eigene Liebe zugestehen klingt ein wenig nach einem gut gemeinten Kitschroman. Aber denken wir einmal weiter: Wie können wir lieben, diese Liebe weitergeben, wenn wir sie nicht selbst tief in uns fühlen und für uns selbst so empfinden? Wie können wir Liebe vermitteln, wenn wir sie für uns nicht spüren? Dieser Artikel ist es wert, weiter gelesen zu werden. Um der Liebe Willen.

Was ist Sologamie?
Sologamie ist wie Polygamie oder Monogamie: eine Beziehungsform. Im Gegensatz zu den anderen beiden Arten braucht es dabei jedoch keine weitere Person. Laut Definition bedeutet Sologamie schlichtweg die Heirat zu sich selbst. 

Wozu sich selbst heiraten? 
Die Heirat ist nach wie vor ein großer Meilenstein im Leben von uns Menschen. Mit der Hochzeit drückt ein Paar zum einen seine gegenseitige Liebe und Hingabe aus, zum anderen gehen die frisch Vermählten auch gesetzliche Rechte und Pflichten ein. Die Wahl des Partners gehört zu den wohl einflussreichsten, emotionalsten und auch finanziell bedeutungsvollsten Entscheidungen des Lebens. Angesichts all dieser Aspekte und dem oft vorherrschenden gesellschaftlichen Druck wird die Suche für einige Menschen unter uns zur Belastung. Mitleidende Blicke, wenn im Restaurant der Tisch für eine Person gedeckt ist. Oder der einzelne Sitzplatz in einer Reihe aus Pärchen beim Abend mit Freunden können zarte Gemüter in den Wahnsinn treiben. 

Mit der Sologamie geben sich Menschen selbst ein Versprechen: auf sich zu achten, sich selbst treu zu bleiben und die eigenen Träume zu verfolgen und zu verwirklichen. Hauptverdächtige in dieser Beziehungsform sind meist Frauen in den 30ern. Selbstredend kann sich jeder Mensch in jedem Lebensabschnitt dafür entscheiden, zu sich selbst Ja zu sagen. Die Selbsthochzeit ist ein Plädoyer für mehr Selbstliebe und -akzeptanz. Das klassische Familienbild wird aufgebrochen, um sich auch ohne Kinder und Partner vollwertig und geliebt zu fühlen.

Rechtliche Aspekte – ist eine Selbstheirat rechtens?
Klipp und klar: Nein, in Deutschland – und soweit bisher bekannt auch in keinem anderen Land – können Menschen rein rechtlich gesehen nicht selbst heiraten. Eine standesamtliche Trauung für nur eine Person ist nicht erlaubt, denn nach §1353 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Ehe zwischen zwei Personen geschlossen. Standesämter in Deutschland werden demnach keine Trauung für eine Solohochzeit durchführen. Und ohne Standesamt begründet sich auch keine rechtliche Ehe mit den dazugehörigen gesetzlichen Rechten und Pflichten.

Doch auch wenn die Selbstheirat rechtlich kein Gewicht hat, ist für manche Menschen über die symbolische Trauung hinaus tatsächlich eine religiöse Zeremonie möglich. So feierte zum Beispiel eine Frau in Hamburg ihre Selbstheirat sogar kirchlich. Alles ist möglich und kommt auf das Angebot der lokalen Gemeinde an. Sie sind nicht gläubig? Oder Ihre zuständige Gemeinde bietet keine Möglichkeit zur Selbsthochzeit an? Dann suchen Sie sich bei Bedarf einen kommerziellen Anbieter oder organisieren eine private Feier. Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Denn gerade bei der Sologamie kommt es nur darauf an, was allein Sie sich wünschen.

Prominente Beispiele
Bekannte Persönlichkeiten aus Hollywood haben Sologamie längst für sich entdeckt. Das Model Adriana Lima zum Beispiel gab auf ihrem Instagram-Profil im Jahr 2017 bekannt, dass sie sich selbst mit einem Ring ihr Glück versprochen habe und mit sich selbst verheiratet sei. Auch Schauspielerin Emma Watson gab 2019 auf die Frage nach ihrem Beziehungsstatus an, dass sie in einer Partnerschaft mit sich selbst sei. 

Kritische Stimmen
lassen verlauten, dass dieser Trend egoistische Züge in sich trage und den eigentlichen Zweck einer Hochzeit nicht erfülle. Warum können wir uns nicht auch ohne Heirat lieben und uns selbst hegen und pflegen? Warum muss dafür ein Bund für die Ehe geschlossen werden, der zwischen zwei Menschen eingegangen wird? 

Einige Stimmen unterstützen durchaus den Grundgedanken, kritisieren jedoch den falsch gesetzten Fokus bei vielen Zeremonien. Heißt: Fließt die gesamte Energie in die Feierlichkeiten, die Dekoration und das perfekte Hochzeitsfoto, bleibt der philosophische und symbolische Gedanke ausgehungert auf der Strecke.

FAZIT: Bei der Selbstheirat geht es vorwiegend darum, auf die eigene Selbstfürsorge und Akzeptanz der eigenen Person zu achten und nicht zu erwarten, dass ein zukünftiger Partner diese Aufgabe übernimmt. Nur wer sich selbst liebt, kann diese Liebe weitergeben. Ob dafür eine Hochzeit in weiß von Nöten ist, steht im Widerspruch zur eigentlichen Kernaussage der Sologamie. Denn wahrhaftige Liebe passiert oft im Stillen. Auch für sich selbst. |Text: Stefanie Steinbach