Tierschutzverein Kempten e.V. hilft Tieren Tag für Tag
«Eine Freundschaft für's Leben»
Derzeit durchlebt die Gesellschaft schwierige Zeiten. Die Wirtschaft stockt, Kosten für Energie und Lebensunterhalt steigen und nach wie vor sind einige Menschen mit der Bewältigung der Corona-Zeit beschäftigt. Dies trifft auch auf die Situation vieler Tierheime zu. Während der Pandemie stieg der Wunsch nach Haustieren stark an, gerade auch um diese Zeit der Einsamkeit überbrücken zu können. Allerdings werden aktuell viele Tiere von ihren Besitzern ans Tierheim abgegeben, weil sie nun zu viel Zeit beanspruchen. Davon kann auch das Tierheim in Kempten ein Lied singen.
Gegründet wurde das Tierheim Kempten im Jahr 1936 durch den Tierschutzverein Kempten e.V. Seit dieser Zeit macht sich der Verein stark für die Rechte und den Schutz von Tieren und versucht Missstände zu beseitigen. Jährlich werden rund 1.000 Heim- und Haustiere im Tierheim Kempten aufgenommen, pflegerisch und tierärztlich versorgt und in ein neues Zuhause vermittelt. Neben kommunalen Tierschutzaufgaben setzt sich der Tierschutzverein Kempten (Allgäu) e.V. mit seinen Mitgliedern, Förderern und ehrenamtlichen Helfern auch in vielen Tierschutzprojekten nachhaltig für das Wohl der Tiere ein. Das Aufgabenfeld umfasst die Bereiche Aufnahme und Versorgung von Fundtieren, herrenlosen und in Not geratenen Tieren; Kastration, Impfung und tierärztlicher Check; Neuvermittlung der Tiere in ein dauerhaftes, gutes Zuhause und Aufklärungsarbeit im Sinne des Tierschutzgesetzes. Die Zuständigkeitsbereiche umfassen Kempten, Altusried, Betzigau, Buchenberg, Dietmansried, Durach, Haldenwang, Lauben, Oy-Mittelberg, Sulzberg, Waltenhofen, Weitnau, Wiggensbach und Wildpoldsried.
Zuhause auf Zeit
Das Tierheim in Kempten betreibt zudem eine Tierpension. Wenn Haustierhalter wegen Urlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen für kürzere oder längere Zeit sich nicht um ihr Haustür kümmern können, bietet das Tierheim Kempten an, diese Tiere für einen bestimmten Zeitraum in seine Obhut zu nehmen. Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen oder Vögel haben im Tierheim Kempten Platz, es werden allerdings nur gesunde Tiere aufgenommen, Hunde und Katzen müssen geimpft sein.
TRENDYone sprach mit Dr. Patricia Höß, der Leiterin des Tierheim Kempten. Dabei äußerte sich die studierte Tiermedizinerin unter anderem auch dazu, was nötig ist, damit das Tierheim Kempten durch die gegenwärtig schwierigen Zeiten kommt und für die Zukunft gut aufgestellt bleibt.
TRENDYone: Das Tierheim Kempten steht vor großen Herausforderungen. Für die untergebrachten Hunde bedarf es eines neuen zeitgemäßen Traktes. Wie kann das Tierheim Kempten eine solchen Kraftakt stemmen?
Dr. Patricia Höß: „Der Tierschutzverein Kempten steht vor großen Herausforderungen. Die derzeitigen Anlagen im angeschlossenen Tierheim Kempten sind für die unterzubringenden Tiere nicht mehr zeitgemäß. Die dabei entstandenen Kosten können nur zum Teil von Tierschutzverein selbst getragen werden.“
Was ist Ihr Appell an die beteiligten Kommunen in Ihrem Zuständigkeitsbereich?
„Das Tierschutzgesetz wurde von der Bundesregierung verabschiedet. Die darin enthaltenen Bestimmungen sehen vor, wie Tiere behandelt werden müssen. Daraus entsteht auch die Pflicht ihren Beitrag zu leisten zum Wohle der Tiere. Vom Tierschutzverein wurden und werden immer wieder Kommunalpolitiker zu Besuchen und Gesprächen eingeladen. Die bisherigen Aktivitäten lassen erkennen, dass die Kommunen die Bereitschaft haben den Tierschutzverein entsprechend zu unterstützen.“
Was können gegebenenfalls Förderer und Einzelpersonen für diesen Umbau leisten?
„Der Tierschutzverein ist aber nach wie vor auf Spenden angewiesen, insofern sind Spender und Förderer sehr herzlich Willkommen und wir sind außerordentlich dankbar für jede Unterstützung.“
Braucht es neben Geld auch Mitmenschen, die beim Umbau mit anpacken oder Baufirmen das Material zur Verfügung stellen?
„Wir haben ehrenamtlich Helfer, die uns tatkräftig unterstützen. Sollte es im Umbau noch temporär an Hilfe mangeln, werden wir einen gezielten Aufruf machen und um Hilfe fragen.“
Die Kosten zum Unterhalt des Tierheims steigen. Tierfutter und Energie wurde gerade in letzter Zeit deutlich teurer, aber auch die Personal- und Tierarztkosten stiegen deutlich an. Was ist Ihr Wunsch an die Verantwortlichen?
„Bei den Tierarztkosten haben wir aufgrund der neuen Gebührenordnung (GOT) keinen Einfluss. Dabei ist uns die Zusammenarbeit mit unseren Vertragstierärzten ausgesprochen wichtig. Der Tierschutzverein Kempten ist nicht zuletzt wie ein kleiner Mittelstandsbetrieb zu betrachten und zu führen, demzufolge gilt auch hier, dass der Vorstand und die Tierheimleitung den Tierheimbetrieb wirtschaftlich führen.“
Welches sind die häufigsten Motive, weshalb Tierhalter sich von ihrem Haustier trennen und es bei Ihnen abgeben möchten?
„Hier können viele Faktoren eine Rolle spielen. Überforderung, Beißvorfälle, gestiegene Tierarztkosten (bei kranken Tieren), Krankheit und geänderte Lebensumstände sind gängige Beispiele. Der Punkt Überforderung könnet aus meiner Sicht durch eine gute Aufklärung minimiert werden. Dadurch könnte man viele Probleme wie zum Beispiel eine Trennungsangst oder Beißvorfälle von vornherein vermeiden. Auch ein Hundeführerschein als Voraussetzung für ein Anschaffung könnte eine Möglichkeit sein.“
Sind Tierheimtiere Problemtiere?
„Hier müssen wir ganz klar unterscheiden. Tiere die als Fundtiere, wie zum Beispiel Katzen, die aufgrund unkontrollierter Vermehrung/Fundtiere bei uns abgegeben werden, haben gute Vermittlungschancen. Sie sind zum Teil noch jung und gut sozialisierbar. Bei uns werden sie lediglich gesundgepflegt (wenn nötig), geimpft, kastriert und mit einem Chip gekennzeichnet. Tiere, die aufgrund einer chronischen Erkrankung oder Hunde, die aufgrund eines Problemverhaltens abgegeben werden, haben schlechtere Vermittlungschancen. Diese Tiere können oft auch nur von unserem Fachpersonal behandelt werden und bleiben vereinzelt auch ein Lebenslang bei uns. Da die Vermittlung ein lebenslanges Ziel unserer Tiere ist, werden Sie oft aufwendig trainiert/therapiert. Was letzten Endes wieder Kosten produziert. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf.“
Was müssen Interessierte nachweisen, respektive sicherstellen, wenn sie sich ein Tier aus dem Tierheim Kempten anschaffen möchten?
„Bei uns werden alle Interessenten über die Haltung und die Pflichten eines Tierbesitzers aufgeklärt. Tiere kosten Geld und brauchen Sozialpartner und eine tierschutzgerechte Unterbringung. Manche Tiere werden bei uns nur zu zweit vermittelt, andere brauchen lebenslang Medikamente, wieder andere benötigen ein gutes Management (zum Beispiel einen Maulkorb) um sicherzustellen, dass nichts passiert. Das muss vor einer Anschaffung transparent kommuniziert werden, ansonsten kommen die Tiere ziemlich schnell wieder zu uns zurück. Außerdem machen wir Platzkontrollen vor Ort, um sicherzustellen, dass das Tier gut untergebracht ist.“
Was raten Sie Menschen, die sich in Kempten und Umgebung aktiv für den Tierschutz einsetzen möchten?
„Tierschutz bedeutet, dass sich ein angehender Tierhalter/in gut informiert und überlegt, ob er/sie die Zeit, das Geld und die möglichen Konsequenzen (zum Beispiel: was mache ich im Urlaub mit meinem Tier?) tragen kann. Für Hundehalter empfehlen wir den Hundeführerschein, der zukünftig (nach dem Umbau) auch bei uns erworben werden kann. Geschlechtsreife Katzen müssen kastriert werden, bevor sie Freigang bekommen.“
Kann im Tierheim Kempten eine Freiwilliges Ökologisches Jahr FÖJ abgeleistet werden?
„Seit Januar 2024 sind wir eine von 400 Einsatzstellen, die unter dem Schirm des NUBU für im Bundesfreiwilligendienst anerkannt sind. Darüber freuen wir uns sehr.“
Wann bringe ich verletzte Fundtiere in ein Tierheim? Wie verhalte ich mich, wenn ich zum Beispiel im Autoverkehr Tiere verletze?
„Generell können alle Tiere zu uns gebracht werden. Wir unterscheiden hier ganz klar zwischen: verwaist (beispielsweise aus dem Nest gefallen, verlaufen, ausgesetzt, gefunden… aber gesund) und verletzt. Verletzte Tiere müssen umgehend zum Tierarzt gebracht werden. Darum kümmern wir uns unverzüglich oder der Finder bringt das Fundtier selbst dort hin. Das ist vor allem bei schweren Verletzungen notwendig. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Vertragstierärzten zusammen, die 24 Stunden Notdienst anbieten. Herzlichen Dank an dieser Stelle an: Dr. Daniela Heldt und Team und Dr. Uwe Bockius & TA; Dirk Ewert und Team.“
Sollte ein Hundeführerschein verpflichtend werden?
„Aus unserer Sicht ja.“
Was spricht für eine bundesweite Kastrationspflicht für freilaufende Katzen, was dagegen?
„Dafür spricht, dass auch weiterhin Millionen Straßenkatzen tagtäglich ums Überleben kämpften. Viele sterben an Unterernährung oder an Infektionserkrankungen. Tierschutzvereine und Tierheime kommen an ihre Grenzen und können das Katzenelend nicht alleine bewältigen. Wir brauchen jetzt eine flächendeckende Kastrationspflicht für Freigängerkatzen, um nachhaltig den Straßenkatzen helfen zu können! Eine politische Schwachstelle gibt es allerdings. Bisher haben kaum Kommunen eine Kastrationspflicht umgesetzt. Das mindert die Effektivität erheblich, den die Freigängerkatzen machen an den Gemeindegrenzen nicht halt. Wir brauchen eine flächendeckende Kastrationspflicht für alle Freigängerkatzen.“