Tina Rupprecht hat es allen gezeigt und deutsche Box-Geschichte geschrieben

Ein Lebenstraum ist in Erfüllung gegangen!

Die Augsburgerin Tina Rupprecht hat abgeliefert und erkämpfte sich drei von vier WM-Titel der wichtigsten und größten Weltverbände: Neben dem WBC-Titel im Atomgewicht darf die erfolgreichste deutsche Boxerin aller Zeiten nun zudem die Weltmeister-Gürtel von den Verbänden WBO und WBA tragen. Die 32-Jährige hat somit geschafft, was bisher noch keine deutsche Boxerin, ja sogar noch kein deutscher Boxer von sich behaupten kann – Außer im Jahre 1930 das Idol Max Schmeling. Wir gratulieren zum grandiosen Erfolg! Im exklusiven Interview sprachen unsere Redaktionsleitung Jana Dahnke und Allroundtalent Tina Schüssler mit der mehrfachen Weltmeisterin, welche in ihrer Karrierelaufbahn bisher nur einen einzigen Kampf verloren hat.

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Bild: Blanko Sports
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von links: Tina Schüssler, Tina Rupprecht und Jana DahnkeBild: TRENDYone
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Bild: Blanko Sports
Wie kann man sich das Training vor einem Wettkampf vorstellen und bleibt dann noch viel Freizeit?
Tina Rupprecht: In Hinblick auf einen Kampf sind drei Monate intensive Vorbereitung perfekt – Funktioniert natürlich nur dann, wenn man weiß, wann der Fight ansteht. Das kann natürlich auch oftmals kurzfristiger sein, sodass nicht so viel Zeit bleibt. Im Idealfall startet man mit den Grundlagen, Kraft sowie der Ausdauer. Parallel wird selbstverständlich immer geboxt. Nach und nach wird alles immer spezifischer: Je näher es Richtung Kampf geht, desto mehr arbeitet man an den Pratzen, an der Taktik und an vielem mehr. Das Wichtigste ist die „heiße Phase“, das sogenannte „Sparring“. Das bedeutet, es werden geeignete Partnerinnen gesucht, welche zum einen mein Gewicht haben und zum anderen vom Stil sowie vom Niveau her ähnlich sind wie meine Gegnerin. Das war in meinem Fall gar nicht einfach. Eine solche Partnerin in ganz Europa zu finden, ist eine absolute Herausforderung gewesen. Dass meine Kontrahentin noch dazu Linkshänderin war, gestaltete es noch einmal schwieriger. Während ich im Normalfall einmal täglich trainiere, sind es vor einem Kampf schon zwei bis drei Mal. Hier richtet sich das ganze Leben quasi nach dem Training, da dieses deutlich im Fokus steht – Das ist dann einfach der Preis, den man dafür zahlt (Lacht).

Deine Reise führte Dich in Bezug auf Deine Vorbereitung unter anderem nach Zentralasien. Was hat Dich dort erwartet?
Usbekistan ist eine absolute Boxnation. Tatsächlich fand hier genau in der Zeit meines intensiven Trainings auf den Kampf ein Trainingslager vom usbekischen Nationalteam für die Vorbereitung für die asiatischen Meisterschaften im olympischen Boxen statt. Das heißt, die „Cream della Cream“ von ganz Usbekistan war auf einem Haufen – Ein unglaubliches Niveau, lauter Maschinen. Ich hatte, ob man es glaubt oder nicht, dort sogar eine Auswahl an Sparring-Partnerinnen. Das habe ich in meiner ganzen Karriere noch nicht erlebt – Mehrere Mädels mit meinem Gewicht und noch dazu Rechtsausleger mit einem Bombenniveau… Das waren Olympiateilnehmer, darunter waren mehrfache asiatische Meister und Weltmeisterinnen. Besser geht nicht – Deswegen haben wir dieses Land auch gewählt. 

Du bist in zwei Gewichtsklassen unterwegs – Und hast in der anderen ebenfalls schon Titel abgesahnt? 
Genau! Ich war fünf Jahre zuvor Weltmeisterin in einer Gewichtsklasse höher – im Minimumgewicht. Nach der Niederlage in den USA bin ich dann eine Gewichtsklasse herunter – ins Atomgewicht. Und das war die beste Entscheidung, weil ich mich in dieser Gewichtsklasse einfach noch viel wohler fühle. 

Einer fehlt ja noch: Der IBF-Gürtel. Wann möchtest Du dies angehen?
Das wird 2025 in Angriff genommen. Die amtierende Japanerin Sumire Yamanaka hat schon zugesagt. Das wird dann das Größte überhaupt – der Kampf um alle großen Weltverbände – der unangefochtene Weltmeister. Etwas darüber gibt es dann wirklich nicht mehr!

Gibt es in Bezug auf Dein sportliches Schaffen bestimmte Ängste?
Konkret auf das Boxen bezogen, ist es einfach die Angst zu verlieren. Die hat meiner Meinung nach jeder Sportler, aber keiner möchte dies zugeben. Trotzdem beschäftige ich mich nicht allzu sehr mit dem Thema „Verlieren“, weil ich meine Energie nicht darin verlieren möchte. Ich konzentriere mich ausschließlich auf den Sieg. Die Kunst ist einfach, sich immer auf das Gute zu fokussieren – Das ist ja nicht nur im Sport so, sondern auch in anderen Lebensbereichen. Man sollte das Leben und einfach den Moment genießen, weil man nie weiß, was passieren kann. 

Bist Du, bevor es für Dich in den Ring geht, nervös und was tust Du dagegen?
Nach all diesen Jahren bin ich vor den Kämpfen immer noch angespannt. Ich habe diese Situation jetzt schon so oft durchgemacht und es ist immer wieder die gleiche – Egal bei welchem Fight, egal bei welcher Gegnerin. Das ist auch gut so, denn dadurch bekomme ich meinen Körper auf Höchstleistungen. Wie ich damit umgehe: Ich versuche einfach cool zu bleiben, auch wenn sich der Tag bis zum Kampf, welcher am Abend stattfindet, unglaublich zieht. Sobald man dann in der Umkleide ist, gilt es hochkonzentriert zu sein und die Ruhe zu bewahren – Selbstverständlich auch beim Kampf. Man darf nie die Kontrolle abgeben und muss ausgeglichen bleiben.

Gibt es beim Kampfsport Unterschiede zwischen den Weltmeistertiteln?
Absolut! Ich persönlich finde es immer sehr schade, wenn Erfolge miteinander verglichen werden beziehungsweise hier nicht richtig differenziert wird – Dabei geht leider die Wertigkeit von Titeln verloren. Beim Boxen gibt es nämlich unglaublich viele verschiedene Verbände, allerdings liegt der Fokus auf vier Verbänden, welche als bedeutendste Federationen angesehen werden: Das wäre das World Boxing Council (WBC), die World Boxing Association (WBA), die World Boxing Organization (WBO) und die International Boxing Federation (IBF). So gibt es zwar viele Weltmeister im Boxen und auch im Kampfsport allgemein, allerdings ist es ein großer Unterschied, bei welchem Verband dies der Fall ist. Es ist deutlich einfacher, diesen Titel bei einer unbekannten Federation zu holen, als bei den vier „Weltverbänden“. 

Bei welchen bekannten TV-Produktionen würdest Du gerne einmal mitwirken?
Das ist eine sehr gute Frage! Tatsächlich habe ich mir darüber noch gar nicht so viele Gedanken gemacht, aber ich fände es unglaublich cool, Teil der Styling-Doku „Shopping Queen“ zu sein. Auch die Tanzshow „Let´s Dance“ würde mich reizen, weil dort der sportliche Charakter im Zentrum steht.