Whisky – das „Wasser des Lebens“
Über die Geschichte und die heutige Situation des braunen Goldes
Whisky erlebt seit einiger Zeit ein sehenswertes Revival. Schon längst ist es nicht mehr altbacken mit einem guten Glas Whisky an der Bar zu sitzen, der edle Tropfen ist wieder hip. Steigende Absatzzahlen, zahlreiche Whiskytastings und Liebhaberblogs im WorldWideWeb sprechen für sich. Doch warum ist das neue In-Getränk gerade jetzt wieder so auf Erfolgskurs?
Der Ursprung ist nicht ganz geklärt
Bereits im 15. Jahrhundert wurde in Schottland eine Steuer auf eine gebrannte Spirituose namens „Aquavite“ erwähnt. Doch ob dieser Brand bereits ein im Holzfass gereifter Tropfen war, wie wir ihn heute kennen, darf bezweifelt werden. Bereits 1.000 Jahre vorher brachten christliche Mönche das Wissen und die Technik zur Herstellung von Arzneimitteln und Parfüm mit nach Schottland und Irland. Da der Destillationsapparat auch für Genussbrände verwendet werden konnte, wurde fleißig experimentiert. Es lag nahe, die in Irland und Schottland gut wachsende Gerste zu verwenden, da dieser Rohstoff reichlich vorhanden war. Die erste lizenzierte Brennerei wird 1608 in Irland erwähnt. Dort wurde Whisky auch seit 1643 besteuert, in Schottland erst ein Jahr später. Bis heute dauert die Diskussion über den ersten Whisky an. Ob dieser in Schottland oder Irland entstand mag eine Streitgrundlage für Historiker sein – den Genießer dürfte dies weniger interessieren.Whisky und Whiskey
Nachdem der Whisky in Großbritannien etabliert war, versuchten Einwanderer bei der Besiedlung des amerikanischen Kontinents auch dort ihren heimischen Whisky zu produzieren. Da jedoch die heimische Gerste mit dem lokalen Klima nicht zurechtkam, brannte man dort ein Destillat aus Roggen und Weizen – der Whiskey entstand. Whiskey ist im anglikanischen Raum nur ein Oberbegriff, der auf die USA als Produktionsland hinweist.Wo wird Whisk(e)y noch produziert?
Auf der Suche nach der einen und einzigen Whiskynation würden viele auf Schottland oder die USA tippen. Tatsächlich ist hier die Whisk(e)yproduktion, neben der in Irland, ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Schottland ist das einzige Land, in dem Whisky in Regionen unterteilt wird. Während es früher einen typischen süßen Speyside-, kräftigen Highlands- oder milden Lowlandsgeschmack gab, wird heute in den verschiedenen Regionen eine schöne Vielfalt an unterschiedlichen Whiskys produziert. Wichtiger als die Region ist die Brennerei. Denn selbst in der für die rauchigen Whiskies bekannten Region Islay, wird ab und an auch ungetorfter Whisky hergestellt.In den übrigen Ländern reicht bereits das Land als Ursprungsangabe. So wird auch in Kanada Whisky produziert und in Japan blickt man auf eine fast 100-jährige Whiskygeschichte zurück. In der jüngeren Geschichte entstehen auch im europäischen Raum immer mehr Whiskybrennereien. Da der Whisky hier aber häufig auf Obstbrennblasen gebrannt wird, wird dieser von Liebhabern oftmals nicht als Whisky, sondern als „Gerstler“ angesehen. Ähnlich verhält es sich oftmals mit indischem Whisky, auch dieser weist häufig vom bekannten Geschmacksmuster ab.
Whisky ist destilliertes Bier
Zur Herstellung eines Whisk(e)ys benötigt man neben Wasser in erster Linie Getreide. Dieses kann, je nach Getreide, gemälzt oder ungemälzt verwendet werden. Soll der edle Tropfen einen rauchigen Geschmack bekommen, wird das Getreide auf Torfrauch gedarrt. Wird Mais verwendet, muss dieser gekocht werden. Im Prinzip wird nach dem Schroten und Maischen wie beim Bier durch Zugabe von Hefe ein Brauvorgang gestartet. Da der Sud jedoch nicht keimfrei sein muss, wird auch auf die Zugabe des haltbar machenden Hopfens verzichtet. Bei hochwertigem Whisky wird anschließend auf kupfernen Brennblasen destilliert. In den unterschiedlich aussehenden Brennblasen („Pot Stills“) wird erst auf der kupfernen „wash still“ destilliert, dann folgt eine zweite Destillation auf der „spirit still“. Je nach Whisky kann der zweite Brennvorgang nochmals wiederholt werden. Anschließend wird die Brennblase gereinigt. Während die Brennblasen früher direkt mit Holz und Kohle befeuert wurden, geschieht dies heute oftmals umweltfreundlich durch Dampfhitzeverfahren. Einfacher und amerikanischer Whiskey kann seit der Erfindung der Permanentdestillation deutlich preisgünstiger auf einer sogenannten Destillationskolonne hergestellt werden. Das Endprodukt wird so deutlich reiner, doch der Geschmack leidet darunter. Damit der Whisky auch als solcher verkauft werden darf, muss er laut europäischem Whiskygesetz mindestens drei Jahre im Holzfass reifen und einen Mindestalkoholgehalt von 40 Volumenprozent aufweisen. Amerikanischer Straight Whiskey muss hingegen zwei Jahre in neuen Fässern reifen.Whisk(e)ysorten
Während in Europa das o.g. europäische Whiskygesetz gilt, gibt es sowohl in den USA als auch in Schottland weitere Gesetze. Canadian Whisky oder indischer Whisky sind hingegen kaum reguliert. Kauft man einen amerikanischen Bourbon, kann man durch den „Bourbon Act“ sicher sein, dass dieser Whisky zwischen 51% und 80% Mais enthält. Oftmals wird dieser durch Roggen ergänzt. Enthält der Whiskey hingegen mindestens 79% Mais, so wird dieser in der Regel als „Corn“ bezeichnet. Der für Nordamerika typische herbe „Rye Whiskey“ muss aus mindestens 51% Roggen hergestellt werden. Für den in Deutschland beliebten „Tennessee Whiskey“ gelten die gleichen Voraussetzungen wie für den Bourbon, doch zusätzlich wird durch Holzkohle gefiltert, wodurch dieser milder und weicher wird. Der selten anzutreffende American Blended Whisky ist ein Verschnitt aus Mais- und Roggenwhiskey und darf auch Weizendestillat enthalten. In Schottland ist der Verschnitt hingegen als „Blended Scotch Whisky“ bekannt. Dieser muss jedoch mindestens einen Single Malt enthalten. Ein Single Malt Whisky darf ausschließlich aus gemälzter Gerste bestehen und muss auf Pot Stills gebrannt werden. Dieser Whisky darf nur aus einer einzigen Brennerei stammen. Beim Single Grain Scotch Whisky ist hingegen auch anderes Getreide erlaubt, ebenso darf hier auf Destillationskolonnen gebrannt werden.James Bond – coolster Whiskygenießer der Zeit?
Der Geheimagent des MI6 sollte kein Vorbild für den angehenden Whiskygenießer sein. Da in den bekannten Filmen die Coolness des Agenten und die Action im Vordergrund stehen, sollten ihm die Fehler beim Whiskygenuss verziehen werden. Dabei ist es gar nicht schwer, einen guten Whisky zu genießen. Da für den Genießer der Geruch sehr wichtig ist, sollte der Whisky aus einem Nosingglas genossen werden. Dies ist einStilglas, welches genügend Platz zur Aromenentfaltung bietet. Ein Nosingglas ist jedoch kein Cognacschwenker. Das Glas gilt es still zu halten, denn beim Schwenken werden die leicht flüchtigen Whiskybestandteile zuerst in die Luft abgegeben. Dies hat zur Folge, dass der Whisky eine überbordende Alkoholnote zeigt. Beim günstigen Whisky hingegen ist es oftmals gewollt einen neutralen Geschmack zu erhalten, um so die scharfen und unangenehmen Aromenbestandteile zurückzudrängen. Hierfür sind Eiswürfel perfekt geeignet, da ein kaltes Getränk weniger Aromen freigibt. Bei einem guten Whisky ist jedoch eine hohe Vielfalt an Aromen gewünscht, weshalb dieser unbedingt bei Zimmertemperatur getrunken werden sollte. Gerne darf ein Schluck stilles Wasser mit ins Glas gegeben werden. Wer sich dann noch in solch exklusiven Kreisen wie James Bond bewegt und sich als Kenner outet, hat vielleicht wie er die Chance, einen Whisky für über 10.000€ pro Flasche zu verkosten – aber dann bitte mit Stil!
Aromenvielfalt beim Whisky
Whisk(e)y wird zu oft als Männergetränk angesehen. Doch auch immer mehr Frauen entdecken ihre Liebe zu dem „Wasser des Lebens“. Sie haben nämlich genetisch bedingt einen ausgeprägteren Geruchssinn. Die Vielfalt beim Whisky ist immens, daher lassen sich konkrete Aromenbeschreibungen nur zu einzelnen Whiskys abgeben. Da sich ein Bourbon und ein Single Malt Whisky schon alleine durch die Fässer, die Brennart, die Lagerdauer und die Getreidesorten unterscheiden, gibt es nur einen sehr kleinen gemeinsamen Nenner: Es handelt sich um eine braune Spirituose. Leider taucht der Begriff „Whisky“ bei vielen Menschen immer in Erinnerung an starke Kopfschmerzen und wilde Partys der vergangenen Jahre auf – der Körper erinnert sich. Die immense Vielfalt an Premiumwhiskies will erforscht werden. Fast jeder, der sich auf die Suche begibt, entdeckt eine spezielle Sorte, die zum eigenen Geschmack passt. So finden sich zum Beispiel rauchige, salzige, teerige Aromen im einen Whisky, während im anderen Whisky süßliche Zitrus- und Kokosaromen vorherrschend sind.Mix it up
Weniger wichtig ist die Aromenvielfalt bei der Zubereitung von Cocktails und Longdrinks. Das beliebteste Whiskymischgetränk in Deutschland ist der Whisky-Cola. Ein Whisk(e)y mit gutem Preis- und Leistungsverhältnis kann nach individueller Vorliebe gewählt werden, doch auch hier ist experimentieren erlaubt. Wie wäre es mal mit einem klassischen Whisky Sour mit Eiklar und rauchigem schottischem Single Malt oder einem Manhattan mit deutschem Whisky?Whisky – eine goldene Zukunft?
Die Whiskybrennereien auf der ganzen Welt laufen auf Hochtouren. Immer wieder liest man von Brennereineugründungen. Dies ist beachtlich, denn der Unternehmer erreicht meistens erst nach mehr als zehn Jahren die Gewinnschwelle. Guter schottischer Whisky braucht seine Zeit. Während es früher üblich war, Whisky mindestens zehn Jahre Reifezeit anzubieten, gehen viele Brennereien aufgrund von stark dezimierten Whiskybeständen mehr und mehr dazu über, Whiskys ohne Altersangabe anzubieten. Diese haben dann mindestens das gesetzlich definierte Alter, genaueres erfährt der Kunde nicht. Doch selbst diese Whiskies steigen im Preis an. Bei den bekannteren Brennereien kostet eine Flasche 12-jähriger Whisky grob gerechnet so viel, wie vor einigen Jahren eine Flasche 18-jähriger. Whisky, der über 20 Jahre reifen durfte, ist oftmals nicht mehr unter 100€ pro Flasche zu erhalten. So gibt es immer wieder Anlass zu Spekulationen, doch dies kann gefährlich werden und zu Geldverlust führen. Wer Whisky als Sachanlage kaufen möchte, sollte nur Produkte wählen, die er auch selbst trinken würde. Denn so hat man immer ein schönes Geschenk zuhause oder eine Flasche, die man auch Gästen anbieten kann. Damit man dennoch viele Whiskys probieren kann, kann man auf Whiskyabende oder -proben gehen, die sogenannten Tastings. Hier werden die Brände verschiedener Brennereien verkostet oder Flaschenteilungen mit Freunden durchgeführt.Nach einem alten schottischen Sprichwort gibt es in einer Hinsicht Hoffnung: Derjenige, der es schafft, täglich die richtige Whiskymenge zu finden, soll ewig leben - doch bislang hat es noch keiner geschafft. Sláinte! | Text: Lukas Kalo