„Wie Flügel aus Worten“ – Max Prosa im Abraxas, Augsburg

Draußen rauscht die Welt, drinnen wird sie still.

Es ist Sonntag Abend, die Reihen im Augsburger "abraxas" füllen sich langsam, beinahe ehrfürchtig. Ein erwartungsvolles Summen liegt in der Luft. Keine große Show, keine Leinwand, kein Lichtgewitter. Nur eine Bühne, ein Mikrofon, ein Piano, eine Gitarre. Und dann: Max Prosa. Er kommt leise. Und ist doch sofort da.

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Bild: Nina Königs
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Mit seinem ersten Lied – „Menschen, die ich gar nicht kenne“ – legt er einen Teppich aus Klang und Gefühl, auf dem alle Platz nehmen dürfen. Wer sich vorher fragte, wie man ihn nur mit Bob Dylan vergleichen kann – „ist das nicht anmaßend?“ – wird spätestens jetzt still. Weil man merkt, dass dieser Vergleich nur an der Oberfläche kratzt. Denn Max Prosa ist kein Dylan-Epigone. Er ist Max Prosa. 

Da steht einer, der mit seinen Worten keine Mauern baut, sondern Fenster öffnet. In andere Leben, in andere Zeiten, manchmal sogar ins eigene Herz. Wenn er von der Liebe singt, klingt das nie nach Kitsch. Wenn er über den Tod spricht, tut er es mit einer Sanftheit, die heilt. Er schaut ins Publikum, nicht darüber hinweg. Und nach jedem Applaus – ehrlich – freut er sich, als hätte man ihm gerade etwas Kostbares geschenkt. Vielleicht ist das sein größtes Geheimnis: Er wirkt nie wie einer, der auf der Bühne etwas will. Sondern wie einer, der einfach da ist, weil er was zu geben hat.

Ein zweiter Teil wie ein warmes Lagerfeuer

In der Pause dürfen die Menschen ihm schreiben. Eine Kiste für die kleinen Briefe steht erwartungsvoll bereit. Und Max liest sie – live auf der Bühne. Was dann passiert, ist schwer in Worte zu fassen, aber genau das wäre sein Metier. Da schreibt jemand über eine zerbrochene Beziehung, jemand über Trauer, über das Vermissen. Und Max – findet Worte. Eigene Verse. Oder Lieder, die sich plötzlich wie maßgeschneidert anfühlen.

Kein Thema ist ihm zu schwer, keine Frage zu groß. Wo andere sagen würden: „Das geht nicht, das war ein Duett“, sagt Max: „Ich versuch’s.“ Und man spürt: Er meint es ernst. Nicht um zu gefallen. Sondern weil er versteht.

Max Prosa spricht auch über die Welt da draußen. Die Digitale, die Schnelle, die Gierige. Und stellt ihr etwas entgegen: Langsamkeit. Nähe. Gedruckte Gedanken. Seine neue Musik gibt es – wie ein Gegenstatement – nur vor Ort, auf echten Tonträgern. Und man versteht: Hier geht’s nicht ums Geschäft. Hier geht’s um Bedeutung.

Sein Weg, sein Klang, seine Sprache

Max Prosa, geboren 1989 in Berlin, beginnt seinen Weg eigentlich ganz anders – mit Physik und Philosophie. Doch irgendwann gewinnt die Kunst, das Schreiben, das Fühlen. 2011 entdeckt ihn Clueso, nimmt ihn mit auf Tour. 2012 erscheint sein erstes Album „Die Phantasie wird siegen“ – ein Versprechen, das er bis heute hält. Mit Songs wie „Flügel aus Beton“ oder später „Verschwende Dich“ mit Hannah Herzsprung wird er zur Stimme derer, die sich fragen, was bleibt in dieser lauten Welt.

Er bleibt bei sich. Bleibt ehrlich. Und genau deshalb wird man ihm auch in Jahren noch zuhören.

Als das letzte Lied verklungen ist, bleibt ein Moment der Stille. Keine verlegene, sondern eine volle Stille. Gefüllt mit allem, was war. Mit Sätzen, die nicht enden mussten. Mit Blicken, die länger blieben. Mit Gedanken, die plötzlich Raum bekamen.

Der Applaus bricht sich schließlich Bahn, warm, ehrlich, dankbar. Und Max? Lächelt. Verbeugt sich. Und geht langsam von der Bühne. Wie einer, der nicht gehen muss, sondern will, dass etwas bleibt.  Dieser Abend hat nichts erklärt, aber viel verstanden. Ein Mann, ein Piano, eine Gitarre – und das, was Worte bewirken können, wenn sie echt sind.

Zwischen Tönen und Gedanken – Max im Gespräch

Im Vorfeld des Konzerts konnten wir Max Prosa kurz sprechen – und selbst dieses kurze Gespräch fühlte sich an wie ein weiterer Song. Er erzählte, wie spontan er seine Abende gestaltet, wie sehr er sich vom Moment leiten lässt: „Ich selber weiß oft nicht, was für eine Reihenfolge es wird – das entscheidet sich mit den Briefen.“ Die Reaktionen auf seine Gedichte seien ganz anders als bei Liedern, oft leise, zögerlich. Aber Max sagt ganz ruhig: „Ich hänge mein Selbstvertrauen nicht an diese Stillheit.“

Wenn er schreibt, entscheidet nicht der Kopf, ob ein Text ein Lied oder ein Gedicht wird – „das ist ein Bauchgefühl“, sagt er. „Lieder tragen sich anders. Sie kehren zurück, sie haben einen Refrain. Gedichte sind Gedanken, die einmal durchgehen.“ Manchmal verändern sich seine Lieder auch im Lauf der Zeit: Worte verschwinden, Bedeutungen verschieben sich, wie lebendige Organismen.

Diese wenigen Minuten haben gereicht, um zu merken: Max Prosa hat viel zu sagen. Viel mehr, als man in einem Konzert oder kurzen Gespräch erfassen kann. Deshalb freut sich unsere Redaktionsleitung Jana schon auf ein ausführliches Treffen mit ihm. Denn wer Max zuhört, merkt: Es sind nicht nur seine Songs, die berühren – es ist sein Denken, sein Blick auf die Welt.