Als Mitglied einer Wohnbaugenossenschaft profitieren

Günstiger wohnen?

Lebenslanges Wohnrecht, günstige Preise und Mitbestimmung – immer mehr Personen interessieren sich angesichts der weiterhin steigenden Mieten für die Mitgliedschaft in einer Wohnbaugenossenschaft. Doch wie funktioniert das genau?

Wohnungsbaugenossenschaft (WBG), Wohnbaugenossenschaft, Baugenossenschaft oder Wohnungsgenossenschaft – all diese Begriffe bezeichnen dasselbe: Eine Genossenschaft, die keine Gewinne erwirtschaften muss und ihre Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum versorgen möchte. Schon im 19. Jahrhundert wurden erste Genossenschaften in England gegründet, im Jahr 1847 gab es in Berlin die erste deutsche WBG.

Was ist eine Wohnungsbaugenossenschaft?

In Genossenschaften schließen sich Menschen zusammen, um zum Wohl aller Mitglieder gemeinsam geschäftlich zu wirtschaften – WBGs haben demnach das Ziel, ihre Mitglieder (Genossen) mit günstigen Wohnungen zu versorgen. Wer eine Genossenschaftswohnung mieten möchte, muss dafür Anteile der Genossenschaft kaufen und wird so vom bloßen Mieter zum Teilhaber – inklusive Mitbestimmungsrecht. Die Genossenschaftsanteile werden beim Austritt aus der Genossenschaft verzinst wieder zurückgezahlt. Wie hoch der Anteil ist, hängt ganz von der Größe der Wohnung ab (ca. zwischen 200 und 3.000 €).

Anders als beim Kauf einer Wohnung wird man aber kein Wohnungseigentümer, sondern Miteigentümer am Gesamtbestand des genossenschaftlichen Wohnungsunternehmens. Man wählt quasi eine Wohnform, die zwischen Miete und Eigentum liegt. Deshalb heißt die monatliche Zahlung nicht Miete, sondern Nutzungsgebühr.

Wie viele Wohnbaugenossenschaften gibt es? 

In Deutschland gibt es derzeit etwa 2.000 WBGs, die 2,2 Millionen Wohnungen besitzen und diese an über drei Millionen Mitglieder vermieten. Im Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) Bayern haben sich aktuell 356 Genossenschaften organisiert (davon 51 in Schwaben) – sie verwalten insgesamt etwa 540.000 Wohnungen im Freistaat.

Wie wird man Mitglied? 

Die gute Nachricht: Jeder kann Mitglied in einer WBG werden – egal ob als Familie, Senior oder Studierender. Wer minderjährig ist, muss den Antrag auf Mitgliedschaft durch seinen gesetzlichen Vertreter unterzeichnen lassen. Um Mitglied zu werden, muss eine Beitrittserklärung abgegeben werden, über die im Vorstand entschieden wird. Weil es oftmals Wartelisten gibt, ist es auch möglich, sich bei mehreren WBGs gleichzeitig anzumelden.

Wie viel kostet das Ganze?

Stimmt der Vorstand schließlich zu, so muss der Bewerber mindestens einen Geschäftsanteil an der Genossenschaft erwerben. Bei manchen WBGs muss ein zusätzliches Eintrittsgeld (meist im zweistelligen Bereich) gezahlt werden. Die Genossenschaftsanteile werden beim Auszug wieder ausgezahlt, das Eintrittsgeld jedoch nicht. Für die Anmietung einer Wohnung kommen im späteren Verlauf noch weitere Geschäftsanteile hinzu. Die Höhe ist meist abhängig von der Größe der Wohnung, in der Regel ist mit einem Betrag zwischen 200 und 3.000 € zu rechnen.

Für wen lohnt sich eine Mitgliedschaft?

Das Eintreten in eine WBG lohnt sich vor allem für Personen, die langfristig planen können – wer also nicht ständig umziehen muss und durchaus ein paar Monate oder sogar Jahre warten kann, ist in einer WBG gut aufgehoben. Denn: Ist man erst einmal drin, so gilt das Wohnrecht lebenslang.

Was sind die Vorteile?

Ein Blick auf die aktuellen Preise reicht eigentlich schon aus: Während die Erst- und Wiedervermietungsmiete in München aktuell im Durchschnitt bei etwa 19,21 € pro Quadratmeter liegt, sind bei einer Genossenschaftswohnung in der bayerischen Landeshauptstadt lediglich 9,21 € fällig. In Augsburg fällt der Unterschied im Vergleich etwas geringer aus, doch auch hier sind Mitglieder einer Baugenossenschaft mit 7,13 € pro Quadratmeter verglichen mit den 11,03 € am hiesigen Wohnungsmarkt gut bedient. Die Zahlen zeigen auch, dass der Standort eine sehr große Rolle spielt – die durchschnittliche Nutzungsgebühr bei den Mitgliedsunternehmen des VdW Bayern liegt nämlich bei 6,40 € pro Quadratmeter. 

Daneben ist das lebenslange Wohnrecht wohl der größte Vorteil, doch auch Faktoren wie der Schutz vor Ausverkauf und Eigenbedarfskündigung sowie das Mitbestimmungsrecht sind hier zu nennen. Zudem stehen den Mitgliedern alle freien Wohnungen der Genossenschaft zu Verfügung – sollten sich die eigenen Bedürfnisse oder Ansprüche mit der Zeit ändern, ist ein Wechsel in eine andere Wohnung möglich.

Wie lange ist die Wartezeit?

Das kann leider nicht pauschal gesagt werden. Es kommt nämlich immer auf den Standort und die dortige Situation am Wohnungsmarkt an. Vor allem in den großen Städten gibt es zahlreiche Anfragen an die Genossenschaften – gleichzeitig ist die Fluktuation bei den Mietern relativ gering (oft unter fünf Prozent). Dort müssen also oftmals Wartezeiten von mehreren Jahren eingeplant werden.

Kündigung, Ausschluss, Vererbung und Selbstgründung

Jedes Mitglied kann zu jedem Zeitpunkt unter Berücksichtigung der festgelegten Fristen seinen Austritt aus der Genossenschaft erklären. Zudem gibt es ein außerordentliches Kündigungsrecht – etwa wenn die Geschäftsanteile erhöht werden. Mitglieder können aber auch ausgeschlossen werden, sofern sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, also beispielsweise nicht pünktlich zahlen oder die Wohnung unerlaubt weitervermieten.

Sollte ein Mitglied sterben, so geht die Mitgliedschaft auf die Erben über. Sie endet jedoch mit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem das Mitglied verstorben ist. Außerdem kann jeder selbst eine Wohnbaugenossenschaft gründen. In den letzten Jahren verzeichnete der VdW Bayern so viele Gründungen wie in keinem anderen Bundesland – kein Wunder angesichts der hohen Preise! | Text: Vera Mergle

Fazit: Genossenschaftswohnungen sind vor allem in den Großstädten sehr begehrt, aber dadurch auch extrem rar. Interessenten müssen daher viel Wartezeit einplanen – dafür gilt das Wohnrecht lebenslang, sobald man erst einmal drin ist. Die größten Vorteile einer Mitgliedschaft sind die deutlich günstigeren Preise, das Mitbestimmungsrecht sowie die Möglichkeit, die Wohnung flexibel zu wechseln. Wer eine Genossenschaftswohnung mieten möchte, muss dafür zuvor Anteile der Genossenschaft kaufen.

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