Augsburger Landrat Martin Sailer beantwortet Bürgerfragen

Wie reagiert der Landkreis auf die Impfmüdigkeit?

In regelmäßigen Videobeiträgen beantwortet Landrat Martin Sailer häufige Fragen, die das Landratsamt vonseiten der Bevölkerung erreichen. In der zehnten Folge der Reihe „Fragen von ALLEN an Landrat Martin Sailer“, geht Sailer unter anderem auf die Frage ein, ob er die 7-Tage-Inzidenz weiterhin als aussagekräftigen Indikator für die Pandemieentwicklung betrachtet.

Herr Landrat, wie in ganz Deutschland sinkt auch im Landkreis Augsburg die Bereitschaft der Bevölkerung zur Corona-Impfung. Am Wochenende sind erstmals sechs Impfdosen verfallen, weil sie nicht in Anspruch genommen wurden. Was sagen Sie dazu?

Landrat Martin Sailer: „Das sind zwei Dinge, die ärgerlich sind. Wir haben im Moment zwar eine niedrige Inzidenz, die aber seit einigen Tagen wieder ansteigt. Wenn ich es richtig im Kopf habe, waren wir schon einmal bei 4,7. Jetzt gehen wir wieder über 10. Die Inzidenz hat sich in den vergangenen Tagen also verdoppelt. Dazu kommt die Impfmüdigkeit vieler unserer Bürgerinnen und Bürger, aufgrund derer wir erstmals Impfstoff verfallen lassen mussten. Wenn wir die vierte Welle tatsächlich verhindern wollen, dann wird das nur funktionieren, wenn die Menschen sich impfen lassen. Deswegen versuchen wir auch immer wieder herauszustellen, warum sich die Impfung lohnt. Ich weiß, dass jetzt viele Sommerfeste anstehen und sommerliches Wetter herrscht und mir geht es wie allen anderen Menschen auch: Man will zusammenkommen und sich darüber freuen, dass man endlich wieder Leute treffen kann, sei es im Verein, in der Musikkapelle oder wo auch immer. Aber die vierte Welle können wir nur durch das Impfen verhindern. Daher kann ich nur immer wieder an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger appellieren: Informieren Sie sich, lassen Sie sich aufklären und lassen Sie sich dann anschließend bitte impfen.“

Sie haben kürzlich in einer Pressemitteilung zum Ausdruck gebracht, dass Sie für den Herbst ein Gesamtkonzept für die Schulen fordern. Wie sollte das aus Ihrer Sicht aussehen?

Sailer: „Wir alle wollen, dass der Unterricht nach den Sommerferien weiterhin in Präsenz stattfindet. Vor dem Hintergrund steigender Inzidenzen und der voranschreitenden Delta-Variante werden wir diesbezüglich nur dann eine Chance haben, wenn für den Herbst ein Gesamtkonzept vorliegt. Wir brauchen ein Test- und Impfkonzept, ein Raumkonzept sowie ein Konzept für den öffentlichen Nahverkehr. Alles muss stimmig ineinandergreifen, damit wir im September oder Oktober nicht wieder vom Präsenzunterricht in den Wechsel- oder gar Distanzunterricht gehen müssen. Und ich glaube außerdem, dass unsere Kinder und Jugendlichen jetzt einen Anspruch darauf haben, im Herbst dauerhaft in der Schule unterrichtet werden zu können.“

Nochmal zur Impfung: Wie geht denn der Landkreis damit um, dass die Zahl der Impfwilligen gerade so gering ist? Gibt es Überlegungen, wie man die Bürgerinnen und Bürger zur Impfung motivieren könnte?

Sailer: „Wir wollen den Zugang zur Impfung so einfach wie möglich gestalten.
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Als wir zum Jahresbeginn mit unseren mobilen Teams in den Gemeinden unterwegs waren und die Über-80-Jährigen geimpft haben, wurde dieses Angebot hervorragend angenommen. Etwas Ähnliches stelle ich mir jetzt wieder vor. Erstens werden wir an alle Schulen gehen, um den Jugendlichen ein Impfangebot zu machen. Allerdings immer freiwillig – niemand wird verpflichtet! Wir wollen aber die Möglichkeit schaffen. Zweitens wollen wir wieder in die Ortschaften gehen. Vor allem im Verdichtungsraum sollen neue Impf-Gelegenheiten entstehen, dass sich die Menschen beispielsweise am Supermarkt oder wo auch immer sie zusammenkommen quasi nebenbei noch impfen lassen können. Ziel ist es also, den Zugang zur Impfung so niederschwellig und einfach wie möglich zu machen. Zudem wollen wir die Betriebe im Landkreis bitten, uns rückzumelden, ob sie in ihrer Belegschaft Interessenten haben, die geimpft werden möchten. Dann werden wir sie entweder zu den Impfzentren bringen, oder mit den mobilen Teams vor Ort sein, damit sich die Menschen ohne großen Aufwand impfen lassen können.“

Sie haben es ja schon angesprochen: Die Inzidenzen steigen, auch die Delta-Variante breitet sich auch in unserem Landkreis zunehmend aus. Sehen Sie die 7-Tage-Inzidenz als repräsentativen Indikator, der das Infektionsgeschehen aussagekräftig bemisst oder sollten noch andere Aspekte einbezogen werden?

Sailer: „Ich denke, die Inzidenz ist nach wie vor ein wichtiger Indikator. Sie sollte meines Erachtens aber inzwischen nicht mehr der alleinige Indikator sein. Man muss sich anschauen, wo die Infektionen stattfinden. Wir wissen zum Beispiel, dass die Weitergabe bei Kindern und Jugendlichen deutlich geringer ist, als zunächst angenommen wurde. Außerdem muss man aus meiner Sicht auch die Kapazitäten auf den Intensivstationen mit betrachten. Wenn ich richtig informiert bin, ist die Intensivstation der Uniklinik derzeit frei von COVID-Patienten. Und auf der Grundlage dieser verschiedenen Faktoren, glaube ich, muss man tages- und wochenaktuell die Messlatte anlegen, die entsprechende Maßnahmen auslöst oder nicht. Um es noch einmal zusammenzufassen: Ich glaube nicht, dass die Inzidenz auf Dauer der alleinige Maßstab für das Infektionsgeschehen sein sollte.“

Die zehnte Folge ist ab sofort unter www.landkreis-fuer-alle.de/fuer-alle/fragen-von-allen-an-landrat-martin-sailer und in den sozialen Medien abrufbar. Fragen für zukünftige Ausgaben können unter info.corona@LRA-a.bayern.de eingereicht werden.