Autofahren im Alter: Reale Gefahr oder übertriebene Diskussion?

Uneinsichtigkeit der Senioren wird zur Gefahr

Nicht selten ärgern sich junge Menschen über ältere Autofahrer. Tatsächlich lassen im Laufe der Jahre Reaktions-, Seh- und Hörfähigkeiten nach. Doch wann ist der Zeitpunkt gekommen, den Führerschein abzugeben und wie ist die Gesetzeslage? Können Senioren dazu gezwungen werden, auf das Autofahren zu verzichten?

Verzicht auf das Auto ist häufig ein schwerer Schritt

Wer sein Leben lang mit dem Auto unterwegs war, für den kann es durchaus ein einschneidender Schritt sein, plötzlich auf das Fahren verzichten zu müssen. Einen genauen Zeitpunkt, ab dem Ältere nicht mehr zum Autofahren in der Lage sind, lässt sich jedoch pauschal nicht bestimmen. Es ist vielmehr ein schleichender Prozess der nachlassenden Sensorik, den Betroffene selbst nur schwer erkennen, was sie wiederum zum Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer werden lässt. Dabei existieren einige Anhaltspunkte, an denen Senioren bemerken können, dass Fahrten für sie zunehmend herausfordernd werden. Möglicherweise meiden sie bestimmte Verkehrssituationen, wie dichten Berufsverkehr oder Nachtfahrten. Andere Vorboten sind plötzlich auftretende Fehler, die in der Vergangenheit nicht begangen wurden. Hierzu kann beispielsweise das Übersehen roter Ampeln oder anderer Verkehrsteilnehmer zählen. Spätestens, wenn nur noch bekannte Strecken mit bewusst verlangsamtem Tempo gefahren werden, ist der Punkt erreicht, sich kritisch mit der eigenen Fahrtüchtigkeit auseinanderzusetzen.

Fakten: Unfallgefahr nimmt im Alter zu

Zwar nehmen die geistigen und körperlichen Fähigkeiten älterer Menschen ab, eine pauschale Aussage über die Verkehrstüchtigkeit ist dennoch nicht zulässig. Es gibt durchaus 80-jährige Fahrer, die sämtliche Anforderungen immer noch erfüllen, wohin gegen bereits 60-Jährige schlecht hören und sehen können. Fakt ist laut dem Statistischen Bundesamt: 67 Prozent der über 64-jährigen Fahrer trugen bei der Verwicklung in einen Unfall die Hauptschuld. In der Gruppe der über 75-Jährigen waren es sogar rund 75 Prozent. Ähnlich negative Werte sind allerdings auch in der Altersklasse 18 bis 25 zu registrieren (Statistik aus 2014).

Führerscheinstelle darf Fahrerlaubnis entziehen

Nicht alle Senioren zeigen sich einsichtig und Behörden reagieren hierzulande meist erst dann, wenn der Ernstfall eingetreten ist. Sei es der 95-jährige, der Gas und Bremse verwechselte und sein Auto gegen einen Baum setzte oder der 83-Jährige, der Einfahrt mit Ausfahrt verwechselte und so zum Geisterfahrer wurde: Bei Betrachtung der Rechtsprechung wird klar, dass der Führerscheinentzug in Härtefällen bereits mehrfach umgesetzt wurde. Es gilt der Grundsatz: Die Fahrererlaubnis muss spätestens dann entzogen werden, wenn die Fahrweise andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.


Freiwilliger Check kann Aufschluss geben

Obwohl viel diskutiert, existieren in Deutschland noch keine verpflichtenden Tests für ältere Autofahrer. Sinnvoll kann es daher sein, die eigene Fahrtüchtigkeit anhand freiwilliger Checks zu überprüfen. Hierfür bietet beispielsweise der ADAC ein spezielles Pkw-Training für ältere Menschen an, bei dem die Fahrer Übungen des klassischen Fahrsicherheitstrainings absolvieren. Beim „Fahr-Fitness-Check“ haben Senioren die Möglichkeit, unter Aufsicht eines Fahrlehrers eine frei wählbare Strecke zu absolvieren. Danach erfolgt sowohl eine Selbsteinschätzung als auch die Beurteilung durch den Profi. Obwohl es sich um eine hervorragende Möglichkeit zur Überprüfung der Fahrtüchtigkeit handelt, wird das Angebot – häufig aufgrund von Uneinsichtigkeit – nicht ausreichend genutzt. Es ist daher besonders das familiäre Umfeld gefordert, den Fahrer auf die Sinnhaftigkeit derartiger Tests hinzuweisen, sofern sich Unsicherheiten im Fahrverhalten zeigen.

Welche Gesundheitstests machen Sinn?

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) empfiehlt verschiedene Gesundheitstests, um die Fahrtüchtigkeit regelmäßig zu überprüfen. Bereits ab 40 Jahren sei ein jährlicher Sehtest bei Dämmerung und Dunkelheit sinnvoll. Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie Wahrnehmungsvermögen sollten ab 60 gecheckt werden – möglich ist dies beispielsweise bei TÜV oder Dekra. Ebenfalls ab diesem Alter rät der DVR zum Hörcheck im 2-Jahres-Rhythmus. | Text: Florian Deuring