#bodypositivity Was steckt hinter dem Trend zur Selbstliebe?

Du bist schön, wie du bist!

Bodyshaming auf Social Media war gestern: Unter dem Hashtag #bodypositivity sind auf Instagram bereits über 10 Millionen Beiträge zu finden – die Botschaft lautet, sich und seinen Körper kompromisslos zu lieben. Aber was genau hat es mit der Body Positivity-Bewegung auf sich und was wird daran kritisiert?

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Bild: stock.adobe / Roman
Laut einer ipsos-Umfrage lassen sich etwa 15 Prozent der deutschen Frauen von sozialen Netzwerken wie Instagram in ihrer Körperwahrnehmung beeinflussen – meist eher im negativen Sinn. Kein Wunder, denn dort werden natürlich nur perfekte, oftmals retuschierte Fotos von schlanken Models hochgeladen. Viele leiten daraus die Message ab, dass nur glücklich und erfolgreich sein kann, wer schön, schlank und makellos ohne jegliche Dellen, Falten oder Hautunreinheiten ist. Eine bewusste Gegenstrategie zu diesen vermeintlichen Schönheitsidealen liefert die sogenannte Body-Positivitiy-Bewegung, die für einen wohlwollenden Blick auf den eigenen Körper sowie für Diversität, Akzeptanz und Selbstliebe steht.

Was hat es mit der Bewegung auf sich?

Bei der Body Positivity Bewegung geht es grundsätzlich darum, alle Körper schön zu finden und zu akzeptieren. Damit das auch wirklich geschieht, verbreiten sich unter dem Hashtag #bodypositivity in den sozialen Netzwerken entsprechende Botschaften, die durch Kommentare und Likes bestärkt werden. Auch in Büchern, Filmen und Magazinen sowie auf dem Laufsteg geht das Bild der vermeintlich normschönen, also sehr schlanken Frau immer stärker hin zu (noch) nicht idealtypischen Frauenkörpern.

Wie entstand die Body Positivity Bewegung?

Die Wurzeln der Bewegung reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück: Zu dieser Zeit begann der Kampf von Frauen gegen vorherrschende Schönheitsideale. In den 70er Jahren entwickelte sich schließlich in der black community der USA die sogenannte Fat Acceptance Bewegung. Sie engagierte sich für die Abschaffung von unrealistischen und diskriminierenden Schönheitsidealen. Die damaligen Forderungen reichten in ihren Ursprüngen aber weit über Themen wie Akzeptanz von übergewichtigen Frauen hinaus, sondern stellten besonders soziale Gerechtigkeit und Diversität in den Mittelpunkt.

2012 erhielt die Bewegung unter dem Hashtag #bodypositivity dann die erhoffte Aufmerksamkeit und wurde zunächst in Facebook- und Tumblr-Gruppen und später über bekannte Bloggerinnen auf Instagram weltweit bekannt. Das führte zu einem Aufschwung von Marken im Plus-Size-Bereich – aber auch Mainstream-Marken wie ASOS oder H&M erweiterten ihre Abmessungstabellen, um größeren Kleidungsgrößen gerecht zu werden. Ebenso setzten Serien wie „Empire“ oder „Euphoria“ auf Protagonistinnen in Übergröße, die sich nicht länger Stereotypen von dicken Charakteren beugen mussten. Body Positivity eroberte zudem die Modewelt: Als Beispiel ist hier etwa das Plus-Size Model Ashley Graham auf dem Titelbild der „Sports Illustrated“ 2016 zu nennen.

Kritik an Body Positivity

Doch so schön sich das alles zunächst anhören mag – es gibt auch große Kritik an dem Trend. Denn zum einen geht es für viele dabei immer noch zu sehr darum, sich und den eigenen Körper in Szene zu setzen, wenngleich dieser dann nicht dem perfekten Ideal entspricht. Trotzdem stehe hier das Aussehen der Frau zu sehr im Fokus, und das unter dem Deckmantel der Selbstliebe. Einige Vertreterinnen haben sich zum anderen von der Bewegung distanziert, da ihrer Meinung nach die Kernaussage durch die teilweise Nutzung des Hashtags durch weiße, schlanke Frauen verloren geht. Sie kritisieren außerdem eine Art Kommerzialisierung des Begriffs. Oftmals wird auch bemängelt, dass Übergewicht mit all seinen negativen Folgen durch Body Positivity verharmlost wird: So könnten sich Jugendliche adipöse Menschen zum Vorbild nehmen oder die Bewegung als Rechtfertigung für eine ungesunde Lebensweise heranziehen.

Body Neutrality statt Body Positivity

Wegen der erwähnten Kommerzialisierung von Body Positivity kam es schließlich zu einer weiteren Bewegung, die von der Aktivistin Jes Baker geprägt wurde: Sie brachte die Begriffe Body Neutrality bzw. Body Liberation ins Spiel. Hier geht es darum, jeden Menschen so sein zu lassen, wie er oder sie eben ist – von einer generellen Bewertung des Aussehens und der starken Fokussierung auf den Körper distanziert sich Body Neutrality.

Bewegung nur für Frauen?

Doch was ist eigentlich mit den Männern? An diesem Punkt zeigt sich wieder einmal die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Schließlich lässt sich auf Social Media eine sehr geringe Menge an Männern finden, die unter dem Hashtag #bodypositivity Beiträge posten. Das zeigt, dass es weiterhin vor allem Frauen darum geht, möglichst attraktiv zu sein. Ihnen wird also die bedingungslose Akzeptanz des eigenen Körpers immer noch ein Stück weit aufgezwungen, denn nur so könnten sie glücklich sein. Auch dieser Aspekt zeigt, dass die Bewegung noch einen langen Weg vor sich hat – denn es ist bei weitem noch nicht der Fall, dass alle Körperformen bedingungslos akzeptiert werden. 

FAZIT: 

Die Body Positivity-Bewegung hat normierte Schönheitsbilder gehörig durcheinandergewirbelt und für eine höhere Akzeptanz der Vielfalt an Körperformen und vermeintlichen Makeln gesorgt. Dank der Millionen Beiträge unter dem Hashtag #bodypositivity sind auf sozialen Netzwerken wie Instagram sowie auch in der Medien- und Modewelt immer öfter auch kurvige Models und unkonventionelle Körpertypen zu finden. Die Bewegung Body Neutrality stellt wiederum den Hype um den Körper selbst infrage – in beiden Fällen geht es aber um Selbstliebe und Selbstakzeptanz. |Text: Vera Mergle

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