CSU und Freie Wähler Kempten im Diskurs über Wohnmobil-Stellplätze

«Norden oder Süden»

Im Kemptener Stadtrat ist aktuell ein Streit über den weiteren Verbleib eines Wohnmobil-Parkplatzes am Illersteg entbrannt. Dabei stehen sich die Positionen der CSU und der Freien Wähler gegenüber. Die CSU setzt sich für die weitere Nutzung des seit Jahren genutzten Wohnmobil-Parkplatz südlich des Illerstadions ein. Die Freien Wähler favorisieren hingegen nunmehr einen Standort 300 Meter weiter nördlich am Illerdamm. Zwei Parteien, die in der vergangenen Legislatur noch eine Koalition bildeten, streiten sich nun über den geeigneten Standort für einen Wohnmobil-Parkplatz, der von vielen auswärtigen Wohnmobilisten, verteilt über das ganze Jahr, in Anspruch genommen wird. Hier die beiden Stellungnahmen der Stadtratsfraktionen im O-Ton:

Pro Verbleib Wohnmobilstellplätze südlich Illerstadion – CSU-Stadtratsfraktion:

Mit dem Beschluss am 24.01.2019 wurde das Planungsverfahren für bisher mehr als EUR 100.000 für die Erweiterung des bereits bestehenden Wohnmobilparks des Kemptener Kommunalunternehmens (KKU) am beschlossenen Standort Illerstadion-Süd mit 35:6 Stimmen in Gang gesetzt. Ausschlaggebend waren auch die klare Standortbestimmung eines eigens hierfür in Auftrag gegebenen Gutachtens.

Doch auf einmal wechselt die Perspektive:

Ohne neuen Erkenntnisse plädieren die Freien Wähler für die Untersuchung eines zentrumsferneren, unattraktiveren Standorts, der zudem weder Frischwasseranschluss, noch Entsorgungseinrichtungen, noch die Möglichkeiten für Sanitäre Anlagen usw. bietet. Anlässlich eines Ortstermins wurde nun klar:

• Wenn man unbedingt eine Verlagerung auf den nördlichen Teil der Illerstadion-Fläche anstreben möchte, rückt die für den Kemptener Einzelhandel so wichtige zentrumsnahe Anbindung wortwörtlich in die Ferne. Angesichts der kürzlich veröffentlichten Zahlen zum Tourismus, die dessen überragende Bedeutung für den Einzelhandel im Zentrum widerspiegeln, würde diese große Chance verschenkt.
• Gleichzeitig müssten Sportflächen verschwenkt, versiegelt und eingeschränkt werden zu Lasten des FC Kempten und des Schulsports.

Damit nicht genug:

• Zur Wohnbebauung wäre eine mindestens 7,5m (2 Geschosshöhen) große durchgängige Lärmschutzwand notwendig und
• die für die Jugendlichen so wichtige Skateranlage müsste mutmaßlich entfernt werden, da von ihr einfach zu hohe Geräuschemissionen zu dem untauglichen Standort ausgehen würden Stimmen aus der CSU-Stadtratsfraktion

Stadtrat Erwin Hagenmaier: „Der Beschluss erging mit allen Beteiligten des neuen Mehrheitsbündnisses, außer Bündnis‘90/Die Grünen. Es ist schon erstaunlich, zu welchen Kehrtwendungen die Freien Wähler in der Lage sind, indem sie nur wenige Monate nach der Beschlussfassung nun wieder einen neuen Standort ins Spiel bringen, der zudem bereits im Januar zur Wahl stand und durchfiel. Gründe dafür waren, die unattraktive Lage zur Innenstadt und die fehlende Infrastruktur Strom, Wasser und Abwassern. All dies ist am geplanten Illerstadion-Süd Parkplatz vorhanden.“

Stadträtin Sibylle Knott: „Es wäre ein Schildbürgerstreich, statt einer bereits bestehenden versiegelten Parkplatzfläche mit Baumbeschattung nunmehr Planungskosten zu verschleudern, um für einen ungeeigneten Standort in erheblichem Maße eine Versiegelung von Grün- und Sportgelände zu verursachen, die Attraktivität des Spazierwegs am Illerdamm zu gefährden, die Skater um ihre heißgeliebte Anlage fürchten zu lassen und eine über zwei Stockwerke-hohe Lärmschutzwand zur Wohnbebauung aufzustellen! Ich bin schon sehr gespannt auf die Haltung von Bündnis’90/Die Grünen zu dieser ‚Anti-Grün-Idee‘.“

Stadtrat Helmut Berchtold, Fraktionsvorsitzender: „Der Tourismusbeauftragte bezeichnete die versiegelten Parkplatzflächen vor dem Illerstadion-Süd als ‚zu schade für die Wohnmobilisten‘. Dies ist für mich vollkommen unangemessen. Derzeit sind dort eher unschöne Parkflächen, die durch unsere Gäste (!), denen wir ein herzliches Willkommen bieten möchten, aufgewertet und ihnen optimale Bedingungen für den Besuch unserer Stadt bieten werden. DAS muss doch unser Anspruch im Tourismus sein!“

Stadtrat Thomas Kreuzer, MdL: „Sowohl die bisher aufgrund des bestehenden Aufstellungsbeschlusses angefallenen Planungsgelder in Höhe von über EUR 100.000 wie auch das vorangegangene Gutachten wären verbrannt, auch sämtliche Vorarbeiten der Stadtverwaltung völlig umsonst. Und noch völlig offen wären die erheblich höheren Kosten für neu anzulegende Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Sanitär, Lärmschutzwand u.v.m., wofür zudem weitere Fläche versiegelt werden müsste. Diese Kehrtwende der Freien Wähler – übrigens auch entgegen den fundierten Argumenten unserer Stadtverwaltung – verwundert mich sehr und lässt die Frage über den Anlass offen.“



Contra Verbleib Wohnmobilplatz südlich Illerstadion, Freie Wähler-Stadtratsfraktion:

Wahrheit vor Sturheit: Wohnmobil-Stellplätze nördlich des Illerstadions!

Auf Unverständnis stoßen jüngste Stellungnahmen der CSU-Fraktion zum Thema Wohnmobil-Stellplätze. Insbesondere die Behauptung verwundert, die Fraktion der FREIEN WÄHLER-ÜP habe kürzlich ohne neue Erkenntnisse eine Kehrtwendung vorgenommen. Immerhin gab es schon Anfang 2019 große Bedenken gegen den Standort südlich des Illerstadions, worauf das Kemptener KKU 2.4.2019 dem FC Kempten versprochen hat, dass mehrere Varianten diskutiert würden. Die FW-Fraktion hat schon vor langem die nördliche Fläche ins Spiel gebracht und wiederholt (erstmalig vor weit mehr als einem Jahr) einen Runden Tisch mit den Vereinen zur Standortfrage beantragt, was der OB dann am 11.3.20 auch zugesagt hat. Bis heute haben solche Abstimmungsgespräche nicht stattgefunden. Der Ruf nach Alternativen ist bisher schlicht ignoriert worden.

Wer jetzt über ein „Hüh und Hott“ fabuliert, will wohl einfach auf ein Thema aufspringen, um das andere sich schon seit Jahren intensiv bemüht haben.

Hierzu der Beauftragte des Kemptener Stadtrates für Tourismus und Stadtmarketing, Joachim Saukel: „Gerade weil der Wohnmobilstellplatz für mich so wichtig ist, setze ich mich für den nördlichen Standort ein, da dieser aus meiner Sicht enorm viele Vorteile mit sich bringt und vor allem bei passender Gestaltung am Ende der viel attraktivere Standort für die Wohnmobilisten sein wird. Die Nähe zur Innenstadt ist mit dem Platz im Norden nach wie vor gegeben. Im Gegensatz zur Variante direkt vor dem Illerstadion bietet die nördliche Fläche die Möglichkeit, einen Bereich zu gestalten, der komplett auf die Bedürfnisse der Mobilisten ausgerichtet ist. Durch die Einbahnregelung entstünde ein verkehrsberuhigter Bereich, der die Anlieger vom Durchgangsverkehr entlastet und mit den unmittelbar angrenzenden Illerauen nicht nur durch seine Nähe zur Innenstadt, sondern gleichzeitig auch mit seiner ruhigen Lage im „Grünen“ punkten würde. Kaum ein zentrumsnaher Stellplatz in anderen Städten hat diese beiden Vorzüge zu bieten.  Diese Variante verknüpft die Vorteile aus dem attraktiveren Platz mit der Erhaltung der wichtigen Parkplätze im Süden. Diese sind momentan außerordentlich wichtig für Veranstaltungen im Illerstadion (z.B. Gastronomie in der Innenstadt, für Mitarbeiter die in der Innenstadt arbeiten und u.a. für die Besucher von Kulturveranstaltungen z.B. im Stadttheater. Also damit ein entscheidender Faktor für eine attraktive Innenstadt. Sollte sich in Zukunft das Mobilitätsverhalten der Menschen ändern, dann könnte dieses Grundstück sehr wertvoll für die zukünftige Stadtentwicklung sein (z.B. „Iller erleben“).

Dazu der Sportbeauftragte des Kemptener Stadtrats, Thomas Landerer: „Die Parkflächen südlich des Illerstadions sind auch für den täglichen Trainings- und Sportbetrieb der vier Vereine FC Kempten, Allgäu Comets, Billardclub und die Eisstockschützen enorm wichtig. Wenn zeitgleich 15 Kinder vom Training abgeholt und die nächsten 20 Kinder von ihren Eltern gebracht werden, reichen zwei oder drei Haltebuchten auf keinen Fall aus. Deshalb sprechen sich ja gerade die Sportvereine für unsere Lösung aus und lehnen den Vorschlag südlich des Stadions vehement ab. Auch die freie Zufahrt zum Marathontor ist für einen reibungslosen Ablauf bei Veranstaltungen unabdingbar. Die Nutzung der keilförmigen Nebenfläche des Trainingsplatzes ist mit den Vereinen abgesprochen. Damit sind sie absolut einverstanden.“

Der Fraktionsvorsitzende Alexander Hold ergänzt: „Von einer angeblich 2 Stockwerke hohen Lärmschutzwand zur Wohnbebauung steht im vorläufigen Lärmgutachten kein Wort. Das ist genauso aus der Luft gegriffen wie die Aussage, der Skaterplatz müsse für die Wohnmobilisten weichen. Zu lösen ist tatsächlich der vom Skaterplatz ausgehende Lärm, dem die Anwohner ja jetzt schon ausgesetzt sind. Die Wohnmobilisten wären aber deutlich näher an der Anlage dran und ein Wohnmobil ist natürlich weniger gegen Schall geschützt als ein Wohnhaus. Der Skaterplatz wird tagsüber hervorragend angenommen und soll natürlich nicht angetastet werden. Durch ein Schild, dass der Skaterplatz nur 20.00 Uhr benutzt werden darf, lässt sich das ohne weiteres lösen. Spät abends wird der Platz eh kaum genutzt. Zudem entlastet so eine Lösung zusätzlich die Anwohner. Was die Pressemitteilung der CSU ebenfalls unterschlägt: Auch die Bauverwaltung hat sich schon vor über eineinhalb Jahren für unsere Variante ausgesprochen!“