Die 74. Allgäuer Festwoche ist eröffnet
«Curtain up! Vorhang auf!»
Kempten…Nach einigen Jahren der Unterbrechung konnte heuer die 74. Allgäuer Festwoche wieder traditionell im neu hergerichteten Kornhaus eröffnet werden. „Curtain Up! Vorhang auf!", so das bilinguale Begrüßungscredo von Oberbürgermeister Thomas Kiechle an die vielen Ehrengäste, die sich am Samstag, den 9. August, zur Eröffnung der 74. Allgäuer Festwoche in Kemptens guter Stube versammelt hatten.
Der große Kauf und sein Vermächtnis
In seinem Grußwort nahm Oberbürgermeister Thomas Kiechle Bezug auf ein historisches Ereignis aus dem Jahre 1525. Vor fünfhundert Jahren wurde Kempten in Zeiten eines Bauernkrieges durch den „Großen Kauf" zur Freien Reichsstadt. Für 30.000 Gulden erkaufte sich der damalige erste Bürgermeister von Kempten Gordian Seuter die absolute Unabhängigkeit vom Fürststift Kempten. Dessen Fürstabt Sebastian von Breitenstein wurde seinerzeit durch aufständische Bauern bedrängt und sah sich deshalb genötigt, der Stadt alle verbliebenen Rechte des Klosters innerhalb der Fried- und Marksäulen gegen eine Zahlung von 30.000 Gulden abzutreten. Dieses historische Ereignis wurde den Gästen von Schauspielern professionell und kurzweilig in einem Theaterstück dargeboten. OB Thomas Kiechle übernahm hier die Rolle des „Guten", nämlich des Käufers Gordian Seuter. Fürstabt Sebastian von Breitenstein wurde als sakraler Ignorant und Despot dargestellt, der die Zeichen der damaligen Zeit nicht erkannte und deshalb letztlich seine Macht verlor, während sich die demokratischen Mächte, die Bürgerschaft Kemptens und die Bauern der Umgebung, sich ihre Freiheit ehrenvoll erstritten. Hieraus leitet OB Kiechle Bezüge zur Gegenwart ab. „Wie damals, ginge es heute darum, sich seiner bürgerlichen Freiheitsrechte Gewahr zu werden und für die Freiheit einzustehen.", so OB Kiechle. Damals hatten die Bürger Kemptens mit dem großen Kauf nicht nur Immobilien und Grundstücke erworben, sondern sie errangen bedeutsame Stadtrechte, die ihnen zukünftig ein Leben in Freiheit ohne fürstäbtliche Gängelung garantierten.
Freiheit ist das Einzige was zählt
„Mit 30.000 Gulden haben unsere Vorfahren ihre Freiheit erkauft! Geld für Freiheit! Das war der Deal! Nichts anderes.", so Thomas Kiechle. Kemptens Oberbürgermeister warnte davor, diese Freiheiten heute leichtfertig auf Spiel zu setzen und ihren wahren Wert nicht zu erkennen. „Freiheit heißt, dass kein starker Mann oder Politiker vorgibt, wie wir zu leben haben. Das ist der eigentliche Wert der Freiheit, dass jeder und jede selbst entscheiden kann, wie er oder sie leben möchte.", so Kiechle. Mit „starken Politikern" könnte der Oberbürgermeister Thomas Kiechle den US-Präsidenten Donald Trump und Russlands Präsidenten Wladimir Putin gemeint haben. Dieser Eindruck verfestigt sich, wenn man die vorab an die Presse dargereichte Rede in Schriftform mit der des gesprochenen Wortes vergleicht. In ersterer wird deutlicher, was Kiechle mutmaßlich zum Ausdruck bringen wollte: Auch wir müssen in Anbetracht der aktuellen Bedrohungen für unser Gemeinwohl und unsere Demokratie Geld in die Hand nehmen und widerstandsfähiger werden, um die errungenen Freiheiten zu bewahren. Einige der ursprünglichen Formulierungen hierzu wurden in der Rede abgeschwächt. Schliesslich sind 30.000 Gulden nicht dasselbe wie 850 Mrd. Euro Sondervermögen und die beiden bonarpartistischen Oligarchenfürsten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin nicht Gordian Seuter und Sebastian von Breitenstein.
„Super Region Allgäu"
Ministerpräsident Dr. Markus Söder lobte Kiechle's Rede, die ihm, wie er sagte, aber ein wenig zu lang geraten erschien. Ausdrücklich loben wolle er Kiechle aber für dessen soeben unter Beweis gestelltes schauspielerisches Talent. Deshalb fasse er sich jetzt etwas kürzer, um den Rahmen der Veranstaltung nicht zu sprengen. Markus Söder ist ein bekennender „Allgäu-Fan", in keine Region Bayerns komme er so gerne wie in das Allgäu. Was als Schmeichelei daherkommt, wird dann in den Ausführungen des Ministerpräsidenten zu einem wirklichen Bekenntnis für die Errfolgsregion Allgäu, die sowohl dem Freistaat wie ganz Deutschland zum Vorteil gereicht. Innovative Unternehmen, ein starker Mittelstand, eine vorzüglich vernetzte Hochschule Kempten, moderne Handwerksbetriebe, Landwirtschaft auf Höhe der Zeit und nicht zuletzt ein Menschenschlag mit Hausverstand, all das mache das Allgäu so wertvoll für Bayern. War die Rede des Oberbürgermeisters Kiechle ein Appell an das moralische Wertegerüst der Gäste, so war Söders Rede ein Loblied auf den gesunden Menschenverstand, der mit den Worten „Von nichts kommt nichts." zusammengefasst werden kann.
Los geht's!
Nach den Festreden ging es wie gewohnt unter den Klängen der Stadtkapelle Kempten vom Kornhaus über den Hildegardplatz in Richtung Zumsteinhaus, wo der traditionelle Festwochenrundgang mit Ministerpräsident Markus Söder anstand. Der hatte aber schon in seinem Grußwort im Kornhaus verlauten lassen, diesen nicht allzu lang zu gestalten, damit hernach noch genug Zeit für den Genuss der Allgäuer Küche bliebe.