Kemptener Hochschuldozent Ingmar Niemann über die Folgen des Trump Deals

Der Trumpsche Deal

Trumps Deal mit Europa und seine wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen

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Der Universitäts- und Hchschuldozent Ingmar Niemann spricht über die Folgen des Trump Deals für Europa.Bild: Jörg Spielberg
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TRENDYone: Herr Niemann, die EU-Kommissionspräsidentin, Frau von der Leyen, hat sich diese Woche mit US-Präsident Trump in Schottland getroffen, um die Rahmenbedingungen des Handelsvertrages zwischen den beiden Wirtschaftsräumen abzustecken. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Niemann: Wie die meisten Beobachter und Analysten sehe ich das Ergebnis kritisch. Wer schon mit dem größten maximalen Entgegenkommen in solche Verhandlungen einsteigt, wie dies Frau von der Leyen getan hat, kann kaum ein gutes Resultat am Ende erzielen. Trump gleich „Null-Prozent“ Zoll für die allermeisten US-amerikanischen Produkte anzubieten war ein schwerer Fehler. Und der US-Präsident ist sich nicht zu schade, diese schwache Position gnadenlos – auch bei Freunden – auszunützen.

TRENDYone: Aber die meisten Kommentatoren sind der Auffassung, dass die europäische Wirtschaft mit 15% Zoll für die allermeisten Exporte in die USA leben kann. Sehen Sie das anders?

Niemann: Wer sich ausschließlich auf die Handelsvereinbarung konzentriert, mag so denken. Das große Bild sieht aber anders aus: Neben der Belastung von 15 % Zoll kommt noch die Abwertung des US-Dollars um weitere 10 % in den letzten Wochen hinzu. Und darüber hinaus dümpelt der europäische Binnenmarkt so vor sich hin, während die US-Wirtschaft gut vorankommt. Die drei Punkte zusammengenommen machen deutlich, dass die deutsche Wirtschaft vor einer gewaltigen Herausforderung steht.

TRENDYone: Können Sie denn diesem Ergebnis gar nichts positives abgewinnen?

Niemann: Meine Hoffnung ist, dass sich die europäische Wirtschaft zu einem Investitionsschub durchringen kann, um die nachteiligen Wettbewerbsverhältnisse durch leistungsfähigere und hochwertigere Produkte auszugleichen. Deutsche Unternehmen mussten dies zu Zeiten der Deutschen Mark (DM) dauerhaft leisten, da die DM über Jahrzehnte tendenziell immer aufwertete. Deutsche Produkte wurden weltweit auch zu einem höheren Preis gekauft, weil sie qualitativ besser waren als die Konkurrenzprodukte aus dem Rest der Welt. Das war die Grundlage für den Erfolg Deutschlands als Exportweltmeister - trotz einer starken Währung!
Sollte dieser Investitionsschub ausbleiben, dann allerdings sehe ich schwarz für einen nachhaltigen soliden Aufschwung.

TRENDYone: Was bedeutet diese Entwicklung für die Europäische Gemeinschaft?

Niemann: Es stellt sich die grundlegende Frage, ob sich die Ansiedelung der Außenwirtschaftspolitik der Gemeinschaft in Brüssel noch an der richtigen Stelle befindet. Für einige Länder der EU sind die Details der Vereinbarung kaum akzeptabel. Ganze Industriezweige, wie die Chemie-, Stahl- und Autoproduktion stehen vor einer düsteren Zukunft. Sollte sich nicht spätestens im nächsten Jahr die wirtschaftliche Entwicklung aufhellen, werden die Fliehkräfte in der Union zunehmen. In Mittelosteuropa registrieren wir diesen Wunsch nach Veränderung bereits seit einigen Jahren. Aber auch in anderen Ländern (z.B. Frankreich nach der nächsten Präsidentenwahl 2027) sind größere Veränderungen nicht auszuschließen. Der Brexit hat dafür bereits ein Zeichen gesetzt!

TRENDYone: Herr Niemann, wir danken Ihnen für das Gespräch!