Keyless-Funktion: Welche Gefahren schlüsselloses Autofahren mit sich bringt

Maximaler Komfort – maximal gefährlich?

Vollbepackt zum Auto laufen, Tüten und Taschen unbeholfen hin- und herwirbeln und dabei versuchen den Autoschlüssel aus einer der Hosentaschen zu fischen. Sieht ungelenk aus und ist es auch. Aus diesem und vielen weiteren Komfort-Punkten setzen Autobauer auf die Keyless-Funktion – nämlich das Öffnen der Autotür per Funksignal. Das ist praktisch. Und zugleich gefährlich. Wir klären auf, warum. 

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Bild: stock.adobe
Der ADAC hat bereits lange ein Auge auf die Entwicklungen im Bereich Keyless go. Denn alles was an Technologien in Fahrzeugen verbaut wird, kann auch eine potentielle „Anlaufstelle“ für Kriminelle sein. Darum wurden bei kontinuierlichen Tests mittlerweile rund 500 Autos in Bezug auf die schlüssellosen Funktionen auf Herz und Nieren getestet, um Verbraucher vor Gefahren zu warnen und ihnen den sorgsamen Umgang mit den komfortablen Tools näher zu bringen. Vorab ein niederschmetterndes Fazit: nur fünf Prozent aller getesteten Fahrzeuge sind wirklich vor Diebstahl geschützt. 

Autohersteller in Zugzwang, Bereitschaft jedoch mäßig

Die Auswertung der oben genannten ADAC-Tests ist bedenklich, denn fast alle der Fahrzeuge aus den Testreihen konnten problemlos geöffnet und weggefahren werden. Grundlegend dafür ist eine Diebes-Masche, welche durch einen Reichweiten-Verlängerer funktioniert. Das klappt im Übrigen auch, wenn der Schlüssel noch im Haus liegt oder man in unterwegs dabei hat. Hier benötigen Kriminelle nicht viel technisches Knowhow, denn der Bau beziehungsweise die Programmierung der Diebestechnik ist keine Raketenwissenschaft. Die Bauteile belaufen sich auf nur circa 100 Euro und sind in jedem Elektronikhandel erhältlich. Besonders gefährlich: Wenn der Motor des gestohlenen Fahrzeugs einmal läuft, tut er das in der Regel weiter und weiter und weiter. So lange, bis der Sprit sich dem Ende neigt. Zudem ist der Diebstahl eines Fahrzeugs mit Keyless-Systemen gleich in doppelter Hinsicht bitter. Denn selbst wenn das Fahrzeug von der Polizei aufgegriffen werden sollte, sind daran im Regelfall keine Diebstahl- und/oder Aufbruchspuren zu finden. Wendet man sich also an die Versicherung, kann es hier so zu großen Problemen bei der Regulierung kommen, möglicherweise wird sogar die Frage nach Versicherungsbetrug in den Raum gestellt. Der ADAC hat Autohersteller darum aufgefordert, die gesamte Fahrzeugelektronik systematisch zu checken und die neuesten Sicherheitsstandards zu verbauen. Dabei im Fokus: Keyless Autofahren muss genau so sicher sein, wie das Fahren mit konventionellem Schlüssel. Jedoch stieß der ADAC mit seiner Forderung auf fast gänzlich taube Ohren, lediglich Mercedes meldete sich zurück und ging das Thema damit öffentlichkeitswirksam an. Über andere Hersteller liegen weitestgehend keine Informationen vor. Um Verbrauchern einen transparenteren Überblick über Mängel zu geben, hat der ADAC eine Liste mit Sicherheitslücken bei allen Fahrzeugen veröffentlicht, die seit 2016 einem Test unterzogen wurden. 

Autodiebe haben’s leicht: bereits verfügbare Systeme könnten helfen

Mit relativ geringem Aufwand eine große Sorge der Autobesitzer ausräumen – klingt so leicht und wäre es eigentlich auch. Denn Keyless-Schließsysteme könnten mit digitaler Funktechnik leicht sicher gemacht werden. Dabei kommen Computerchips mit Ultra-Wide-Band-Technik (UWB) zum Einsatz. Dabei kann aus der Laufzeit der Funksignale ermittelt werden, wie groß genau die Entfernung zwischen Schlüssel und Fahrzeug ist und ein Funk-Verlängerer, welchen Autodiebe oftmals einsetzen, hätte keine Wirkung mehr. Seit Januar 2018 verbaut Jaguar Land Rover diese Technologie serienmäßig in neuen Modellen, damit sind der Discovery, Range Rover, Range Rover Sport, Jaguar E-Pace und i-Pace sicher ausgestattet. Auch beim Audi A3, dem Seat Leon, dem Škoda Octavia und dem Volkswagen Golf 8, ID.3, ID.4 und Caddy können sich Besitzer in größerer Sicherheit wiegen. Auch bei BWM, Genesis und Mercedes soll die UWB-Technologie bei einigen Modellen im Einsatz sein. 

So schützen Sie sich selbst

Ein Keyless-Schließsystem kann u.U. deaktiviert werden, lesen Sie dazu in der Bedienungsanleitung nach. Heißt zwar dann auch weniger Komfort, aber eben auch mehr Sicherheit.

Keyless-Systeme bereits beim Kauf genau hinterfragen und auf Modelle mit UWB-Technologie fokussieren.

Autoschlüssel innerhalb von Gebäuden nie in der Nähe von Außentüren, Außenwänden oder Fenstern aufbewahren. 

Achtung: Der Selfmade-Trick „Alufolie“ hilft nicht zwingend! Viele umwickeln ihren Autoschlüssel mit besagter Folie, doch der Abschirmeffekt ist nicht ausreichen. Auch bei einem Versicherungsfall hat dieser Versuch keine positive Auswirkung auf die Regulierung. 

FAZIT: 

Maximaler Komfort bedeutet im Falle Keyless leider auch maximale Sicherheitslücke. Diese könnte durch Autoehersteller bereits längst geschlossen werden, in der Realität hinken hier jedoch viele hinterher. Aus diesem Grund müssen sich Verbraucher selbst intensiv mit der Thematik beschäftigen, um das Risiko eines Autodiebstahls zu minimieren. Ob auch Ihr Fahrzeug betroffen ist, können Sie in der vom ADAC veröffentlichten Testliste einsehen.

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