Das können Autofahrer bei Schnee falsch machen

Die großen Winter-Irrtürmer

Es gleicht einem fragwürdigen, ja sogar theatralisch anmutenden Theaterstück, wenn Besitzer motorisierter Kraftfahrzeuge ein possierliches Guckloch in die vereiste Frontscheibe fräsen. Oder gefrorene Scheiben mit heißem Wasser enteisen. Traurige Pirouetten auf schneebedeckten Straßen runden diese dramatische Operette gekonnt ab. Die Darsteller: Bis zur Halskrause dick eingepackte Protagonisten, die sich in ihrem Sitzen kaum bewegen können, weil die Winterkleidung vermutlich bereits an der Sitzheizung festgeklebt ist. Unser heutiges Schauspiel handelt davon, welche Vorgehensweisen Sie vermeiden sollten, wenn die Welt Ihr Winterkleid trägt. Und wir lupfen zudem den ein oder anderen Irrtum aus dem eisigen Weg. Sichern Sie sich also die besten Plätze – the Show must go on!

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Bild: stock.adobe
Obacht heißt es, wenn der Winter unsere Straßen in eine einzige schimmernde Eisfläche verwandelt. Keiner von uns kann wissen, wie es sich auf den nächsten Metern bremsen lässt oder welch abenteuerliche Fahrweise unser Vordermann an den Tag legt. Das Winterwetter legt uns nahe auf Dinge zu achten, die bei schönem Wetter überhaupt keine Rolle spielen. Und so einfach einige Verhaltensregeln auf den ersten Blick zu sein scheinen, so haben sie dennoch ihren Sinn und helfen. 

Irrtümer im Winter 

1. Halber Tacho Abstand reicht: Auch wenn Sie Ihren Vordermann gern haben: Versuchen Sie nicht herauszufinden, aus welchem Bundesland er kommt und nehmen Sie gebührend Abstand. Denn: Der Bremsweg verdoppelt sich nicht nur bei Schnee, sondern kann sich vervierfachen! Also: Nehmen Sie bei ungeklärten Straßenverhältnissen nicht den halben Tacho, sondern den ganzen Tacho Abstand.

2. Ruckartige Lenkbewegungen erleichtern das Fahren: Mit einer sportlichen und dynamischen Fahrweise auf eisiger Fahrbahn erreichen Sie gelinde gesagt nicht besonders viel. Ihr Auto wird vermutlich nicht reagieren. Dies kann lebensgefährlich werden. Besser: Fahren Sie rund und komfortabel. Als seien Sie innerlich komplett relaxed. Bedacht Gas geben, dann kommen Sie sicher voran.

3. Allrad-Autos fahren sicherer: Der Irrglaube, dass Allrad-PKWs mehr Sicherheit bei Schnee versprechen, hält sich recht gut. Wir differenzieren: Auf vereister Fahrbahn mag dies bei Lenkbewegungen und beim Vorankommen zutreffen. Richten wir unsere Aufmerksamkeit jedoch auf das Bremsen, so fällt auf: Alle Autos, egal ob Vorderrad-, Hinterrad- oder Allradantrieb bremsen mit allen Rädern. Beim Bremsen also sind alle Autos Allrad-Autos. Und schon wird klar: Vorsicht auch mit Allrad. Denn der Bremsweg macht hier keinen Unterschied zu anderes PKWs. Im Gegenteil: Ein Allrad-SUV hat eine hohe Masse. Diese zum Stehen zu bringen ist schwieriger als bei Autos, die nur über Vorderrad- oder Hinterradantrieb verfügen und zumeist leichter sind. 

4. Winterreifen sind Pflicht - von “O“ bis “O“ (Oktober bis Ostern). Wir differenzieren: In Deutschland gilt die situative Winterreifenpflicht, heißt: wir dürfen bei winterlichen Straßenverhältnissen - sprich bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte - nur mit Winterreifen fahren. Die Faustformel von Oktober bis Ostern ist lediglich ein grober Hinweis, der rechtlich keine Relevanz besitzt.

5. Mit dicker Jacke am Steuer sind Sie geschützter: Klar, es ist kalt draußen. Doch dieser üppige Dresscode kann bei einem Unfall gefährlich werden und fatale Folgen mit sich ziehen. Denn bei all den dicken Kleidungsschichten sitzt der Gurt nicht mehr eng genug am Körper und Sie können sich bei einem Unfall schwer verletzen.

Keine gute Idee im Winter

1. Feuchtigkeit ins Auto tragen. Wer sich wie ein Schneeengel ins Auto fallen lässt, bitte hier besonders aufpassen: Vor dem Einstieg ins Auto sollten Sie sich von der weißen Pracht entledigen. Ignorieren Sie die Nässe, riskieren Sie von innen beschlagene Scheiben, Moder, Schimmel und Rost. Deshalb: Regelmäßig gut durchlüften und – die Damen werden entzückt jubilieren - die Heizung stark aufdrehen. 

2. Zeitungen und Pappe als Abdeckfolie umfunktionieren. Logisch: Dieses Material wird feucht und klebt an Ihrer Front- und Heckscheibe fest. 

3. Motor warmlaufen lassen. Dies ist nicht nur störend, umweltbelastend und schädlich für den Motor, sondern laut Paragraph 30 Absatz 1 der StVO verboten.

Das Auto freikratzen – so nicht.

Dieses Thema hat so viel Potenzial, dass es sogar einen eigenen Absatz bekommt. Hier kommen die besten Wege, sich die Scheiben zu ruinieren oder Busgelder einzukassieren.

Die Scheiben mit CD-Hülle freikratzen: In der Eisschicht befindet sich Schmutz, der beim Kratzen wie Schleifpapier wirkt und Glaskratzer hinterlässt. Tipp: Der richtige Eiskratzer spart Kraft und Zeit. Benutzen Sie ein ergonomisch geformtes Gerät und setzen Sie dieses in einem optimalen Winkel von 30 Grad auf der Scheibe an. PS: Ebenfalls zum Freikratzen ungeeignet sind Scheckkarten oder Kochfeldschaber. Übrigens - ein Guckloch freikratzen ist nicht nur gefährlich, sondern wird mit mindestens Zehn Euro Bußgeld geahndet.

Eis durch Vor- und zurück Bewegungen wegkratzen: Auf die richtige Technik kommt es an, sonst haben Sie am Ende ein impressionistisches Kunstwerk aus Kratzspuren auf Ihrer Scheibe. Also: Vereistes nur in eine Richtung abkratzen, damit der Schmutz auf der Scheibe nicht hin- und her gerieben wird und so Kratzer verursachen kann. Tipp: Reinigen Sie Ihre Autoscheiben regelmäßig mit Wasser oder betätigen Sie beim Abstellen Ihres PKWs die Scheibenwaschanlage. Ob Autoscheiben vom Eis entfernen zerkratzen, hängt vor allem davon ab, wie schmutzig sie sind.

Frostschutz im Winter vergessen: Behalten Sie im Winter den Durchblick. Dafür wird ein Reiniger mit Frostschutzanteil in die Scheibenwaschanlage benötigt. Sollten Sie Besagten vergessen, riskieren Sie nicht nur Schäden, sondern auch ein Bußgeld. 

Die Scheibe mit heißem oder lauwarmem Wasser enteisen: Macht keinen Sinn, aber Spannung: Wer sich nicht mit lästigem Eiskratzen begnügen möchte, sondern spät dran ist, kippt einfach eine Ladung heißes oder lauwarmes Wasser auf die Scheiben. Die Physik sagt schließlich, dass so Eis schmilzt. Das tut es. Es können jedoch auch Spannungsrisse aufgrund des starken Temperaturwechsels entstehen.

FAZIT: 

Im Winter brauchen unsere PKWs besonders viel Zuwendung. Und auch unsere Fahrweise sollte den klimatischen Gegebenheiten besonnen angepasst werden. Mit richtiger Technik und passendem Zubehör werden Scheiben wieder anstandslos sauber. Und wer sein Fahrverhalten auf den Straßen entspannt und smart anpasst, der kann mit seinen Lieben die winterweiße Pracht und die gemütliche Jahreszeit umso mehr genießen. Frohe Weihnachten und eine gute Fahrt! |Text: Stefanie Steinbach