Künstliche Intelligenz: Ist ChatGPT der große KI-Durchbruch?

Enormer Hype

Egal ob „Kannst du mir einen 500-Worte-Essay über Nachhaltigkeit schreiben?“, „Wie kocht man Chili con Carne?“ oder auch „Wie endet Harry Potter?“ – diese und weitere Fragen beantwortet die momentan extrem gehypte Software ChatGPT Tag für Tag. Was genau steckt hinter dem intelligenten Chat-Bot, welche Gefahren birgt das Ganze und wie wird die Nutzung solcher Sprachprogramme unser Leben in Zukunft verändern?

cropped-1677750596-6400711f22cb7-bildschirmfoto-2023-03-02-um-10.48.06
Bild: stock.adobe
Wie kam es zu dem Hype?
Matheaufgaben innerhalb von Sekunden lösen, Hausaufgaben, Bewerbungen oder auch ganze Reden sowie Software-Programme schreiben und jegliche Fragen des Alltags beantworten – all das kann das Sprachmodell ChatGPT. Es basiert auf künstlicher Intelligenz und ist momentan in aller Munde, und zwar nicht nur bei technikbegeisterten Menschen. 

Denn anders als bei vielen KI-basierten Technologien zuvor ist ChatGPT für jeden mehr als nützlich und vor allem nutzbar: Das US-amerikanische Unternehmen OpenAI (AI = Artificial Intelligence; dt.: Künstliche Intelligenz) hat das Programm nämlich im Dezember 2022 für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich gemacht. Seitdem nahm der Hype rasend schnell Fahrt auf: Schüler und Studierende erledigten ihre Aufgaben damit, Erwachsene ließen sich Programmier-Codes, Lebensläufe und Briefe schreiben oder befragten ChatGPT zu allen möglichen Alltagsproblemen. Das Sprachmodell bestand sogar eine Juraprüfung an der Universität von Minnesota – und zwar mit der Note 3+.

Was ist KI und was war bislang schon möglich?
Das riesige Potential des Chatbots zeigte sich jedoch ebenso schnell wie mögliche Probleme und Risiken. Fest steht aber: Sprachmodelle wie ChatGPT werden unser Leben in vielen Bereichen verändern. Doch natürlich gab es auch schon vorher Künstliche Intelligenz sowie jede Menge Forschung zu derartigen Sprachmodellen. Das sind Computerprogramme beziehungsweise Algorithmen, die speziell dafür entwickelt wurden, menschliche Sprache einerseits zu verstehen und andererseits auch zu generieren. Dadurch können beispielsweise Texte übersetzt, vervollständigt, zusammengefasst oder auch angereichert werden. Ein Beispiel, wo das bisher bereits genutzt wurde, ist die Sportberichterstattung: Anhand von vorliegenden Daten oder Live-Tickern konnten ganz automatisiert Vor- und Nachberichte erstellt werden. 

Ist ein solches Modell auch „intelligent“, so lernt es selbständig mit, wird stetig optimiert und verbessert sich dadurch kontinuierlich – auch das war bisher schon möglich. ChatGPT ist demnach eher als Evolution denn als wirkliche Revolution zu sehen. Da OpenAI die Software jetzt aber öffentlich verfügbar gemacht hat, sorgt das für extrem viel Aufmerksamkeit. Hinzu kommen die Alltagstauglichkeit, die einfache Verständlichkeit sowie der einfache Zugang: Man muss sich lediglich einmal mit E-Mail-Adresse und Passwort anmelden oder nutzt einfach einen bereits vorhandenen Google- oder Microsoft-Account. Doch was genau steckt nun dahinter?

Was ist ChatGPT und was kann es?
Fragt man das Programm selbst, wie es entstanden ist, lautet die Antwort: „Ich bin von OpenAI mit Maschinellem Lernen aus großen Textkorpora trainiert worden.“. Zeit, das einmal zu „übersetzen“ und auszuführen: ChatGPT ist ein auf künstlicher Intelligenz basierendes Modell für natürliche Sprachverarbeitung – man kann also Fragen stellen und Gespräche mit ihm führen. Es wurde mit einer großen Menge an Texten aus dem Internet trainiert. Dazu gehören neben Nachrichtenartikeln auch Texte aus Social Media und aus Büchern. Durch dieses „Training“ kann ChatGPT eine Vielzahl von Themen diskutieren und jegliche Fragen beantworten und Texte generieren. Es kann sogar vorgegeben werden, wie emotional oder anspruchsvoll die Sprache beispielsweise sein soll. Manchmal muss man die Fragen aktuell neu formulieren oder spezifizieren, doch dann gibt das Programm durchaus sinnvolle, qualifizierte Antworten. 

Daher ist es natürlich besonders interessant für Schüler und Studierende, weshalb in diesem Bereich bereits hitzige Diskussionen am Laufen sind. Denn ChatGPT wird von dieser Zielgruppe teilweise schon für Hausaufgaben wie beispielsweise Aufsätze, Rechenaufgaben oder wissenschaftliche Arbeiten genutzt. Daher müsse hier Experten zufolge vielleicht bald schon ein Umdenken bei den Aufgabenstellungen erfolgen – ähnlich wie beim Aufkommen des Taschenrechners als Hilfsmittel.

Wie könnte KI die Zukunft verändern?
Neben den Schulen und Universitäten als lehrende Institutionen könnten durch künstliche Intelligenz auch große Veränderungen auf Teilbereiche der Geisteswissenschaften zukommen: Während klassische Umfragen und Studien weiterhin notwendig sein dürften, könnte ChatGPT die Forschung, die auf dem Auswerten und Zusammenstellen von Texten beruht, überflüssig machen.  Bereits jetzt reichen die ersten Forschungsteams ChatGPT sogar als Mitautor ihrer Publikationen bei Fachzeitschriften ein. Das Problem dabei ist: Das Programm kann keine Verantwortung für die Arbeit übernehmen und auch nicht verklagt werden. Einige Experten gehen ohnehin davon aus, dass Publikationen in rund zehn Jahres bereits von Sprachmodellen geschrieben werden. 

Auch im Bereich Medizin wird einiges erwartet: So hoffen Forscher, dass die KI hinter ChatGPT in Zukunft dabei helfen könnte, Alzheimer bereits sehr früh zu erkennen. Untersuchungen zufolge kann die Software anhand spontaner Sprache Hinweise identifizieren, die bei der Vorhersage der frühen Stadien von Demenz zu 80 Prozent genau sind – denn Sprachstörungen gelten als früher Indikator für die Erkrankung. 

Vorteile
Und damit sind wir auch schon bei den Vorteilen angelangt. Neben solchen spezielleren Nutzungsmöglichkeiten ist das grundsätzlich Positive offensichtlich: Das Programm ist ein praktischer, kostengünstiger Alltagshelfer. Das schnelle und (zumindest auf die Rechtschreibung bezogene) fehlerfreie Verfassen von Texten oder Auswerten von Daten spart vor allem Zeit. Zudem ist ChatGPT rund um die Uhr verfügbar, kann in mehreren Sprachen kommunizieren beziehungsweise schreiben und nicht zuletzt auch gewinnbringend in der Lehre genutzt werden. So kann das Modell nicht nur Programm-Codes schreiben, sondern vor allem auch erklären. Informatik-Studierenden könnten sich also beispielsweise direkt von ChatGPT erklären lassen, warum es einen Code genau so geschrieben hat, wie er ausgegeben wurde.

Nachteile
Doch genau diese Fähigkeit des Programms zeigt auch einen der vielen Nachteile auf. So kann sich jeder von ChatGPT eben auch schädliche Codes schreiben lassen. Zudem besteht die Gefahr, dass der unbegrenzte Zugang zu Informationen beispielsweise auch von Kriminellen missbraucht werden könnte, um an private oder gefährliche Informationen zu kommen. Mit Blick auf die Trainingsdaten könnten auch diskriminierende oder sexistische Sprache reproduziert oder gezielte Desinformationskampagnen in kostengünstiger Weise erstellt werden. 

Hinzu kommen typische Gefahren wie der Verlust von Arbeitsplätzen oder auch, dass den Menschen das (Mit-) Denken beinahe komplett abgenommen wird. Das reicht vom Schüler, der keinerlei Fähigkeiten im Schreiben von Texten oder im Rechnen mehr erlernt, bis hin zum Erwachsenen, der sich in anderen Fragen zu sehr auf das Programm verlässt. 

Bereits „Dr. Google“ verunsichert tagtäglich zahlreiche Patienten – das könnte auch passieren, wenn ChatGPT ernsthaft zur Beantwortung medizinischer Fragen herangezogen wird. Zudem ist hier die Frage der Haftung unklar, also beispielsweise, wenn das Programm einen Erkrankten völlig falsch berät. 

Experten kritisieren außerdem, dass nicht wirklich transparent sei, wie ChatGPT eigentlich zu seinen Ergebnissen komme. Die Quellen seien demnach oft nicht nachvollziehbar, was sich auch in inhaltlichen Fehlern widerspiegelt, die Nutzern zufolge immer wieder vorkommen. Zuletzt geisterten Screenshots durch das Netz, die zeigten, dass die künstliche Intelligenz nun mal nicht fehlerfrei ist. Auf eine typische Scherzfrage wie „Annas Mutter hat 4 Kinder, 3 davon heißen Max, Felix und Christina. Wie heißt das vierte Kind?“ antwortet ChatGPT nämlich: „Es ist nicht bekannt, wie das vierte Kind heißt.“.

Und wie geht es nun mit ChatGPT und künstlicher Intelligenz weiter? Zuletzt wurde bekannt, dass OpenAI an einer kostenpflichtigen Premium-Variante von ChatGPT arbeitet. Bereits jetzt frisst die Anwendung eine große Menge Serverlast und ist wegen Überbeanspruchung nicht immer erreichbar. Zudem tauchen bereits zahlreiche Apps auf, die richtige Abo-Kostenfallen sind. 

Die neue Premiumversion mit dem Arbeitstitel „ChatGPT Professional“ soll die Gratisversion jedoch nicht ersetzen, sondern vielmehr dauerhaft erreichbar sein und den zahlenden Nutzern Vorrang gewähren. Der genaue Preis steht aber noch nicht fest, das amerikanische Technikportal „The Verge“ sprach zuletzt aber von einem Preis von 42 US-Dollar pro Monat.

Doch auch die Konkurrenz schläft nicht – verständlicherweise: Denn Google könnte durch eine verstärkte Nutzung von ChatGPT möglicherweise überflüssig werden. Das Unternehmen hat seit Jahren selbst viel Geld in die KI-Forschung gesteckt und vergleichbare Tools bereits mehrfach vorgezeigt, aber im Gegensatz zu OpenAI nie für die breite Öffentlichkeit freigegeben. Laut einem Bericht der „New York Times“ will Google schon bald über zwanzig neue Produkte aus dem Bereich „Künstliche Intelligenz“ vorstellen. Darunter befindet sich dem Magazin zufolge ebenfalls ein Chatbot, der bei der Google-Suche optional zur Verfügung stehen und ganz ähnlich wie ChatGPT funktionieren soll. Hinzu kommen unter anderem wohl ein KI-basiertes Green-Screen-Feature für Youtube-Videos sowie ein „Image Generation Studio“, mit dem KI-Bilder erzeugt und bearbeitet werden können.

Auch Facebook zieht mit und hat unter dem Namen OPT ein neues Sprachmodell vorgestellt, während die Text-KI „Jasper.AI“ vor allem für kreative und gleichzeitig suchmaschinenoptimierte Texte geeignet sein soll. 

Von einem Deutschen wurde wiederum YouChat beziehungsweise You.com gegründet: Dahinter steckt die erste bekannte und frei zugängliche Suchmaschine, die einen Chatassistenten in die Suchergebnisse integriert. 

Und das sind nur einige der vielen Tools, die bereits auf dem Markt sind oder in den Startlöchern stehen – aufgrund des großen Hypes rund um das Thema KI und Sprachprogramme dürfte zukünftig noch einiges in diesem Bereich auf uns zukommen.

FAZIT: ChatGPT ist ein von OpenAI entwickeltes Sprachmodell, das auf künstlicher Intelligenz (KI) basiert und verschiedene Fragen beantworten und Texte erstellen kann. Das Programm wurde im Dezember 2022 öffentlich zugänglich gemacht und sorgt seitdem für hitzige Diskussionen – beispielsweise im Kontext von Bildungseinrichtungen oder in der Medizin. Obwohl ChatGPT großes Potenzial hat, birgt es auch Risiken und Probleme. Fest steht aber, dass es unser Leben in Zukunft verändern wird. |Text: Vera Mergle