Ministerpräsident Söder beim Neujahrsempfang der CSU im Allgäu

»Wir sind Freistaat, nicht Zwangsstaat.«

Kempten…Dr. Markus Söder hat Glück gehabt. 2021 wurde er nicht zum Kanzlerkandidaten der Union erkoren. Diese Ehre wurde Armin Laschet zuteil, der heute bekanntlich als kleiner Fisch im großen Teich schwimmt, während Markus Söder immer noch der große, begehrte Fisch im „kleinen" Teich ist. Bundespolitischen Ambitionen hat der Bayerische Ministerpräsident voerst abgeschworen, er konzentriert sich darauf, den Bayern, Franken, Schwaben und Zugereisten ein guter Landesvater zu sein, was ihm laut BR-BayernTrend zusehends besser gelingt.

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Ministerpräsident Dr. Markus Söder war Ehrengast des Neujahrsempfangs 2023 der CSU Kempten Oberallgäu.Bild: Jörg Spielberg
„Fan des Allgäus"

Nun wurde er von seinem Parteifreund, dem Kemptener Stadtrat und Fraktionsvorsitzenden der CSU im Bayerischen Landtag Thomas Kreuzer zum Neujahrsempfang der CSU nach Kempten eingeladen. Markus Söder, ein „Fan" des Allgäus, nahm diese Einladung gerne an, wenngleich Kreuzer am Abend nicht erscheinen konnte, da er sich zeitgleich im BR bei einer Live-Diskussion mit politischen Mitbewerbern auseinandersetzen musste. Dafür erschien die große Garde der Allgäuer Christsozialen von den Altbürgermeistern Dr. Josef Höß und Dr. Ulrich Netzer, über die Altlandräte Anton Klotz und Gebhard Kaiser, vom Landtagsabgeordenten und Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft der Bergbauern Eric Beißwenger bis hin zur Bundestagsabgeordenten Mechthilde Wittmann. Die rund 400 Gäste des Abends wurden in der bigBOX durch Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle und einige Glück verheißende Schornsteinfeger begrüßt. Für den musikalischen Rahmen sorgte der Musikverein Sankt Mang.

Vorrednerin Mechthilde Wittmann

Als Vorrednerin zum Bayerischen Ministerpräsidenten sprach Mechthilde Wittmann. Sie fordert in schwierigen Zeiten ein Zusammenstehen und hartes Vorgehen des Rechtsstaates gegen Chaoten, wie denen, die in der Silvesternacht in Berlin Einsatzkräfte attackierten, sich als selbsternannte Klimaretter auf Straßen kleben oder als Reichsbürger krude Ideen unter das Volk bringen. „Einer für alle, alle für einen!", ist das Motto, das die Bundestagsabgeordente stattdessen ausgibt und trotz allem optimistisch in die Zukunft schaut. Mechthilde Wittmann beschreibt Markus Söder als verlässliche Führungsperson, der den Freistaat durch die Coronazeit ruhig und souverän geführt habe. „Wir starten gerne mit Markus Söder ins neue Jahr.", so Wittmann.

Vom Regen in die Traufe

An den Anfang seiner Rede setzt Dr. Markus Söder ein großes Dankeschön an den Mann, der ihn zum Neujahrsempfang eingeladen hat und der kein weiteres Mal bei einer bayerischen Landtagswahl antreten wird und sein Amt als Fraktionsvorsitzender der CSU Ende des Jahres niederlegen wird. „Thomas Kreuzer ist ein Großer der bayerischen Landespolitik und ich zolle ihm Respekt, wenn er nun den Zeitpunkt seines Abschieds aus der aktiven Politik selbst bestimmt.", so Markus Söder, der mit Kreuzer 1994 gemeinsam in den Bayerischen Landtag einzog. Zu Beginn des vergangenen Jahres, so Söder, sei er froh gewesen das Bedrohlichste der Coronazeit überstanden zu haben, als er, wie allen anderen, vom Ausbruch des Krieges in der Ukraine überrascht wurde. Die Ereignisse dort aber dürften die Bayern nicht fassungslos machen, sondern sie im Gegenteil aktiv werden lassen, sei es bei der Hilfe für Flüchtlinge, als auch bei der Unterstützung der Ukraine gegen den Angreifer Russland. Söder rechnet vor, dass Bayern mehr Flüchtlinge aufgenommen habe als Frankreich und konstatiert: „Bayern hat sein großes Herz gezeigt, ich würde mir wünschen, das würden auch andere tun." Kritisch sieht Söder das Auftreten der deutschen Verteidigungsminsterin Christine Lambrecht, der er den Rücktritt nahelegt. „Wir haben noch immer nur Munition für ein paar Tage, es gab Urlaubsausflüge mit dem Hubschrauber an die Nordsee aber als militärische Soforthilfe für die Ukraine nur peinliche 5.000 Helme."



Kernenergie – solange wie nötig

Bei der Energiepolitik steht Söder für Pragmatismus statt Ideologie. Der bayerische Ministerpräsident fordert die Bundesregierung in Person von Wirtschaftsminister Robert Habeck auf, die Energieversorgung Deutschlands nicht nur bis April zu denken. Wenn es nötig sei, müsse im Sinne der Bürger und der Wirtschaft die Kernenergie solange weiter genutzt werden, bis diese tatsächlich durch andere Energieträger ersetzt werden kann, so Söder. Dieser attestiert dem Freistaat Vorreiter bei erneuerbaren Energien zu sein, ob im Bereich Photovoltaik, Bioenergie oder Wasserkraft. Lediglich bei der Windkraft sei Bayern tatsächlich Schlusslicht, was laut Söder u.a. mit der schlechteren Energieeffizienz der Windkraft in Süddeutschland zu tun habe. Klimaaktivisten gesteht Söder Kritik an der Energiepolitik zu, solange deren Protestformen nicht die Rechte anderer oder die öffentliche Ordnung einschränken oder gefährden. In diesem Zusammenhang äußert Söder seinen Unmut über die Neigung mancher Landsleute, die eigene Moral über die anderer zu stellen. Dies würde vielfach als Bevormundung empfunden, sei es das Krakeelen militanter KlimaschützerInnen, Ratschläge zum Umgang mit Waschlappen oder die Empfehlung vegane Hähndl auf d'Wiesn zu kredenzen. Auch die hypermoralische Performanz der deutschen Nationalmannschaft bei der WM habe bisweilen im Ausland zu Irritationen geführt, zumal die sportlichen Ziele nicht erreicht wurden. „Bayern ist ein Freistaat, nicht ein Zwangsstaat!", sagt Markus Söder und rückt die allgegenwärtige „Wokeness" (Wachsamkeit) in die Nähe eines illiberalen Spießertums.

Bayerisch selbstbewusst

Dem Freistaat selbst stellt Markus Söder ein gutes Zeugnis aus. Bei Forschung und Entwicklung und der Inneren Sicherheit sei Bayern weiterhin in Deutschland führend. „Wir haben die niedrigste Kriminalitätsrate und die höchste Aufklärungsquote. Das liegt auch daran, dass wir, anders als der Berliner Senat, unseren Polizisten Rückendeckung geben. Und um rechtsfreie Räume zu verhindern, brauchen wir in Bayern auch kein Böllerverbot.", so ein selbstbewusster bayerischer Ministerpräsident. In der Forschung, wie u.a. bei der Künstlichen Intelligenz, sieht Söder Bayern auf Augenhöhe mit Wettbewerbern „…wie Mumbai, Shanghai oder dem Silikon Valley." Die berufliche Ausbildung, wie das Erlangen des Meistertitels, möchte der Ministerpräsident der Akademischen gleichstellen. In der Sozialpolitik verteidigt Söder das Pflege- und Familiengeld, „…eine Unterstützung, die gerade pflegenden Angehörigen zu Gute kommt." Allzu kluge Ratschläge zu diesen Themenfeldern aus anderen Bundesländern verbittet sich der bayerische Ministerpräsident. „Bis 1980 hat der Freistaat vom Länderfinanzausgleich 3,4 Mrd. Euro erhalten, danach 100 Mrd. in diesen einbezahlt. Wir sind solidarisch, aber nicht naiv." Da ist er wieder der Moment, wenn der große Teich nach dem großen Fisch ruft.