ratiopharm ulm verliert erstes Heimspiel gegen die Boulogne Metropolitans 92

Energische Unterstützung trotz reduzierter Zuschauerzahl

Mit frischen Beinen und angefeuert von einem Publikum, das erneut deutlich lauter war, als seine bloße Anzahl vermuten ließ, verlor ratiopharm ulm sein erstes Heimspiel vor 600 Fans. Wenngleich Per Günther, dem mit 12 Punkten und fünf Assists eine starke Leistung gelang, der verpassten Siegchance nachtrauerte, erlebten die anwesenden Fans eine Reihe von Momenten, die sie die Corona-bedingten Entbehrungen vergessen ließen.

Den Acht-Meter-Dreier von Andi Obst, die Perfektion von Aric Holman – der auch seinen sechsten Distanzwurf ohne Fehler versenkte – oder die Attacken von Per Günther, die den 32-Jährigen noch immer unverwechselbar machen. Das Publikum erlebte aber auch eine Niederlage, die „uns weh tat“ (Günther) und die bei Jaka Lakovic den Wunsch auf eine steile Lernkurve weckte. „Wie in Brescia sind uns heute im letzten Viertel zu viele Fehler unterlaufen“, so der Head Coach von ratiopharm ulm. Die Zeit, diese Fehler anzugehen, wird in den nächsten Wochen immer knapper. Denn ab diesem Samstag, also dem Pokal-Spiel gegen Bamberg, beginnt für ratiopharm ulm eine Phase, in der regelmäßig zwei Spiele pro Woche anstehen. „Die Partien der nächsten Wochen werden nicht einfacher, weshalb die Niederlage heute umso schmerzhafter ist“, so Günther.

Im Fokus:

Mit drei Spielern, die zusammen 14 von 17 Dreiern trafen und eine Team-Trefferquote von 60 Prozent erlebte ratiopharm ulm eine herausragende Dreipunkte-Performance. Angeführt von Aric Holman, der sich bei sechs Dreiern keinen Fehlwurf leistet und Andi Obst (5/6), der auch die unmöglichsten Würfe traf, war es der Distanzwurf, der ratiopharm ulm über den fehlenden Spielrhythmus hinweghalf. Da John Petrucelli neben seinen drei Steals auch noch aus der Distanz traf (3/5), hatten die Gastgeber bis in die letzten Minuten eine Siegchance. Doch so geschmeidig wie die Dreier durchs Netz flutschten, so nachlässig waren die Ulmer bei „den Details, die auf dem Topniveau den Unterschied ausmachen“. Was Lakovic bemängelte, spiegelt sich in den Statistiken in 19 Ballverlusten und 13 abgegebenen Offensivrebounds wider.

Und Jaka Lakovic hatte sein junges Team gewarnt: „So eine Art der Verteidigung haben wir noch nicht gesehen.“ Und so kam es auch: Mit physischem Druck und schnellen Händen zwangen die Franzosen ratiopharm ulm zu Ballverlusten und einem 0:9-Lauf nach drei gespielten Minuten. Nach überstandenen Anlaufschwierigkeiten und mit Per Günther auf dem Parkett antworteten die Uuulmer dann ihrerseits mit einem Lauf: mit 12 unbeantworteten Punkten fand ratiopharm ulm in die Partie (12:9, 6. Min), ehe den Gästen wieder ein Run gelang (0:8), den ratiopharm ulm zu Beginn des zweiten Viertels erneut mit zehn Punkten in Serie (28:22) beantwortete.
Es dauerte also eine Weile, ehe eine Mannschaft dem Spiel ihren Stempel aufdrückte. ratiopharm ulm tat dies mit einer starken Dreierquote (5/10), zu der allein Andi Obst drei Treffer beitrug und einem John Petrucelli, der einmal mehr den defensiven Ton angab. Und da war ja auch noch Aric Holman: Der schlaksige Big Man mit dem lockeren Handgelenk netzte innerhalb kürzester Zeit ebenfalls zwei Dreier ein. Doch so gut die Uuulmer aus der Distanz trafen, der französische Tabellenführer hatte sich mit cleverem Teamplay wieder in Schlagdistanz gebracht (40:37, 19.). Eine Halbzeit, „die wir unsicher angefangen haben“, wie Tommy Klepeisz im Interview beschrieb, endete dann mit einem Korbleger, der die Punkte sieben und acht auf das Konto von Per Günther brachte (43:40). Und Klepeisz, der mit seiner verletzten Hand erneut zuschauen musste, schien insbesondere Aric Holman angesprochen zu haben, als er sagte: „Wir haben für die zweiten 20 Minuten noch einiges im Petto.“

Mit neun Punkten in Serie brachte Holman sein Team mit 53:49 in Front. Dann gab es einen kleinen Bruch im Ulmer Spiel, den die Pariser mit einem 8:0-Run ausnutzten (53:58). Mit Dylan Osetkowski foulbelastet auf der Bank (3. Foul, 26.), kam der 20-jährige Nat Diallo erneut zu vielen Spielanteilen (20:46 Min). Die Arena in Ektase bzw. die Ulmer wieder in Front brachte allerdings Andi Obst: Erst versenkte er einen Dreier unter Bedrängnis und mit Ablauf der Angriffszeit, dann drückte er aus gut acht Metern ab und traf zum 61:58. Doch die erhoffte Explosion blieb aus: Mit ihrer galligen – und immer wieder zwischen Mann- und Zonen-Verteidigung wechselnden Defense unterbanden die Franzosen das Ulmer Spiel. Und als dann auch noch Big Man Tomer Ginat von außen traf, lagen die Gastgeber in der 34. Minute mit 66:71 zurück. Dann waren es zwei abgegebene Offensivrebounds und fünf Punkte in Folge durch den Ex-Bamberger Assem Marei, die den Rückstand auf sieben Zähler anwachsen ließ (37.). Und als es noch einmal eng wurde – nachdem Günther mit vier und Petrucelli mit drei Zählern den Rückstand auf 76:78 gedrückt hatten – war es ausgerechnet Günther, dem ein Offensivfoul unterlief. Anstatt den Fuß noch einmal entscheidend in die Partie zu bekommen, erstickte Anthony Brown mit zwei Dreiern die Uuulmer Hoffnungen.

O-Ton nach dem Spiel 

Trainer Jaka Lakovic: „Der größte Faktor, der zur Niederlage geführt hat, war heute unser Verhalten beim Rebounding. Insgesamt konnte unser Gegner zu viele Punkte durch offensive Rebounds markieren. Das müssen wir uns ankreiden lassen, weil wir an dieser Stelle zu wenig Einsatz und Intensität gezeigt haben. Auch unsere 19 Turnover haben uns weh getan. Ähnlich, wie in Brescia, sind uns heute im Schlussviertel zu viele Fehler unterlaufen. Daraus muss unsere junge Mannschaft lernen.“

Kapitän Per Günther: „Uns hat heute die Intensität im dritten Viertel gefehlt. Hinzu kam, dass wir in den letzten zehn Minuten nicht präsent genug unter den Körben waren. Jeder, der diesen Wettbewerb kennt, weiß, wie wichtig Heimspiele sind, um weiter zu kommen. Die kommenden Aufgaben werden nicht einfacher. Dementsprechend tut uns diese Niederlage heute sehr weh. Ich glaube, dass wir trotz der Ausfälle von Spielern wie Patrick, Tommy und Isaiah heute die Qualität hatten, um das Spiel zu gewinnen. Das ist uns aber leider nicht gelungen.“