Tätowierungen: Argumente für und gegen Tattoos

Ausdruck der Persönlichkeit oder kritischer Trend?

Für viele Menschen stellt das Stechen von Tätowierungen eine Verschönerung des Körpers dar. Durch sie können persönliche Interessen und die Individualität widergespiegelt werden. Doch ist der Ausdruck der Persönlichkeit ausreichend für ein permanentes Tattoo?

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Bild: stock.adobe / Haramis Kalfar
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Felix Ludmann: Inhaber „Tattoo & Piercing by Felix“Bild: Tattoo & Piercing by Felix
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Dr. med. Thomas Titzmann:Dermatologe „ALDERMA Praxisklinik und Hautarztpraxis Dr. Titzmann“Bild: TRENDYone
PRO: 

Felix Ludmann
(Inhaber „Tattoo & Piercing by Felix“)

Wir von TRENDYone wollten das genauer wissen und haben einen Experten gefragt. Tätowierer Felix Ludmann sprach mit uns über Argumente für eine Tattoo-Entscheidung. 

Wie stehen Sie zu dem Thema „Tätowierungen“?

Blöd gesagt: Ich mag Tattoos und verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Ich habe eine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Seit 2013 betreibe ich das Studio „Tattoo & Piercing by Felix“ in Augsburg. Im Laufe der Jahre kamen noch weitere Standorte und Kooperationen hinzu. Wäre das Thema in unserer Gesellschaft nicht so weit verbreitet, wäre mein Laden nie so erfolgreich geworden.

Welche Bedeutung haben Tätowierungen für Sie?

„Bedeutung“ ist ein sehr weiter Begriff. Tattoos sind ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Das geht vom klassischen Geburtsdatum einer geliebten Person, bis hin zu kunstvollen Darstellungen einer persönlichen Geschichte. Mit Tattoos kann man seine Einstellung zur Gesellschaft, als auch Wendepunkte im eigenen Leben verewigen – ob man diese zur Schau stellt oder überhaupt klar definieren kann, ist dabei egal. Es gibt viele, die dieses Mittel zur reinen Selbstdarstellung nutzen, mindestens genauso viele machen das aber für sich allein.

Sehen Sie die Tattooentfernungsmethode „Lasern“ als eine gute Option?

Um Jugendsünden loszuwerden, beziehungsweise für ein Coverup vorzubereiten auf jeden Fall. Man sollte es aber nicht als „Radiergummi“ missverstehen. Alle Jahre wieder wirbt irgendjemand damit „semipermanente“ Tattoos zu stechen, die nach wenigen Monaten verschwinden. Menschen, die sich darauf eingelassen haben, rennen leider Jahre später immer noch mit dem Ergebnis rum. Wer sich für ein Tattoo entscheidet sollte grundsätzlich davon ausgehen, dass es bleibt. Auch die beste Laserbehandlung sorgt nicht unbedingt für ein komplett entferntes Tattoo. Es ist schmerzhaft und ein langer Prozess. Da gilt es sich von vornherein genau zu überlegen was man möchte und wen man letztendlich an seine Haut lässt.

Was halten sie von dem jüngsten Verbot in Bezug auf bestimmte Tattoo-Farben?

Wie wohl die meisten Tätowierer und Studiobetreiber nicht sehr viel. Nicht falsch verstehen – es ist gut und richtig Farben zu kontrollieren und Regelungen zu Inhaltsstoffen aufzustellen, schließlich setzen wir uns mit jedem Tattoo einem gewissen Risiko aus. Aber das sollte in Zusammenarbeit mit denen passieren, die tatsächlich Erfahrung mit der Materie haben. Ohne feste Studiengrundlage, trotz Jahrzenterlanger Erfahrung, unterschiedlichste Branchen und betroffene Bereiche mit diesen Verboten über einen Kamm zu scheren bringt niemandem etwas. Wenn man bedenkt wie viele Farben durch das Verbot im Müll gelandet und um wie vieles teurer die neuen Produkte sind, ist das leider auch finanziell ein großer Faktor. Die Farbhersteller haben natürlich großes Interesse daran, den europäischen Markt nicht zu verlieren und haben somit schnell für neue Farben gesorgt. Trotzdem ist das derzeit eine riesige Umstellung für alle Tätowierer. Neue Farben bedeuten immer Unsicherheit in Bezug auf Verarbeitung, Heilung und Haltbarkeit am Kunden.

Welche weiteren Argumente sprechen für Sie für Tätowierungen?

Für viele sind Tattoos eine Form der Selbstverwirklichung. Andere schminken sich, machen Sport, kleiden sich auf bestimmte Art, oder ähnliches. Besonders für Menschen mit ungeliebten Narben ist das eine große Hilfe sich im eigenen Körper wieder wohler zu fühlen.

CONTRA: 

Dr. med. Thomas Titzmann
(Dermatologe „ALDERMA Praxisklinik und Hautarztpraxis Dr. Titzmann“)

Tattoos sind ein sehr beliebter Körperschmuck und schon lange Teil der menschlichen Kultur. Auch wenn Tätowierungen immer gesellschaftsfähiger werden, gibt es dennoch Komplikationen in Bezug auf die Gesundheit oder die zukünftige Jobsuche. TRENDYone sprach mit Hautarzt Dr. med. Thomas Titzmann über Argumente gegen eine permanente Tätowierung.

Wie stehen Sie zu dem Thema „Tätowierungen“?

Prinzipiell stehe ich Tätowierungen offen gegenüber. Es gibt schöne Tattoos, aber leider auch einige misslungene oder nicht so gut gestochene, die wir täglich bei uns in der Praxis sehen.

Stellen Tätowierungen hohe Gesundheitsrisiken dar, wenn ja welche?

Das Gesundheitsrisiko von Tattoos ist überschaubar, aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass Tattoo-Farben oft karzinogene Stoffe (eine Krebs fördernde Substanz) enthalten, die – einmal in den Körper eingebracht – auch für immer dort bleiben. Wir können zwar mit geeigneten Tattoo-Lasern das Pigment in der Haut entfernen, aber auch die karzinogenen Abbaustoffe werden für immer in den regionalen Lymphknoten gespeichert. Manche Farben enthalten Schwermetalle, die zum Teil bei einer medizinischen MRT-Untersuchung reagieren können. Neben dem (geringeren) Krebsrisiko ist das Allergie-Risiko deutlich höher: Viele Farbstoffe können eine Kontaktallergie auslösen, am häufigsten der Farbstoff Rot. Hinzu kommt das normale Infektionsrisiko über unsterile Nadeln oder verunreinigte Farbstoffe. Die Folge kann ein bakterieller Abszess oder auch die Übertragung von Viren (z.B. Herpes, Hepatitis, selten HIV) sein. Selbst eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung kann durch großflächige Tattoos zumindest erschwert sein, sodass gegebenenfalls Hauttumore nicht mehr sicher diagnostiziert werden können.

Sehen Sie die Tattooentfernungsmethode „Lasern“ als eine gute Option?

Es gibt mehrere gut geeignete Laser: Für das „normale“ Schwarz sind alle verwendbar. Bei Rot und Grün wird es schon schwieriger, aber auch da ist die Entfernung gut möglich. Bei Weiß muss man vorsichtig sein, hier kommt es bei einer Lasertherapie oft zum Farbumschlag nach Lila. Farben wie Gelb, Orange und Hellblau lassen sich meist gar nicht entfernen. In jedem Fall sollte nur ein lasererfahrener Hautarzt mit Laser-Fachkunde mit dem Tattoo-Laser arbeiten.     

Was halten sie von dem jüngsten Verbot in Bezug auf bestimmte Tattoo-Farben?

Es ist sicherlich richtig, dass karzinogene Stoffe und Schwermetalle inzwischen verboten sind – früher wurden sogar Autolacke verwendet – aber das Problem ist, dass viele Inhaltsstoffe nicht deklariert sind und letztlich wird zwar schon lange über Tattoo-Farben geforscht (insbesondere an der Uniklinik Regensburg), aber Vieles ist nach wie vor unbekannt.

Welche weiteren Argumente sprechen für Sie gegen Tätowierungen?

Geschmack verändert sich. Das Tattoo-Motiv von heute gefällt mir morgen vielleicht nicht mehr, aber Tattoos bleiben zum Teil für immer. Unser Körper verändert sich. Das Sixpack von heute verschwindet in den Bauchfalten von morgen und damit eventuell auch ein Teil des Tattoos. Der Name des Partners ändert sich heute häufiger. Bei der Berufswahl zum Polizisten oder zur Stewardess sind Tattoos oft verboten, manchmal am gesamten Körper, manchmal nur an sichtbaren Stellen. Aber auch ohne Verbot empfinden viele Arbeitgeber sichtbare Tattoos oft als „no go“ und sie erschweren einen erfolgreichen Jobwechsel/Start. Wenn jemand aber unbedingt ein Tattoo haben möchte, dann empfehle ich die Farbe Schwarz, da sie am leichtesten mit einem Qualitäts-Laser zu entfernen ist. Handrücken, Hals und Gesicht (aber auch Pigmentmale) sollten unbedingt ausgespart bleiben, was für die meisten Tätowierer aber auch selbstverständlich ist.

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