Colosseum Center in Kempten klagt

«Es reicht!»

Der erneute Lockdown zwingt die Familie Dietel-Sing aus Kempten nun ein zweites Mal dazu ihre sieben Kinos in der Kemptener Innenstadt zu schliessen. Dabei hatte die Betreiberfamilie alle erforderlichen Schutzmaßnahmen vollzogen und den Gästen ihres traditionsreichen Lichtspielhauses höchstmögliche Sicherheit geboten, was durch entsprechende Zahlen belegt wird. Da der erneute Lockdown das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens gefährdet, entschloss sich die Familie Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht zu erheben. Im folgenden hierzu die Pressemitteilung der Familie Dietel-Sing:

Es reicht, wir klagen! Colosseum Center erhebt Popularklage gegen mehrere Bestimmungen des Corona-Lockdowns.

„Jeder Bewohner Bayerns, der sich durch eine Behörde in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt fühlt, kann den Schutz des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes anrufen.“ (Art. 120 Bayerische Verfassung)

Die Familie Dietel-Sing, Betreiber des Colosseum Centers, dem Kino in Kempten, sowie des Restaurants Starlet, hat am Samstag (31.10.2020) Popularklage und einen entsprechenden Eilantrag vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhoben.

„Corona macht uns allen Sorgen“, so Andrea Dietel-Sing, die Geschäftsführerin des Colosseum Centers. „Niemand will an Corona erkranken. Daher finden wir es richtig und wichtig, dass wir Hygienekonzepte beachten müssen. Selbst wenn das bedeutet, dass wir nur maximal ein Drittel der Sitzplätze besetzen können.“ Mit Blick auf den neuen Lockdown meint Andrea Dietel-Sing aber: „Wir alle haben kein Verständnis dafür, dass wir schon wieder unser Kino schließen müssen. Wenn es einen Corona-Ausbruch in Verbindung mit unserem Haus gegeben hätte, könnte ich es noch verstehen. Auch wenn das Robert-Koch-Institut Kinos und Kulturstätten als gefährlich betrachten würde, wäre es für uns nachvollziehbar. Das trifft aber alles nicht zu. Die Maßnahme erscheint uns daher vollkommen willkürlich.“

Auch Pia Sing, die zukünftige Nachfolgerin von Andrea Dietel-Sing, ist frustriert: „Überall heißt es, dass private Feiern ein riesiger Infektionsherd sind. Das Robert-Koch-Institut nennt bspw. auch noch Gottesdienste als Problem. Wenn ich vollgestopfte Busse sehe, wundere ich mich nicht über die hohen Infektionszahlen. Aber bestraft werden wir Kulturveranstalter und Gastronomen. Wir glauben auch nicht, dass die Regierung diese harten Maßnahmen Ende November aufhebt. Auch glauben wir nicht daran, dass der Staat uns 75% unseres Umsatzes übernehmen wird. Vor Allem aber wollen wir auch nicht dem Staat auf der Tasche liegen, sondern arbeiten.“

Die Popularklage ist ein einzigartiges Instrument in Bayern. Sie erlaubt es jedem Einwohner Bayerns gegen Rechtsvorschriften vorzugehen, die seiner Meinung nach gegen die Bayerische Verfassung verstoßen. Anders als bei der Verfassungsbeschwerde nach dem Grundgesetz muss dabei nicht zuerst der reguläre Rechtsweg beschritten werden. Auch muss der Kläger nicht selbst von der Grundrechtsverletzung betroffen sein.

Matthias Sing, hauptberuflich eigentlich Rechtsreferendar, erklärt den Schritt zum Bayrischen Verfassungsgerichtshof: „Die aktuell beschlossenen Berufsverbote sind ein riesiger Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 101 der Bayerischen Verfassung. Das kann natürlich gerechtfertigt sein, wenn der Gesundheitsschutz das erforderlich macht. Die Gerichte haben zum Anfang der Pandemie deshalb zu Recht die meisten Maßnahmen bestätigt, weil niemand wusste, welche Maßnahmen wirken und welche nicht. Jetzt im November sind wir aber schlauer. Wir wissen, dass es überall dort Probleme gibt, wo Mindestabstände etc. nicht eingehalten werden können. Das ist aber im Kino, in Konzerten oder der Gastronomie nun mal gewährleistet. Daher sehen wir recht gute Chancen, dass der Verfassungsgerichtshof unserer Auffassung folgt, dass die Betriebsschließungen schlichtweg nicht geeignet und erforderlich sind, um das Infektionsgeschehen zu bekämpfen. Zumal der Verordnungsgeber es unterlässt, schärfere Maßnahmen in den Bereichen zu verhängen, die das Robert-Koch-Institut als besonders infektionsträchtig ansieht. Besonders im Bereich der Kultur kommt hinzu, dass der Freistaat Bayern in der Verfassung die Förderung von Kunst und Kultur vorschreibt. Die Schließung von uns Kulturbetrieben ist aber nun einmal das genaue Gegenteil.“

Ferner verweist Matthias Sing darauf, dass die Gerichte bereits jetzt in ihren Eilbeschlüssen zur Sperrstunde oder dem Beherbergungsverbot erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit gezeigt haben. Die Betriebsschließungen greifen aber härter in die Grundrechte der Betroffenen ein.

Andrea Dietel-Sing, Geschäftsführerin