Mythen, Rituale und Bräuche rund um die Schwangerschaft

Es war einmal..

Tanzen Sie bei Vollmond drei Mal um ein Glas Orangensaft und werfen Sie dabei eine Zitrone in die Luft. Dann bekommen Sie ein Mädchen. Wenn Sie sich einen Jungen wünschen, dann werfen Sie eine Münze. Glauben Sie uns nicht? Gut so. Wir klären die bekanntesten Mythen rund um das Wunder des Lebens auf und verraten Ihnen die schönsten Bräuche zur Geburt.

Die Fruchtbarkeitsmythen 

Wer ein Baby möchte, sollte nach dem Sex liegen bleiben
Stimmt nicht. Eine Bewegungsstarre nach dem Höhepunkt bringt nichts. Auch müssen die Damen ihre Beine nicht zu einer Kerze heben oder sich ein Kissen unter den Po schieben, um die Spermien in die richtige Richtung zu schubsen. Es gibt keine einzige Studie, die eine Wirksamkeit dieser sportlichen Verrenkungen belegt.

Der weibliche Orgasmus erleichtert die Befruchtung
Dafür gibt es noch keine Belege. Mediziner vermuten, dass Spermien schneller befördert werden, wenn sich die Gebärmutter durch den Orgasmus zusammen zieht. Jedoch zeigten bis-
herige Versuche, mit einem Hormon diese Kontraktionen zu fördern, um so den vermuteten Effekt zu erzielen, keinen Erfolg. 

Rauchen verringert die Fruchtbarkeit
Stimmt. Unter anderem wirkt sich Zigarettenkonsum negativ auf das Wachstum der Eizellen aus. Außerdem nimmt die Konzentration der für die Einnistung der Eizelle wichtigen Hormone Östradiol und Progesteron ab. Auch zu beachten: Wer Zigaretten konsumiert, ist kürzer fruchtbar. Bei Raucherinnen setzen die Wechseljahre bis zu vier Jahre früher ein.

An fruchtbaren Tagen wirken Frauen besonders attraktiv
Stimmt. Die Hormone, oftmals bekannt als Unruhestifter und Endgegner, haben eine soziale Ader: Sie sind dafür verantwortlich, dass Frauen an ihren fruchtbaren Tagen noch hübscher aussehen als sonst. Der Östrogenspiegel ist massiv erhöht und sorgt für eine glatte Haut und gute Laune. „Zudem geben Frauen über ihre Haut Sexuallockstoffe – sogenannte Pheromone – ab, die auf Männer eine betörende Wirkung haben und die Frauen selbst sexuell aktiver werden lassen“, sagt Dr. med. Peter Rosenbaum, Oberarzt an den Universitätskliniken im Saarland. So sorgt Mutter Natur dafür, dass ein Paar in der „richtigen Zeitspanne“ zusammenfindet. 

Eine gesunde Ernährung hilft, rasch schwanger zu werden
Stimmt indirekt. Vermutlich hat eine gesunde Ernährung keinen direkten Einfluss auf die Chance eines Babybauches, dennoch kann sich Unter- und Übergewicht, das oft Folge eines ungesunden Speiseplans ist, negativ auswirken. Laut Ernährungsexperten fällt bei extrem untergewichtigen Frauen der Zyklus und somit die Regelblutung aus. Stark übergewichtige Frauen produzieren dagegen im Fettgewebe männliche Hormone, welches häufig zum Ausbleiben von Eisprung und Periode führt. 

Täglicher Sex verschlechtert die Qualität der Spermien
Stimmt nicht. Nach den neuesten Ergebnissen der Wissenschaft ist nicht die Anzahl der Spermien ausschlaggebend, sondern die Fitness der kleinen Schwimmer: Umso beweglicher sie sind, desto besser. In einer israelischen Studie wurde der bisher beste Befund nach einem Tag Abstinenz erzielt. Fazit: Eine Nacht ohne Sex reicht völlig aus.

Nur bei Frauen sinkt mit dem Alter die Fruchtbarkeit
Stimmt nicht. Die Herren der Schöpfung verlieren ebenso an Fruchtbarkeit wie die Damen. Nur läuft dieser Prozess bei den Männern schleichend ab. Ein 18-jähriger Jüngling ist um einiges potenter als ein Mittvierziger. Frauen wird mit den Wechseljahren von Mutter Natur ganz klar zu verstehen gegeben: „Das war’s, meine Liebe“. Auf natürlichem Wege können Frauen ab diesem Lebensabschnitt meist keine Kinder mehr bekommen. Männer hingegen sind weiterhin abnehmend fruchtbar, allerdings steigt auch hier das Risiko von Fehlgeburten und Fehlbildungen, da die Spermien der Männer mit dem Alter fortwährend an Qualität verlieren.

Die  bekanntesten Schwangerschaftsmythen

Der Klassiker: Schwangere müssen für zwei essen
Stimmt und stimmt nicht. In der Schwangerschaft essen werdende Mütter für zwei, richtig, aber dieses Essverhalten zielt auf die Qualität und die Verantwortung der Ernährung ab und nicht auf die Menge. Laut Ernährungsexperten benötigen schwangere Frauen zum Ende der Schwangerschaft  zusätzlich lediglich 200 bis 250 Kalorien pro Tag. Das ist ein großes Glas Vollmilch.

Mädchen machen vergesslich
Stimmt. Kanadische Forscher vermuten, dass die Kinder verschiedene Botenstoffe aussenden, die das Gedächtnis beeinflussen. Dieses Phänomen nennt sich Schwangerschaftsdemenz und kommt bei Müttern, die ein Mädchen erwarten in einer ausgeprägteren Form vor, als bei Jungen. 

Geringe Mengen Alkohol schaden dem Baby nicht
Stimmt nicht. Auch wenn eine Langzeitstudie aus Großbritannien zu dem Fazit kommt, dass Kinder von Müttern, die in ihrer Schwangerschaft Alkohol getrunken haben,  genauso gut auf einem Bein stehen können wie Kinder von Müttern, die in völliger Alkoholabstinenz gelebt haben: Forscher können keine ultimativ gefährdende Alkohol-
grenze benennen. Alkohol ist ein Zellgift, das zu organischen und funktionellen Entwicklungsstörungen des ungeborenen Babys führen kann, egal, wie wenig eine werdende Mutter trinkt.

Das künftige Geschlecht des Kindes lässt sich beeinflussen
Stimmt nicht. Egal, ob bei Vollmond oder um 13.02 Uhr mit rosa Socken im Bett: Das künftige Geschlecht des Kindes können Sie nicht beeinflussen. Zwar haben Wissenschaftler einige erstaunliche Einflussgrößen auf das Kindsgeschlecht gefunden, wie das Wetter, Stress, die Genährtheit der Frau und die Gene des Mannes, dennoch lassen sich diese Ergebnisse nicht zur Familiengestaltung nutzen.

Bei starker Schwangerschaftsübelkeit wird es ein Mädchen
In der Frühschwangerschaft soll regelmäßige Übelkeit ein Mädchen voraussagen. Stimmt derzeit nicht. Forscher sind sich uneins. Wissenschaftliche Untersuchungen haben einen insgesamt erhöhten Hormonwert (HCG-Wert) bei Frauen festgestellt, die sich auf ein Mädchen freuen. Die Konzentration dieses Hormons könnte Verursacher des morgendlichen Leidens sein, allerdings berichteten auch werdende Mütter von Jungen über eine starke Übelkeit. Die Mediziner tappen hier derzeit noch im Dunkeln.

Die Bauchform verrät das Geschlecht
Ein runder Bauch verspricht ein Mädchen, ein spitzer einen Jungen. Stimmt nicht. Forscher prüften den Zusammenhang zwischen der Bauchform und dem Geschlecht des Babys und fanden keinerlei Zusammenhänge.

Die schönsten Bräuche zur Geburt

Der Storch
Der Legende nach ist der Storch zutiefst dankbar, dass er auf dem Haus der Familie nisten darf und schenkt seiner Gastfamilie dafür ein Kind. Bei einer Geburt soll ein vor dem Haus aufgestellter Holzstorch an diese alte Legende erinnern. 

Den Lebensbaum pflanzen
Eine wunderschöne sinnbildliche Tradition, bei der der Baum als Sinnbild des Lebens für Fruchtbarkeit, Gedeihen und Wachstum steht. Als symbolischer Lebensbaum für das Neugeborene wächst der Setzling gemeinsam mit dem Baby heran. Obstbäume haben eine besondere Symbolik: 

Die Bäume sollen idealerweise das erste Mal Früchte tragen, wenn der Nachwuchs eingeschult wird. Nach alter Tradition wird bei Geburt eines Mädchens ein Birnenbaum und bei einem Jungen ein Apfelbaum gepflanzt. Tipp: Die Setzlinge können auch von den Taufpaten besorgt werden. Die Ehre des Einpflanzens gebührt allerdings allein dem Vater des Kindes. 

Eine Kiste mit Erinnerungen
Der Brauch besagt, dass in einer hübschen Kiste alles gesammelt wird, was an wichtige Momente des Babys erinnert. Zusammengetragen werden diese Dinge von Freunden, Verwandten und der Familie von der Geburt des Kindes bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres. Besonders schön: Traditionellerweise wird diese Kiste mit all den wundervollen Erinnerungen zum 18. Geburtstag des Kindes überreicht oder zur Geburt seines eigenen Kindes.

Stärkende Suppe
Nach der Geburt wird der frischgebackenen Mutter eine nahrhafte Hühnersuppe zubereitet. Die von Verwandten, Freunden oder den Eltern gekochte Kraftsuppe soll die erschöpfte Mama nach den körperlichen und psychischen Strapazen der Geburt kräftigen und zu ihrer Regeneration beitragen. Die nährstoffreiche Suppe hat ihren Ursprung in der traditionellen chinesischen Medizin und wird nur mit hochwertigen und frischen Zutaten zubereitet. Nach der
fernöstlichen Überzeugung geben die festen Bestandteile der Suppe ihr „Qi“ (gesprochen wie „Tschi“ - Lebensenergie, Duft, Kraft, Geschmack, Sein, Essenz) in die Flüssigkeit ab, die dann über mehrere Tage in kleinen Portionen getrunken werden soll. Rezepte für dieses Nährstofffeuerwerk finden Sie in Büchern der chinesischen Heilkunde oder im Internet.

Aus aller Welt
Wussten Sie, dass indische Frauen zur Geburt den Schmuck ablegen, die Kleidung lockern und ihre Haare und alle Türen im Haus öffnen? Sogar die Tiere werden freigelassen. Dieses Ritual soll die Offenheit bei der Geburt symbolisieren. In Mexiko wiederum werden alle Türen und Fenster geschlossen, um die Mutter und das Baby vor eindringenden bösen Geistern zu schützen, für deren Fluch Mutter und Kind während der Geburt besonders anfällig sind. Wir bleiben in Mexiko, es wird kurios: Schwangere sollen ihren Essgelüsten unbedingt nachgeben, denn andernfalls wird – so der Glaube - das Kind mit einem Leberfleck in der Form des Lebensmittels geboren, auf das die Mutter in der Schwangerschaft am meisten Lust hatte. 

Brasilianer kleiden ihre Kinder oft in Rot, wenn sie nach der Geburt aus dem Krankenhaus nach Hause kommen. Das soll Glück bringen und die rote Farbe den bösen Blick abhalten. Und in Korea glauben die Menschen an eine große Großmutter names „Samshin Halmoni“, die den Müttern ihre Babys bringt. Da viele Babys dort blaue Flecken am Po haben, denken die Einwohner des Landes, dass Samshin Halmoni dem Kind vor der Geburt einen Klaps gibt, damit es weiß, dass es an der Zeit ist, auf die Welt zu kommen.

Egal aus welchem Teil der Welt sie kommen, alle Mütter dieser Erde haben eines gemeinsam
Sie haben ein Baby zur Welt gebracht und das Glück in seiner reinsten Form kennengelernt. Wenn Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt zu den werdenden Müttern zählen dürfen, dann wünschen wir Ihnen alles Liebe für Sie und Ihr Baby! | Text: Stefanie Steinbach