Ukraine-Friedensdemo in Kempten
„Sag mir, wo die Blumen sind"
Während der kleine Mann aus dem Kreml einen pompösen Auftritt im Moskauer Luschniki-Stadion vor Tausenden herbeigeschaffter Claquere abhält und sich nicht zu blöd ist, seinen Angriffskrieg in der Ukraine mit Bibelzitaten zu rechtfertigen, werden bei einer Friedenskundgebung auf dem Hildegardplatz in Kempten andere, leisere Töne angeschlagen. Angesicht des Überfalls Russlands auf die Ukraine hatte die Stadt Kempten am Freitag, den 18. März, gemeinsam mit dem „Bündnis Mensch" und dem Stadtjugendring zu einer Friedenskundgebung auf den Hildegardplatz geladen. Rund 600 Menschen waren der Einladung gefolgt, daunter auch einige Stadträte wie der Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag Thomas Kreuzer, Josef Mayr, Sylvia Schäfer, Michael Hofer, Annette Hauser-Felberbaum und Andreas Kibler. Die Jugendzentren aus Sankt Mang, Bühl und dem Thingers konnten viele Jugendliche aus ihren Quartieren dazu bewegen, an der friedlichen Kundgebung teilzunehmen.
Das Ziel der Veranstalter war es gemeinsam unter dem Motto „Give Peace a Chance" ein Zeichen für den Frieden zu setzen. Neben einer längeren Ansprache von Oberbürgermeister Thomas Kiechle, die von der Ukrainerin J. Zhanna ins Ukrainische übersetzt wurde, gab es Musik zu hören, darunter das Antikriegslied „Sag mir wo die Blumen sind" von Marlene Dietrich, welches auf ein ukrainisch/russisches Wiegenlied aus dem Roman „Stiller Don" von Michail Scholochow zurückgeht. Von den Vertretern der Jugendzentren wurden gelbe und blaue Luftballons aufgeblasen und an die Teilnehmer der Friedenskundgebung verteilt. Zum Abschluss der Veranstaltung stiegen diese, begleitet vom Geläut der Basilika St. Lorenz, mit einer handschriftlich verfassten Firedensbotschaft in den Himmel auf.
Nicht aufgeben
Unter den Teilnehmern der Kundgebung ist auch eine frisch aus der Ukriane geflohene Familie. Eine junge Kemptenerin hatte sich bei der Stadt Kempten über das Portal integration@kempten.de gemeldet und dort ein Wohnraumangebot gemacht. Nun leben bei ihr zuhause eine Mutter mit drei Kindern gemeinsam mit der Schwiegermutter, die aus dem Norden von Kiew vor den russischenTruppen geflohen sind. „Als die Granaten auch bei uns in der Nachbarschaft einschlugen, hat mich mein Mann unsere Familie zur Grenze nach Polen gefahren, von wo aus wir uns auf unseren Weg nach Deutschland gemacht haben.", sagt die Geflohene. Unter Tränen berichtet die Mutter von drei Kindern, dass ihr Mann zur Unterstützung der ukrainischen Armee im Land bleiben musste. Für den Kampf gegen die Invasoren sei dies aber wichtig, die Menschen wollen frei sein, fühlen sich dem Westen, Europa zugehörig und nicht einem längst untergegangenen Sowjetreich á la Putin. Auch für diese Frau ist Wolodymyr Selenski zu einem Helden der Ukraine geworden.
Oberbürgermeister Thomas Kiechle
In seiner Ansprache an die rund 600 Teilnehmer der Veranstaltung richtet Obebürgermeister Thomas Kiechle u.a. die folgenden Worte: „Ich sage deutlich: für diesen Krieg gibt es keine Rechtfertigung, er ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, die europäische Sicherheitsordnung ist durch Putin zertrümmert worden. Dieser Rückschritt in Europäisches Großmachtdenken kann keine Option für ein Europa der Zukunft sein. Gerade aus den Erfahrungen zweier Weltkriege heraus wissen wir Europäer, dass die vorübergehend durch Gewalt erreichten Ziele nie eine echte Lösung anstehender Probleme darstellen. Gewalt und Hass und die aus ihnen erwachsenen Handlungen können nichts Gutes schaffen […] Die Verantwortung für diesen Krieg, für das Leid und den Tod auf beiden Seiten, trägt nicht das russische Volk. Allen Menschen liegt ein gutes Zusammenleben und Frieden am Herzen. Und das kann nur auf dem Boden von Demokratie, Freiheit und Respekt gelingen. Deshalb müssen wir Zusammenstehen, in Europa und hier in Kempten."