Wirtschaftsjunioren Kempten-Oberallgäu laden zur Podiumsdiskussion

»Überzeugende Vorstellung«

Kempten…Ein weiteres Mal trafen sich die acht Landratskandidaten*innen des Landlkreis Oberallgäu, um sich interessierten Bürgern mit ihren Positionen in einer moderierten Podiumsdiskussion vorzustellen. Die Einladung erfolgte diesmal durch die Wirtschaftsjunioren Kempten-Oberallgäu. Als Veranstaltungsort wählten die Wirtschaftsjunioren die Villa K JugendKulturWerkstatt in Durach aus, einer Gemeinde des Altlandkreises unweit von Kempten. Rund 200 Zuschauer füllten den Saal, die vom Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Manuel Burkart herzlich willkommen geheißen wurden. Der Abend wurde im weiteren Verlauf souverän vom Wirtschaftsjuniorenmitglied Stefan Nitschke moderiert.

Die Kandidaten

Der Kandidat der ÖDP Hubert Müller konnte am Abend aus terminlichen Gründen nicht erscheinen und liess sich entschuldigen. Anwesend als Landratskandidat*in waren für die Freien Wähler die Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Kempten Indra Baier-Müller, die über ein Studium der Sozialpädagogik und des Management im Sozial- und Gesundheitswesen zu ihrer heutigen beruflichen Tätigkeit fand. Für die Grünen erschien die 36 Jahre alte Lehrerin und 2-fache Mutter Christina Mader aus Immenstadt. Die CSU schickt Alfons Hörman ins Rennen, 59 Jahre alt und den meisten bekannt als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Hörmann ist seit vielen Jahren in Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft tätig. Martin Käser ist mit 27 Jahren der jüngste Landratskandidat. Er tritt für die FDP an, absolvierte ein Studium der Gesundheitswirtschaft und betreibt mit seinem Vater eine Pension für Menschen mit Behinderung. Für die Sozialdemokratie steigt der 44 Jahre alte Biologie- und Chemielehrer und 2-fache Vater Markus Kubatschka ins Rennen um das Amt des Landrats. Für das neu gegründete Bürgerbündnis Oberallgäu kämpft Peter Rist um das höchste Amt im Oberallgäu. Rist ist 50 Jahre alt, Vater von drei Kindern, gelernter Verwaltungswirt und hat bereits als Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister von Reutlingen Erfahrung in politischen Ämtern gesammelt. Last but not least erschien am Abend Uwe Schweizer, der sich für die AfD ins Zeug legt. Schweizer ist 62 Jahre alt, Immobilienmakler und begeisteter Gleitschirmflieger.

Das Gesprächsformat

Die Wirtschaftjunioren hatten sich für ihre Podiumsdiskussion etwas besonderes einfallen lassen. Insgesamt acht Themenfelder wurden angesprochen – Bauen & Wohnen; Leben & Versorgen; ÖPNV; Energie & Umwelt; Digitalisierung und Wirtschaft; Bildung, Erziehung und Fachkräfte; Landwirtschaft und Tourismus. Zur Beantwortung der Fragen aus diesen Themenfeldern bekamen alle Kandidaten*innen insgesamt jeweils ein Zeitkonto von 10 Minuten gutgeschrieben. Mittels einer Stoppuhr wurde den Kandidaten dann im Verlauf des Abends ihre bis dato Redezeit von den 10 Minuten abgezogen. Das zwang die Kandidaten*innen dazu, konzentriert und bündig zu antworten. Ferner wurden die Kandidaten dazu ermahnt, niemanden ins Wort zu fallen und sich gegenseitig mit Respekt zu behandeln. An das Publikum ging die Aufforderung keine Zwischen- oder Buhrufe zu äußern. Dieses Konzept erwies sich im Verlauf des Abends als segensreich, denn es wurden in ruhigem Tonfall die jeweiligen Positionen der Kandidaten kurz und prägnant dargestellt. Im Vor- und Abgang der Diskussion wurden die Zuschauer dazu eingeladen via App über ihren Lieblingskandidaten abzustimmen. Am Ende verriet ein Balkendiagramm wieviel Zuspruch der jeweilige Kandidat*in im Saal für sich gewinnen konnte. Das Diskussions-Format der Wirtschaftsjunioren ging am Abend so erfolgreich auf, dass es den Plasbergs, Wills und Illners des ÖRR ein Vorbild sein sollte.

Bauen & Wohnen

Beim Thema Bauen setzen sich alle Kandidaten für bezahlbares Wohnen und Erwerb von Wohneigentum für jedermann ein. Uwe Schweizer, AfD, setzt auf Nachverdichtung, die Ausweisung kleinerer Baugebiete und das Bauen in die Höhe; Alfons Hörmann sieht Spielräume im Ergänzenden Bauen, in der Nachverdichtung und im Leerstandsmanagement. Dem Flächenfraß erteilt er eine Abfuhr. Indra Baier-Müller will über Bodenpreise sprechen und möchte sich dafür einsetzen, dass nicht wie in Kempten die Mieten durch die Decke schiessen. Christina Mader, Grüne, bringt die Idee ins Spiel älteren, alleinlebenden Menschen, alternative Wohnangebote auf freiwilliger Basis zu unterbreiten, so dass deren große Häuser auf diese Weise von jungen Familien als Wohnraum genutzt werden können. SPD-Kandidat Markus Kubatschka wirft ein, dass auch die Nebenkosten wie die Stromkosten erheblich zur Verteuerung der Mieten beitragen. Beim Thema Leben & Versorgen sehen alle Kandidaten die Norwendigkeit möglichst alle Player im Gesundheitswesen zu vernetzten, wie Krankenhäuser, Apotheken, niedergelassene Ärzte und Gesundheitsdienste. Indra Baier-Müller, Freie Wähler, denkt hier auch über mobile Ärtze und Apotheker nach, die an bestimmten Tagen zu den Patienten in die Ortschaften kommen. Michael Käser, FDP, empfiehlt vermehrt auf Fördermittel vom Land zurückzugreifen,was in der Vergangenheit oft versäumt worden ist.

ÖPNV und Landwirtschaft

Der ÖPNV war wie erwartet ein wichtiges Thema des Abends, hatte doch der noch amtierende Landtrat Anton Klotz mit seiner Idee eines 100,- Euro-Tickets für Bus & Bahn für den Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten eine öffentliche Debatte losgetreten. Sein Parteifreund Alfons Hörmann stellt am Abend aber klar, dass er nicht viel von einem solch singulären Vorschlag hält, der lediglich über den Preis, nicht aber über die Angebotsseite mehr Nutzer für den ÖPNV gewinnen möchte. Vielmehr entstehe Ticketakzeptanz durch attraktive Angebote und einen sehr gut vernetzten ÖPNV, der alle Landkreise, Städte und Gemeinden miteinander verbindet. Christina Mader von den Grünen geht weiter. Sie fordert eine Mobiltätsgarantie für das gesamte Allgäu von 5 bis 24 Uhr. Zudem bleibt die Grünenpolitikern der Idee treu, dass das Allgäu eine Regionalbahn mit S-Bahntaktung für die Strecke Oberstdorf-Kempten braucht. Indra Baier-Müller möchte nicht dem Klimanotstand das Wort reden sondern besteht darauf, dass erst einmal die im Landkreis und der Stadt Kempten beschlossenen Mobilitätskonzepte umgesetzt werden. Dass das Thema allen Verantwortlichen und Betroffenen unter den Nägel brennt, verdeutlicht sie mit ein paar simplen Zahlen. Der Verkehr im Oberallgäu hat in denn letzten 15 Jahren um 30% zugenommen, die Anzahl der PKWs stieg im selben Zeitraum um ganze 28%. Deshalb fordert sie auch Angebote an Touristen zu machen, damit diese möglichst auf den ÖPNV umsteigen. Beim Thema Landwirtschaft erklären alle Kandidaten*innen diesen wichtigen Wirtschaftszweig des Allgäu nach Möglichkeit unterstützen zu wollen, wie es u.a. der AfD-Kandidat Uwe Schweizer als Selbstverständlichkeit einforderte. Die Grünen Politikerin Mader möchte ihren Fokus aber gezielt auf kleinbäuerliche Strukturen legen. Für sie ist das Allgäu eine „Ökomodellregion", in der es gilt, verstärkt die eigenen, regionalen Produkte zu vermarkten. Der SPD-Kandidat Uwe Kubatschka verlangt, dass Angesicht der jüngsten Tierskandale die Veterenärsämter mit genügend Mitarbeitern ausgestattet sind. „Es müssen genügend Tierärzte zur Verfügung stehen, um das Tierwohl im Blick zu haben und gleichzeitig die Lebensmittelqualität zu gewährleisten.", so Kubatschka. Der SPD-Kandidat glaubt aber auch, dass der Fokus der Kontrolle eher auf den großen als auf den kleinen Betrieben liegen sollte. Alfons Hörmann, der erst unlängst einem Diskussionsabend über die Zukunft der Landwirtschaft beiwohnte, hat aber Zweifel, ob von regionaler Seite in die Struktur und die Ausgestaltung der Landwirtschaft maßgeblich eingegriffen werden kann. „Egal wer von uns am Ende das Rennen macht, „Er" oder „Sie" wird erkennen müssen, dass in Fragen der Landwirtschaft Brüssel und Berlin ein gewichtiges Wort mitsprechen werden."