Bienchen und Blümchen: Wie kläre ich mein Kind richtig auf?

Kinder sollten bis zur Einschulung wissen, wie ein Mensch entsteht

Es ist dunkel. Die Eltern sitzen entspannt vor dem Fernseher. Es knarrt – die Eltern sehen sich wachsam an. Plötzlich sind Schritte zu hören. Mama und Papa wechseln einen panischen Blick, doch die Tür schwingt schon dramatisch auf und vor ihnen steht - ihre kleine Tochter, die eine ganz dringende Frage hat: „Wie kommen die Babys in den Bauch?“

Ganz so nervenaufreibend ist es dann doch nicht. Die Sexualaufklärung braucht bei Eltern keine Angstattacken auslösen, dennoch sollte sie wohl überlegt und dem Alter entsprechend angepasst werden. Wir geben Ihnen Tipps, was eine gute Aufklärung ist, was Kinder in welchem Alter wissen müssen und ob die Medien eine Aufklärung ersetzen können.

Eine gute Aufklärung

Vor einigen Jahrzehnten vertraten Sexualpädagogen die Ansicht, wir sollen Kindern lediglich die Fragen beantworten, die sie uns stellen, um ihrem jeweils individuellen Entwicklungsstand zu folgen. Im Zusammenhang des heutigen Medienzeitalters plädiert die Sexualpädagogik jedoch dafür,
vorausschauend vorzugehen. Denn auch wenn die Fragen ausbleiben, können Sie davon ausgehen, dass die Informationen mittlerweile schon vorher da sind und wir unseren Kindern helfen müssen, damit umzugehen. Unsere Sprösslinge haben größtenteils von klein auf Zugang zu TV und Internet und dementsprechend zu Inhalten, die nicht kindgerecht sind. Sie erleben eine vielfältige Welt, in der Sex vor der Ehe, Homosexualität und Pornografie dauerhaft präsent sind. 
Erschreckend dabei ist, dass Kinder einen gefühlsarmen und kaum realistischen Eindruck von Sexualität bekommen, da Sex viel zu oft als rein körperlicher Akt vermittelt wird. Es ist die Aufgabe der Eltern, in diese unreale Vorstellung Klarheit zu bringen und die Kinder dabei zu unterstützen. Freuen Sie sich, wenn Ihr Nachwuchs Fragen hat, auch wenn diese manchmal recht unbequem sind. Besser, Sie antworten als Bezugsperson, als jemand (oder etwas) fremdes. Denke Sie daran, dass Sexualaufklärung keine reine Wissensvermittlung ist. Was Sie als Eltern ihren Kindern vorleben, wird für die Kleinen eine Basis für das eigene sexuelle Verständnis sein. Denn Sex hat immer mit Vertrauen in den Partner, Wohlfühlen auf beiden Seiten und Vertrauen zu tun.

Ein Aha-Erlebnis 

Für viele Eltern ist der Denkanstoß, dass es sich nicht um das gefürchtete „eine Gespräch“ handelt. Sexuelle Aufklärung ist ein Prozess, eine lange Kommunikation über viele Jahre, in denen Ihr Kind zu Ihnen kommen kann, wenn es etwas nicht versteht oder verwirrt ist von einer Welt, die es vorher in dieser Art und Weise noch nie betreten hat. Was Kinder in welchem Alter wissen müssen:

Sexuelle Erziehung für Kinder von null bis drei Jahren

1. Machen Sie Ihr Baby gleich nach der Geburt bei der körperlichen Pflege und beim Schmusen mit seinem Körper vertraut. Damit legen Sie den Grundstein für eine spätere Beziehungs- und Liebesfähigkeit.
2. Beim Wickeln und beim Baden, also immer wenn Ihr Kind nackt ist, können Sie wiederkehrend alle (!) Körperteile benennen. So lernt Ihr Kind von klein auf, dass die Geschlechtsteile kein Tabuthema sind.
3. Ihr Kind sollte die richtigen Namen der Geschlechtsteile kennen, Sie können aber auch durchaus andere, Ihnen vertraute Bezeichnungen bestimmen. Reden Sie mit Ihrem Kind, wie es Ihnen am einfachsten fällt, versuchen Sie jedoch keinen unnatürlichen Ton anzuschlagen oder nervös zu kichern.

Sexuelle Erziehung für Kinder von drei bis sechs Jahren

Im Kindergartenalter kommen die für Erwachsene oft zu Unrecht als „misslich“ empfundenen Fragen. Nehmen Sie die Neugier ihres Kindes immer ernst und antworten Sie auf alle Fragen kurz, sachlich und altersgerecht.
1. Die wichtigste Botschaft für Ihr Kind ist dabei, dass es fragen darf und Sie darauf antworten, ohne es auszulachen oder sich zu ärgern, wenn die Frage an einem unpassenden Ort, wie z. B. im Supermarkt gestellt wird. 
Tipp: Natürlich ist es peinlich, wenn Ihr Kind Sie in der Öffentlichkeit fragt, ob Sie heute auch Ihren OB in der Hose haben, ohne Wenn und Aber. Versuchen Sie trotz dieser „Extremsituation“ Ruhe zu bewahren und cool zu reagieren. Sie können dann selbstverständlich sagen, dass es zu Hause darauf eine Antwort bekommt, wenn Sie dort mehr Ruhe haben. Aber antworten Sie in jedem Fall darauf. Auch, wenn es manchmal etwas mühselig ist.
2. Wenn Sie Ihrem Kind ein Bewusstsein darüber vermitteln, wie kostbar sein Körper ist und dass er ihm ganz allein gehört, stärken Sie sein körperliches Selbstwertgefühl. Nur ein Kind, das seinen Körper kennt und gelernt hat, nein zu sagen, kann sich selbst vor sexueller Gewalt und Missbrauch schützen.
3. Auch wenn es für uns als Erwachsene etwas befremdlich wirkt, so ist es völlig normal, wenn Kinder im Kindergartenalter anfangen, ihre Genitalien zur Schau zu stellen. Das haben wir damals anscheinend alle so gemacht. Alles, was einen Namen hat, ist nicht fremd und hilft dem Kind seinen Körper als Ganzes wahrzunehmen. Auch wenn Ihr Kind Sie nach Ihren eigenen Körperteilen befragt, sollten Sie darauf ohne Umschweife eine Antwort geben.
4. Viele Kinder schnappen aus dem Fernsehen oder durch ältere Kinder sexuelle Inhalte auf, die ganz und gar nicht für ihr Alter bestimmt sind. Unter Grundschülern sind Geschlechtsverkehr und Kinderzeugen oft ein intensiv diskutiertes Thema. Es ist daher sehr wichtig, dass Ihr Kind bis zur Einschulung weiß, wie ein Mensch entsteht. Denn nur so wird es durch die vielen (teils utopisch falschen) Informationen nicht verunsichert. 

Sexuelle Erziehung für Kinder von sechs bis neun Jahren

Im Alter von etwa sechs bis neun Jahren sollte Ihr Kind so weit aufgeklärt werden, dass es über die Funktion seiner äußeren und inneren Geschlechtsorgane Bescheid weiß. 
Wenn Sie Ihr Kind einfach einmal fragen, was es denn selbst weiß und denkt, können Sie sein Wissen ergänzen und Sachverhalte evtl. zurechtrücken, bei denen es noch Missverständnisse gibt, die oft durch eine Mischung aus halb verstandenen Informationen von außen wie Freunde, Werbung, Fernsehen etc. hervorgerufen werden. 

Sexuelle Erziehung für Kinder von neun bis zwölf Jahren

Spannend, denn nun wird es sichtbar, dass sich ihr Kind körperlich verändert: Brustspannen, Schwitzen, Hautveränderungen und beginnende Behaarung sind Themen, die wir behutsam ansprechen können. 
1. Es kommt, wie es kommen muss: Eltern werden nun peinlich. Im Alter zwischen etwa neun bis zwölf Jahre wächst beim Kind zunehmend das Interesse am anderen oder gleichen Geschlecht und es entwickeln sich erste sexuelle Phantasien. Informationen zum Thema Sex werden förmlich aufgesaugt. Eltern sind für Kinder jetzt nicht mehr unbedingt der Ansprechpartner Nummer eins und werden oft von der eigenen Gefühlswelt ferngehalten. Die mediale Vermittlung von Sexualität reibt sich die Hände und fängt an, eine immer größere Rolle zu spielen. Hier sollten Eltern wachsam sein.
2. Viele Kinder werden schon fortpflanzungsfähig. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihr Kind im Aufklärungsunterricht der Schule individuelle Fragen beantwortet bekommt, sondern beginnen Sie selbst rechtzeitig (!) Ihr Kind darüber zu informieren. 

Sexuelle Erziehung für Kinder von zwölf bis 17 Jahren

In der Pubertät wächst das sexuelle Interesse und es wird Zeit für intensivere Aufklärungsgespräche. Die Veränderungen bekommen Eltern schnell mit: Jugendzeitschriften wie BRAVO und Mädchen als heimliche Aufklärer halten Einzug ins Kinderzimmer. Popstars, Schauspieler oder YouTube-Stars werden plötzlich angehimmelt.
1. Um mit Ihrem Kind in dieser Entwicklungsphase ins Gespräch zu kommen, achten Sie auf seine Bemerkungen. Wenn der Sohn beiläufig von der ersten Liebe seines besten Freundes erzählt, können Sie interessiert nachfragen, ohne aber lästig zu werden. In diesem Alter sollten in Ihrer elterlichen Aufklärung vor allem die Themen Verhütungsmethoden und sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV und Aids im Vordergrund stehen. Jugendliche müssen im Sinne ihrer eigenen Gesundheit und der Verantwortung gegenüber einem möglichen Sexualpartner umfassend informiert sein.
2. Der Besuch beim Frauen- bzw. Männerarzt wird wärmstens empfohlen. Ihr Kind kann sich nicht nur über seine körperliche Entwicklung Sicherheit holen, sondern auch eine individuelle Beratung zu den geeigneten Verhütungsmethoden bekommen – ohne, dass Mama und Papa zuhören.

Können Medien die Sexualaufklärung der Eltern ersetzen?

Nein. Die sexuelle Aufklärung eines Kindes ist geradezu ein Privileg des Elternhauses. Kinder haben in der Regel Vertrauen zu ihren Eltern. Sie sind Ansprechpartner für Ängste, Sorgen und Zweifel verschiedenster Art - eine fundamentale Basis für eine gute Sexualaufklärung.
Auch wenn Sexualität in den heutigen Medien geradezu omnipräsent ist: 
Wirklich aufgeklärt sind sie dadurch keinesfalls. Bilder und Medien, in denen sexuelle Inhalte zur Unterhaltung dienen, können die elterliche Aufklärung nicht ersetzen, denn sie spiegeln die Erwachsenenwelt wieder. Aufklärung aber sollte immer dort stattfinden, wo das Kind sich aktuell in seiner körperlichen und geistigen Entwicklung befindet. Nur Sie als Eltern sind so nah an Ihrem Kind, dass Sie es diesbezüglich richtig einschätzen können.