Kempten vor dem zweiten Lockdown

Freie Wähler Kempten diskutieren mit Staatssekretär Roland Weigert

Die Spatzen pfeiffen es von den Dächern, die Politik will mehrheitlich einen zweiten harten Lockdown, um den steigenden Infektionszahlen in der andauernden Corona-Pandemie Herr zu werden. Wie zu Beginn wird dies insbesondere den Einzelhandel treffen, für den die Vorweihnachtszeit die umsatzstärkste Zeit darstellt. Zu diesem Thema trafen sich in Kempten im Restaurant „Goldenes Fässle" Vertreter des Einzelhandels wie u.a. der neue Mode-Reischmann-Geschäftsführer Enrico Baumbach und der ebenfalls neu ins Amt gewählte 1. Vorsitzende des City-Management Kempten Dietmar Wolz mit dem Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags und Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler Kempten Alexander Hold und dem aus München angereisten Staatsekretär aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Roland Weigert.

Riskantes Spiel

Unisono waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass der Einzelhandel eigentlich nicht die Ursache des Problems darstellt, sondern Teil der Lösung ist. So gesehen war sich die Gesprächsrunde in der Ablehnung eines zweiten, harten Lockdowns einig. Als Vertreter des kleineren Koalitionspartners Freie Wähler räumten Alexander Hold und StS Roland Weigert allerdings ein, sich in diesem Punkt am Kabinettstisch wohl nicht durchsetzen zu können. „Was wir für eine Abwendung eines Lockdowns bräuchten, wären kurzfristig bessere Zahlen.", so Staatssekretät Roland Weigert. Die sind wohl nicht zu erwarten und so werde man sich verstärkt dafür einsetzen, dass den Betroffenen in irgendeiner Form staatliche Hilfen, Stichwort „Novemberhilfen", zu Teil kommen.

Der Rat der „Praktiker"

Die Vertreter des Handels, Joachim Saukel von Laufsport Saukel, Peter Eberle und Enrico Baumbach von der Unternehmensleitung Reischmann und der Geschäftsführer der Bahnhofapotheke Dietmar Wolz machten klar, dass von den Kemptener Einzelhändlern alle geforderten Hygienevorgaben erfüllt wurden. „Wir haben uns an A-H-A – Abstand,. Hygiene, Alltagsmasken – gehalten.", so die einhellige Festellung seitens der Vertreter des Einzelhandels. Alle anwesenden Praktiker äußerten die Überzeugung, dass es besser ist, einen eingeschränkten, dafür aber kontrollierten Einzelhandel zu betreiben, als bei einem scharfen Lockdown alle Läden zu schliessen und die Menschen in eine unüberwachte Grauzone zu entlassen. „So, wie wir es hier in Kempten gehandhabt haben, hatten wir das Geschehen im Griff.", sagt Ladeninhaber Joachim Saukel. Jetzt befürchtet u.a. Peter Eberle von der Reischmann Unternehmensleitung vor dem Beginn des zweiten Lockdowns einen Run auf den Einzelhandel und hernach Hamsterkäufe bei Discountern und Supermärkten. Dietmar Wolz, der Betreiber der bekannten Bahnhof-Apotheke und 1. Vorsitzende des City-Management Kempten sieht noch eine andere Gefahr: „Wir Menschen sind soziale Wesen, wir wollen Austausch und gemeinsamens Erleben, nicht Isolation und Seperation. Wir brauchen einander. Der Einzelhandel stellt hierzu öffentlich zugänglichen Raum zur Verfügung.". Insgesamt wird die Entwicklung von allen Vertretern des Einzelhandels als dramatisch eingeschätzt. Der „Lockdown light" habe bereits zu einem Frequenzrückgang geführt und nun befürchtet man, dass kleine Geschäfte, wie Boutiquen, den harten Lockdown nicht mehr werden schultern können. Staatssekretär Roland Weigert zeigte sich vom Austausch mit den Einzelhändlern aus der „Schwaben-Metrolpole Kempten" trotz aller düsternen Ausblicke positiv inspiriert und möchte die Erkenntnisse aus diesem Termin als „Kemptener Perspektive" mit in die nächsten Fraktionssitzungen der Freien Wähler mitnehmen.