Local Hero: Profiboxerin Tina Schüssler

Die schlagkräftige Frau mit weichem Herz

Vor acht Jahren kämpfte sich die sympathische Boxerin nach einem Schlaganfall wieder zurück ins Leben. Aufgeben wollte sie niemals. Die heute 42-Jährige ist dreifache Weltmeisterin im K-1, Boxen und Kickboxen und steht in den Medien deutschlandweit hoch im Kurs. Wir besuchten Tina in ihrem Büro und waren von ihrer Schlagfertigkeit, ihrem Lebensmut und ihrer legeren Art geradezu überwältigt.

TRENDYone: Erzählen Sie uns doch etwas über Sie?
Tina Schüßler: Ich bin eine waschechte Augsburgerin. Nach meiner Ausbildung zur Bürokauffrau in der Immobilienbranche bin ich zu uns in den Familienbetrieb, einen Tiefbau-, Fuhr- und Baggerbetrieb, gekommen. Deshalb habe ich auch einen LKW-Führerschein und fahre gerne Radlader. Meine zwei Brüder sind mit im Betrieb und wir führen unsere Firma in Diedorf gemeinsam mit unserem Vater.

Wann haben Sie mit dem Kickboxen angefangen?
Mit knapp 19 Jahren kam ich dazu. Meine Eltern waren immer dagegen, dass ich Kampfsport mache, da ich angeblich so eine „Kleine Wilde“ sei. In der Schule habe ich immer die Ballsportarten mitgemacht – mit den Jungs zusammen. Frauensport ist für mich gar nichts. Begonnen habe ich mit 18 Jahren mit Teakwondo. Durch meinen Trainer habe ich dann das Kickboxen kennen gelernt – aber erst einmal nur zum Spaß. Nachdem ich dann bei meinem ersten Wettkampf von so einem „Stengelchen“ richtig eins auf die Mütze bekommen habe, war für mich klar: entweder ganz oder gar nicht.  

Wie viel trainieren Sie in der Woche?
Meistens dreimal pro Woche, vor Wettkämpfen jeden Tag. Für meinen 15-jährigen Sohn Kevin möchte ich mir auch Zeit nehmen. Mit meinem Ganztagsjob und meinen vielen sozialen Projekte ist das gar nicht so einfach. Da ist ein gutes Timing notwendig. Es macht mir aber alles viel Spaß. Jeder weiß: Tina braucht hundert Prozent, da fühlt sie sich einfach wohl. Kevin kennt es nicht anders und geht den Weg mit.

Was war Ihr größter Schicksalsschlag?
Das war mein Schlaganfall in 2009. Ich saß auf der Couch und war plötzlich linksseitig gelähmt und konnte nicht mehr sprechen. Ich habe jedoch ganz schnell Hilfe bekommen. Jede Sekunde zählte. Trotzdem lag ich eine Zeit lang im Koma und musste danach noch am Herzen operiert werden. Der Grund war nämlich ein angeborener Herzfehler. Fast drei Jahre lang war ich nur in Krankenhäusern und Reha-Kliniken. Ich bin froh, dass es mir heute wieder so gut geht. Aber ich hatte ein Ziel: eine gesunde Mama zu sein und gesund im Leben zu stehen. Von einer Sekunde auf eine andere war mein sportliches Leben vorbei. Ich habe mich quasi ins Leben zurückgekämpft.



Kommt daher auch Ihre Motivation, anderen Menschen zu helfen?
Ja, ich merkte, dass ich Leute sehr gut motivieren kann und habe damals die ganze Reha-Klinik auf den Kopf gestellt und mit meiner Energie angesteckt. Trotz meinem Zustand wollte ich wieder hundert Prozent geben. Das war sehr gut für mich. Seit meiner Krankheit ist es deshalb meine Motivation, für kranke Menschen da zu sein und Hilfsorganisationen zu unterstützen. Ich bin seit 2014 Patin im Kinderschmerzzentrum am Klinikum und Patin des schwäbischen Mutter-Kind-Zentrums, seit 2013 deutschlandweit Botschafterin der DKMS und der bayerischen Krebsgesellschaft, und ich unterstütze die Stunde des Herzens in Österreich seit 2013. Seit 2016 bin ich zudem Botschafterin des Roten Kreuzes.

Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?
Ich werde auch mal vernünftig sein und aufhören. Für den Sport bin ich wirklich schon alt. Aber im September 2017 steht ein großer WM-Kampf im Kickboxen K-1 mit TV-Liveübertragung aller zehn Runden an. Für mich ist das nochmals eine große Herausforderung und die möchte ich auf alle Fälle mitnehmen. Ob ich dann heuer wirklich aufhöre, wird sich zeigen. Wenn ich jetzt nochmals Weltmeisterin im K-1 werde, dann habe ich alle drei Titel: im Kickboxen, im Boxen und im K-1. Das wäre schon eine große Hausnummer.

Haben Sie weitere Hobbys?
Ich spiele in Stadtbergen Basketball und bin Maskottchen der Topstar-Kangaroos. Das ist eine Leidenschaft von mir seit ich 14 Jahre alt bin. Und ich mache gerne Musik. Ich habe unter anderem zwei Songs zusammen mit Marc Terry und der Band Skip Rock auf meiner ersten eigenen Musik-CD aufgenommen: „My Fight“ und „Glorreiche Zeiten“. Ich spiele zudem Klavier, Kontrabass und Schlagzeug. Anfang 2017 habe ich in Diedorf eine Damen-Basketballmannschaft mit 23 Frauen gegründet.

Was ist Ihr Lebensmotto?
Man muss sich Ziele setzen und diese auch ernst nehmen und verfolgen – hundert Prozent Tina halt. Ohne Ziele wären wir planlos im Leben, das gilt für das Geschäftliche, aber auch im Privatleben und beim Sport.

Gibt es auch eine zarte Tina?
Mit meinem Partner Clemens Brocker, der ein bekannter Künstler ist, bin ich im Liebesrausch. Wir sind jetzt fünf Jahre zusammen und ergänzen uns sehr gut. Wir machen alles gemeinsam!

Text: Sabine Roth