Local Hero: Interview mit den Brüdern der Bäckerei Ihle

Der Tag beginnt mit einer Ihle-Breze: TRENDYone sprach mit den Ihle-Brüdern

1890 fügte Georg Ihle seiner Landwirtschaft in Westendorf bei Meitingen eine kleine Bäckerei hinzu, alleine schon, um seine 11 Kinder zu ernähren. Er legte damit den Grundstein für die Landbäckerei Ihle. Heute hat sich daraus – in mittlerweile vierter Generation – ein enorm erfolgreiches Unternehmen mit über 2.000 Mitarbeitern entwickelt. Seit 12 Jahren leiten die Brüder Wilhelm-Peter und Alexander Ihle den Betrieb. Wir haben mit ihnen über 125 Jahre Unternehmensgeschichte und über die Zukunft gesprochen.

Erzählt doch etwas über Euren Werdegang?

Willi Peter: Ich habe 1986 im elterlichen Betrieb Bäcker gelernt. Dort habe ich eine Ausbildung genossen, die heute noch für mich handwerkliche Grundlage darstellt, um dieses Unternehmen führen zu können. Ich weiß genau, wie die Produkte entstehen, wie und wo sie gebacken werden. Danach habe ich Betriebswirtschaft an der FH Augsburg studiert, fand meine Begeisterung für den Schwerpunkt Marketing und habe das betriebswirtschaftliche Grundgerüst mitbekommen. Seit 20 Jahren führe ich nun das Unternehmen. Zuerst zusammen mit meinem Vater und in den letzten Jahren mit meinem Bruder Alexander. Und die nächste Generation steht schon in den Startlöchern.

Alexander Ihle: Im Jahr 1985 habe ich mit einer Bäckerlehre im elterlichen Betrieb begonnen. Nach der Lehre habe ich einige Jahre in Europa bei interessanten Betrieben als Bäcker gearbeitet, schließlich 1992 die Meisterschule abgeschlossen und anschließend Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Logistik an der FH Augsburg studiert. Ab 1997 verantwortete ich den Ausbau des Werkes in Friedberg und stieg 2004 in die Geschäftsführung mit ein, als unsere Eltern in den verdienten Ruhestand gingen.

Was sind für Euch die Meilensteine des Familienbetriebs?

Willi Peter: 1980 ist unser Vater von einer kleinen Dorfbäckerei in Dasing nach Friedberg umgezogen und hat dort unser heutiges Werk gegründet, um näher am Augsburger Markt zu sein. Direkt vor den Toren der Stadt stellten wir frische Backwaren her, die mehrmals am Tag frisch in die Märkte geliefert wurden. Die nächste entscheidende Entwicklung war die vom Lieferbäcker zum Filialbäcker. Wir haben den Verkauf in die eigene Hand genommen und es sind viele erfolgreiche Filialen in Augsburg entstanden, wie die am Königsplatz und in der Bahnhofstraße. Diese Filialisierung haben wir in den letzten Jahren weiter entwickelt, vor allem ins Umland hinein und bis nach München. Ein weiterer großer Schritt war die Errichtung unseres neuen Backwerks in Gersthofen, das heute wohl zu den modernsten Deutschlands zählt. Dort werden jeden Tag frische Teiglinge hergestellt, die dann vor Ort in den Filialen gebacken werden.

Kurzum: Die Entwicklung vom Dorfbäcker zum Lieferbäcker und dann zum Filialbäcker, das ist letztendlich die Entstehungsgeschichte unseres 125 Jahre jungen Familienunternehmens.

Waren das auch die Meilensteine Eurer Karriere?

Willi Peter: Ja, daraus hat sich unsere Aufteilung der Verantwortungsbereiche ergeben. Alexander zeichnet sich für den Produktionsbereich verantwortlich und ich für den Vertrieb und das Marketing. Wir mussten beide im Management mitwachsen.

Habt ihr etwas in der Geschäftsleitung verändert?

Alexander: Die Zuständigkeiten und die Aufgabengebiete haben sich aufgrund der höheren Komplexität der Verkaufseinheiten auch auf das Management ausgewirkt. Wir führen das Unternehmen heute mit langjährigen von der Basis gewachsenen Führungskräften, die in unseren Augen das beste Management in Deutschland in einer Bäckerei sind. Es gibt wenige Betriebe, die den Lebensmittelhandel bedienen, aber auch ein eigenes Filialgeschäft unterhalten. Das ist unsere heutige Stärke. Gerade im Filialbereich sind wir mit modernsten Geschäften präsent. In den wachsenden Kundenzahlen bestätigt sich, dass wir in der ganzen Region nicht nur angekommen sind, sondern auch gemocht werden.

Willi Peter: Die Kunden kennen ja nur das Ergebnis, aber nicht die komplexen Prozesse, die dahinterstecken. Allein 140 verschiedene Backwarenprodukte kommen in den Laden, die alle über Generationen hinweg selbst entwickelt wurden. Um die Zukunft meistern zu können, muss das Unternehmen kostendeckend arbeiten. Daher spielt das Controlling eine immer wichtigere Rolle. So sichern wir auch die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter. Besonders am Herzen liegt uns das Thema Aus- und Weiterbildung: Wir bilden jährlich mehr als 150 junge Menschen in den verschiedensten Fachrichtungen aus, übernehmen auch jeden, der möchte nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in ein festes Arbeitsverhältnis. Und wir übernehmen die Kosten für die Weiterbildung zum Meister. Unsere Erfahrung zeigt, dass wir mit hoch qualifizierten Fachkräften aus dem eigenen Stall bestens für kommende Herausforderungen gerüstet sind.

Wie hat sich das Bäckereigeschäft in den letzten Jahren entwickelt?

Willi Peter: Aus Untersuchungen wissen wir genau, was sich Kunden heute von einem Bäcker erwarten: Komfortable Öffnungszeiten von früh morgens bis in den Abend hinein, ein vielfältiges Produktangebot und ausreichende Auswahl auch noch kurz vor Ladenschluss. Daneben stehen freundliches Verkaufspersonal und persönliche Beratung auf der Wunschliste. Gleich geblieben ist das Vertrauen in die Qualität und Reinheit unserer Produkte. Um diese ständig zu gewährleisten, sind  gleich mehrere Qualitätsmanager in unseren Betrieben im Einsatz.

Alexander: Auf der Produktseite hat sich einiges getan. War man vor einigen Jahren noch in erster Linie Grundversorger mit Brot und klassischen Backwaren im Angebot, bieten wir dem Kunden heute eine Auswahl an leckeren Snacks, die er bequem einfach mitnehmen oder in einem unserer Cafés genießen kann. Frische Backwaren, mit Käse, Wurst oder knackigem Salat belegt, lassen kaum einen Wunsch offen. Darüber hinaus bieten wir in vielen Filialen heute auch Pizza oder Panini an. Ganz getreu unserem Motto „Genuss für Sie den ganzen Tag“. Aber auch die Herkunft und Produktion der Produkte ist den Kunden heute sehr wichtig. Wir beziehen den größten Teil unserer Rohstoffe direkt aus der Region und unsere Backwaren werden ausschließlich in unseren Werken in Friedberg und Gersthofen hergestellt.

125 Jahre – Habt Ihr das gefeiert?

Willi: 125 Jahre sind für einen Familienbetrieb eine unglaublich lange Zeit. Diese langjährige Unternehmens-Tradition wollten wir gebührend feiern. Viele Filialen erhielten im Jubiläumsjahr ein neues, modernes Gesicht wie zum Beispiel am Königsplatz, am Moritzplatz und in Göggingen. Einige Kunden und Mitarbeiter erklärten sich bereit, im Rahmen einer Jubiläumskampagne ihr Statement zu „ihrem Ihle“ abzugeben. Zudem haben wir die Kunden aufgerufen, ihre Lieblingsfiliale zu wählen. Viele Tausend Kunden gaben ihr Votum ab und haben uns dazu überaus positives Feedback gegeben, über das wir uns sehr gefreut haben. In Augsburg kam die Filiale in der Bahnhofstraße besonders gut an. Die Gewinner-Teams luden wir als Belohnung für ihr Engagement zu einen New-York-Trip ein. Und auch für die teilnehmenden Kunden gab es einen tollen Gewinn: Für mich eines der Highlights des Jahres war die Übergabe des Hauptgewinns, eines roten Mini im Wert von über 20.000 Euro an den äußerst sympathischen Gewinner Andreas Just aus Augsburg.

Alexander: Besonders stolz sind wir auch auf die Einführung des Bio-Kaffees in vielen Filialen zum Jubiläum. Mit dem Fairtrade-Siegel setzen wir hier einen neuen Qualitäts-Standard in Sachen Geschmack und Nachhaltigkeit.

Was gefällt Euch am besten an Eurer Tätigkeit?

Willi Peter: Dass wir mit vielen Menschen zusammenkommen, sowohl in der eigenen Backstube als und auch mit unseren Kunden. Jeder von uns ist verschieden, jeder kommuniziert unterschiedlich. Das ist das Schönste dabei. Das richtig einzuordnen, Kommunikation zu verstehen und sie dann auch so einzusetzen, dass das Unternehmen, die Mitarbeiter und auch die Kunden davon profitieren. Das sind die schönsten Erfahrungen und die wichtigste Aufgabe, die wir jeden Tag leisten dürfen.

Alexander: Backware in der Summe ist sehr vom Tagesgeschäft abhängig. Wir  produzieren sie jeden Tag aufs Neue – vom Rohstoff bis zum Verkauf. Deshalb bleibt unser Geschäft immer spannend – kein Tag ist wie der andere. Man muss also immer bei der Sache sein. Ich persönlich freue mich sehr über lächelnde Gesichter der Kunden. Jeden Tag auf Neue sieht man sein Tagwerk, sein Backwerk.

Werdet Ihr in Augsburg nun öfters angesprochen, seit Ihr vermehrt in der Öffentlichkeit steht?

(beide lachen) Wir werden oft verwechselt ... da wir uns doch sehr ähnlich sehen.

Was ist Euer Lieblingsgebäck?

Alexander: Das Lechfelder und das Kartoffelweckerl.

Willi Peter: Die Ihle-Breze gehört bei mir jeden Tag auf den Tisch. Ohne sie kann kein Tag begonnen werden.

Wo seht Ihr Euch in fünf Jahren?

Willi Peter: Wir arbeiten derzeit an interessanten Ideen und möchten ein komplett neues Konzept jetzt erstmals in Augsburg vorstellen. Am 8. Dezember eröffnet eine neue Filiale, in der das Bäckereifachgeschäft völlig neu definiert wird. Ein Erlebnis für Jung und Alt, mit Öffnungszeiten, die weit über die einer klassischen Bäckerei hinaus gehen, mit der Möglichkeit, Backwaren quasi im Vorbeifahren mitzunehmen und mit vielen weiteren Highlights. Mehr wollen wir aber heute noch nicht verraten. Lassen Sie sich überraschen!

Was ist Euer persönliches Vorbild?

Willi Peter: Ich habe viel mehr von guten Vorbildern gelernt als aus selbst gemachten Fehlern. Ein gutes und ehrliches Vorbild ist unser Vater. Wir haben von keinem Menschen dieser Welt bisher mehr lernen dürfen als von ihm. Er hat uns gezeigt, dass man jeden Tag aufs Neue mit viel Fleiß an seinen Ideen arbeiten muss. Und das kann man nur mit guten Mitarbeitern. „Ja, wir machen das“, hat mein Vater oft bei Kundenterminen gesagt. Und das gilt nach wie vor bei uns. Wir halten Versprechen, uns reicht ein Handschlag und wir schenken das Vertrauen. Und das leben wir weiter.

Alexander: Man wird von der elterlichen und auch von der brüderlichen Seite sehr geprägt. Aber auch von den Mitarbeitern. So gut könnte man es selber oft gar nicht machen.

Habt Ihr ein Lebensmotto?

Willi Peter: „Wer immer nur das tut, was er kann, bleibt was er ist.“ Aus diesem Spruch gewinne ich viel Energie. Es macht mir Freude, immer wieder neue Türen und Tore aufzumachen. Das Leben ist so spannend, es hat so viel zu bieten. Es wäre schade, wenn man sich nur im Foyer aufhält. Man darf das ganze Haus des Lebens betreten und sollte neugierig genug sein, alles zu entdecken, was das Leben bietet. Auch als Unternehmer kann man es sich nicht erlauben, ein Unternehmen zu konservieren. Man muss es weiterentwickeln, immer wieder neu erfinden. Wir tun das zum Beispiel mit dem erwähnten, neuen Konzept. Eben immer Neues wagen und neue Wege gehen.

Alexander: Und damit wir diese Zukunft miteinander meistern können: Einer allein kann ein „Wir“ nicht zusammenhalten. Wenn man zusammen hält, dann wird man auch gemeinsam die Zukunft meistern.