Sperrungen auf sozialen Medien: Freiheit oder Machtmissbrauch?

Meinungsfreiheit ade?

Nachdem Anfang Januar bereits der Twitter Account des Ex-US-Präsidenten gesperrt wurde, entfachte sich weltweit eine Debatte darüber, ob und wenn ja, wie soziale Netzwerke ihre Nutzer einschränken dürfen. Nun traf es im Februar auch den deutschen Sänger Michael Wendler. Instagram sperrte den umstrittenen Schlägersänger, da dieser „wiederholt gegen unsere Richtlinien verstoßen hat“, so ein Sprecher des Mutterkonzerns Facebook. Ist dieses Vorgehen gerechtfertigt, um andere User auf den Plattformen zu schützen?

PRO 

Was spricht dafür, dass soziale Netzwerke selbst entscheiden, welche Nutzer und Meinungen sie zulassen? 
Laut Definition handelt es sich bei einer Demokratie um eine „Herrschaft des Volkes“.  Um also die Meinung des Volkes auch auf Social Media repräsentieren zu können, sollte es möglich sein, unerwünschte oder auch unangebrachte Meinungen sperren zu können, wenn dies von der Mehrheit gewünscht ist. Hierbei sollten außerdem alle User gleichbehandelt werden, ungeachtet ihrer „Position“ in der realen Welt. „So wie unsere Regeln funktionieren: Wenn man von der Plattform entfernt wurde, wurde man von der Plattform entfernt – egal, ob man ein Kommentator, ein Finanzchef oder ein früherer oder amtierender Staatsdiener ist“, sagte Ned Segal, Finanzchef von Twitter. 

Fühlen sich also mehrere Menschen von einer Person und deren Inhalten belästigt, könnte dies, laut Definition der Demokratie, zu einer permanenten Sperrung des Users führen. Durch die Sperrung schützt die Plattform dann alle anderen Mitglieder vor Hass und Diskriminierung durch diesen User. Nur so kann sichergestellt werden, dass künftig keine Gefahr mehr von der gesperrten Person ausgeht. „Unsere Regeln sollen dafür sorgen, dass niemand zur Gewalt anstiftet. Wenn jemand das tut, entfernen wir ihn von der Plattform – und unsere Regeln erlauben es Leuten nicht, zurückzukommen“, gab Finanzchef Ned Segal an.

Außerdem sollten auch soziale Netzwerke keine „gesetzlosen Räume“ sein. Die Gesetze, die im täglichen Leben gelten, sollten auch auf Online-Plattformen Anwendung finden.

CONTRA

Was spricht dagegen, dass soziale Netzwerke selbst entscheiden, welche Nutzer und Meinungen sie zulassen? 
Im Grundgesetzt Art. 5 steht: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten […] Eine Zensur findet nicht statt.“ Dies schließt also auch die Äußerung auf sozialen Medien mit ein. Sollte es also sozialen Netzwerken möglich sein, diese freie Meinungsäußerung zu unterbinden, stellt dies einen Eingriff in ein Grundrecht dar, die Zensur. 

Evelyn Douek, Dozentin an der Harvard Law School, bestätigte in einem Interview: „Eine winzige Gruppe von Leuten im Silicon Valley definiert den modernen Diskurs und etabliert eine Grauzone, in der angeblich die Regeln irgendwo zwischen demokratischer Regierungsführung und Journalismus liegen, aber sie tun es spontan und auf eine Weise, die ihnen passt.“ 

Dies führt also dazu, dass die Zensur, welche einer Regierung laut Grundgesetz Art. 5 nicht erlaubt ist, von einer Social Media-Plattform durchgeführt werden darf. Eine freie Meinungsäußerung wäre in diesem Fall also nicht mehr möglich. Der dadurch resultierende, mögliche Machtmissbrauch könnte von Behörden oder der Regierung also genutzt werden. Um einen Missbrauch zu verhindern, müssten die Sperrungen von einem unabhängigen Kontrollorgan überwacht und entschieden werden. Nur so kann eine Ausnutzung der Sperrungen verhindert werden.