Die verschiedenen Persönlichkeitstypen

Eine Frage des Charakters

Philosophie und Psychologie versuchen sich seit Jahrtausenden daran, Menschen in verschiedene Persönlichkeitstypen einzuteilen. Ans Eingemachte ging es bereits in der Antike: So wurde damals unseren Körperflüssigkeiten (Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle) nach der „Vier-Säfte-Lehre“ je ein Temperament zugeordnet.

Heute wird es nicht ganz so kulinarisch, sondern wir konzentrieren uns auf etwas, was wir alle haben: Angst. Nach der Theorie der Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie in München gibt es vier Grundängste, die unseren Charakter formen: Die Angst vor Selbstentfaltung der depressiven Persönlichkeit, die Angst vor der Hingabe der schizoiden Persönlichkeit, die Angst vor der Veränderung der zwanghaften Persönlichkeit sowie die Angst vor dem Notwendigen der hysterischen Persönlichkeit. Vorher nehmen wir Sie noch mit auf einen kleinen Ausflug in die Grundlagen der Psychologie – alle einsteigen, bitte!

Wie entsteht und verändert sich unser Charakter?
Sind wir eine Ansammlung aus genetischen Anlagen oder steckt mehr in uns? Natürlich bestimmt uns eine gute Portion unserer auf den Weg mitgegebenen Gene, dennoch wird zu einem sehr großen Teil unser Charakter in den ersten Lebensjahren durch die Erziehung in der Familie geprägt. Und zwar nachhaltig. Sie können es sich ungefähr so vorstellen: Sie haben ein durch erbliche Vorgaben konstruiertes Grundgerüst aus Nerven in Ihrem Inneren, welches bestimmt, wie Sie sich fühlen und wer Sie sind. Jedoch werden erst durch die Erziehung unsere Grundpfeiler massiv und wetterfest gebaut. Die Umwelt (Familie, Freunde, Wohnort, Schule, Beruf …) formt unser entstehendes Haus nach und nach zu einem Ganzen. 

„Das Gehirn ist ein permanent lernendes System“, sagt Joachim Bauer, u.a. Professor für Psychoneuroimmunologie. Jede prägende Erfahrung verändert die Struktur unseres inneren Hauses. Unser Charakter verändert sich demnach durch Erlebnisse, Erfolge und vor allem durch Fehler, die wir machen. Wir lernen, formen und bauen permanent an unserem inneren Heim, oftmals ohne, dass es uns bewusst ist.  Wir können uns das Elternhaus nicht aussuchen, deshalb sind gewisse Wesenszüge unser Schicksal. Aber es ist die große Aufgabe des Menschen, sich in einem stetigen Entwicklungsprozess zu erkennen und sich zu verändern. Wir sind der Architekt.

Haben Sie sich wiedererkannt? Wir sind eine Mischung aus diesen Persönlichkeitstypen, die bei jedem eine unterschiedliche Gewichtung haben. Zum Glück, denn so bleibt es immer wieder spannend mit uns! | Text: Stefanie Steinbach

Der depressive Typ

Der depressive Typ möchte händeringend geliebt werden. Er strampelt sich von morgens bis abends mühselig ab, um anderen zu helfen. Der depressive Mensch jammert lieber, anstatt etwas an seiner Lage zu ändern. In der Sexualität ist der Depressive hingebungsvoll, anschmiegsam und sinnbildlich eine kuschelige Wärmflasche unter der Bettdecke. Er ist ein Menschenfreund voller Zuwendung und Verantwortungsgefühl.

Die zwanghafte Persönlichkeit

Die zwanghafte Persönlichkeit möchte am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist. Ihr Sicherheitsbedürfnis ist gewaltig und sie neigt dazu, sich selbst einzuengen und an Regeln unter allen Umständen festzuhalten. Der Zwanghafte steht folglich unter enormem Innendruck, wirkt starr und ungelöst. Er neigt dazu, den Partner und Kinder nach seiner Vorstellung, die als die einzig richtige gilt, zu formen. Zwanghafte Menschen sind ausdauernd, fleißig, konsequent, planvoll und verantwortungsbewusst. Wir können auf sie bauen.

Die schizoide Persönlichkeit

Die schizoide Persönlichkeit ist hochkontrolliert. Sie ist kein besonderer Menschenfreund, kommt gut mit sich allein zurecht und misstraut der Allgemeinheit. Abhängig von anderen zu sein bedeutet für sie, sich selbst aufzugeben. Der Schizoide wirkt verschlossen, kann sich nur schlecht in andere Personen hineinversetzen und verletzt dadurch oft, ohne es zu beabsichtigen.  In der Liebe ist der schizoide Mensch wie ein Elefant im Porzellanladen: Irgendwie fehl am Platz. 
Dieser Typ Mensch ist unsentimental, sachlich, verlässlich und will nicht von der ganzen Welt geliebt werden.*

*(Anmerkung: „schizoid“ bedeutet „abspalten“ und hat in dieser Hinsicht nichts mit dem Begriff „schizophren“ zu tun)

Die hysterische Persönlichkeit

Die hysterische Persönlichkeit  geht allem aus dem Weg, was für sie eine Verpflichtung darstellen könnte. Sie mag den Reiz des Unbekannten und die Freude am Wagnis. Hysterische sind Selbstdarsteller und haben ausgezeichnete Talente im Reden.  Zeitplanung und Pünktlichkeit liegen für sie abseits ihres Weges. Dass dieser Weg übrigens einmal endlich ist, ignorieren sie gekonnt, denn sie haben Angst vor dem Alter. 

In der Liebe kann der Hysteriker hinreißen: Er lässt den anderen im Glauben, die wunderbarste Person zu sein … (aber nur für diesen Abend). Der Alltag steckt mit dem Hysteriker voller Überraschungen und langweilig wird es mit ihm selten.