„Gleich und gleich gesellt sich gern“ vs. „Gegensätze ziehen sich an“

Forschung widerspricht sich

Moderne Partnervermittlungen – online oder im richtigen Leben – versprechen auf Basis komplizierter Algorithmen und Analysen eine Passgenauigkeit bei der Partnerwahl. Das sogenannte „Matching“ – also wenn ein Single zu einem anderen passt - sei insbesondere von Ähnlichkeiten abhängig. Letzte wissenschaftliche Ergebnisse weisen jedoch in eine andere Richtung. Wie findet man nun den richtigen Partner?

Sich möglichst oft verabreden. Das rät zumindest die Berliner Psychologin und Buchautorin Jule Specht in einem Artikel auf „welt.de“ aus dem Jahr 2014. Gemeinsam mit dem Psychologen Paul Eastwick hat sie zu dem Thema geforscht. Die Suche über eine Partnerbörse lohne sich höchstens aufgrund der Angebotsvielfalt und sollte in erster Linie dazu dienen, sich zu treffen und in der wirklichen Welt kennenzulernen.
Die beiden stellten fest, dass die vorhergehenden Forschungen, insbesondere solche, die konstatieren, dass Ähnlichkeiten ausschlaggebend für eine beständige Beziehung sind, irren. Es klingt zwar sehr einleuchtend, dass Menschen mit ähnlichen Ansichten, ähnlicher Persönlichkeit und gleichen Interessen sich besser verstehen. In der wissenschaftlichen Untersuchung sind auch die Forscher bisher dieser Ansicht gewesen – und das rund 60 Jahre lang. Der grundlegende Fehler war, die Ähnlichkeiten, die die Probanden als Grund für die gegenseitige Sympathie anführten, nicht zu untersuchen. Es hätte sich ja schließlich auch um eingebildete Übereinstimmungen handeln können.

Wert der Ähnlichkeit hängt von Sympathie ab

Eastwick gibt gegenüber „welt.de“ an, dass die Ähnlichkeiten beim ersten Date durchaus eine Basis für gemeinsamen Gesprächsstoff liefern. Zudem würden Gemeinsamkeiten je nach Sympathie unterschiedlich bewertet. Dem gegenüberstellen kann man, dass gerade Gegensätze beim ersten Date auch anziehend, besonders interessant und fruchtbar für das Gespräch sein können. Eastwick erläutert, dass es wahrscheinlicher sei, dass Menschen, die sich sympathisch finden, immer mehr Ähnlichkeiten entdecken und diese entsprechend hoch gewichten. Wenn ein Gespräch gut laufe, werde der Tatsache, dass beide die gleiche Tageszeitung lesen mehr Bedeutung beigemessen, als wenn das Gespräch langweilig gewesen wäre, erläutert Eastwick in dem Artikel weiter.

Gegensätze – vor allem in der Forschung

In einem Artikel aus dem Jahr 2009 auf welt.de wird die Psychologin Beatrice Rammstedt zitiert. Bei ihren Untersuchungen sei sie zu dem Schluss gekommen, dass sich langfristig betrachtet gleich und gleich durchaus gern gesellen. Entscheidend seien mindestens drei Dimensionen, die ähnlich sein sollten. Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit.
Die Psychologin Adrienne Kaufmann, deren Forschung in dem 2014er Artikel beleuchtet wird, erweitert diese Merkmale auf fünf Kategorien, die die Persönlichkeit beschreiben. Neben den drei genannten, kommen noch emotionale Stabilität und Extraversion hinzu. Rammstedt hatte diese Kriterien als weniger ausschlaggebend katalogisiert. Kaufmann konnte bei ihren Untersuchungen jedoch keinen Zusammenhang zwischen Ähnlichkeit und glücklich verlaufender Beziehung erkennen. Wobei es schon einen Zusammenhang hinsichtlich der Ausprägung der einzelnen Werte zum Beziehungsglück gebe. Sie stellte fest, dass Paare, die in allen Kategorien generell eher höher punkten, glücklicher sind. Will sagen: Partner, die jeweils eher emotional stabil, offen, gewissenhaft, sozial verträglich und extrovertiert sind, seien glücklicher als verschlossene, instabile Personen. Klingt einleuchtend.
In dem 2009er Artikel wird zudem die Arbeit von Zick Rubin, einem Havard-Psychologen, reflektiert, der 231 Paare über zwei Jahre beobachtet hat und feststellte, dass die Paare mit den meisten Gemeinsamkeiten zusammenblieben und 103 Paare sich wohl aufgrund von Differenzen, die seit Beginn der Beziehung bestanden, trennten.

Worauf kann man sich verlassen?

Es ist nach wie vor so, dass Portale wie „Elite Partner“ an den Ähnlichkeitsprofilen für das „Matchmaking“ festhalten. Laut der bei der bekannten Datingplattform für das „Matchmaking“ verantwortlichen Lisa Fischbach stehen dabei Persönlichkeitsdimensionen wie Nähe und Distanz, Dominanz und Unterordnung sowie Autarkie und Versorgung im Vordergrund. Zu starke Gegensätze nähren eher das Konfliktpotenzial. Irgendwelche Größen und Anhaltspunkte, neben der sehr wichtigen äußerlichen Attraktivität, für den ersten Kontakt müssen festgelegt werden. Darüber hinaus bestätigen andere psychologische Studien, dass Menschen sich bei der Partnersuche an dem orientieren, was sie kennen und für real empfinden. Sich selbst. Ob dabei die Übereinstimmungen lediglich als Gesprächsbasis dienen oder später tatsächlich zur Zufriedenheit in der Beziehung beitragen, ist wahrscheinlich sehr unterschiedlich. Andererseits ist es auch so, dass sich Partner in längeren Beziehungen gegenseitig annähern. Insofern spielen die Gemeinsamkeiten zunächst eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist die Sympathie, die zwischen beiden herrscht. Die im Verlauf entdeckten Ähnlichkeiten untermauern dann das Zusammengehörigkeitsgefühl. Es kommt also tatsächlich darauf an, nämlich, aus welcher Perspektive und mit welchen Erwartungen das Ganze betrachtet wird. Im Zweifel sollte man(n) oder frau es also einfach drauf ankommen lassen. | Text: Christian Glaser

Gegensätze oder Ähnlichkeit: Was glauben Sie ist besser bei der Partnerwahl?