Local Hero: Ex-Boxweltmeisterin Rola El-Halabi

"Komm und hol es Dir!"

Im November 2016 hat Rola El-Halabi hat ihre Karriere beendet. Die 31 Jahre alte gebürtige Libanesin hatte in ihrer erfolgreichen Laufbahn WM-Titel der Verbände WIBF, WIBA , WBF und UBF gewonnen. Als Profiboxerin bestritt sie 15 Kämpfe (14 Siege, sieben Knockouts). Am 1. April 2011 wurde die Leichtgewichts-Boxerin in der Kabine vor einem WM-Fight in Berlin von ihrem Stiefvater mit vier Schüssen in eine Hand, in die Füße und ins Knie getroffen. Rola hat nie aufgegeben und sich zurück ins Leben geboxt. Vor dem Landgericht wurde der Stiefvater, der zuvor auch ihr Manager war, zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Im April 2017 kommt er frei. Wie sie mit diesem Gedanken umgeht, was sie heute macht und wo sie sich in fünf Jahren sieht, haben wir die sympathische Sportlerin im Interview gefragt.

TRENDYone: Erzählen Sie bitte ein bisschen über sich?
Rola El-Halabi: Hallo liebes TRENDYone-Team, ich bin Rola, habe 22 Jahre geboxt und bin heute stolze Mama einer kleinen Tochter und Trainerin in der eigenen Kampfsportschule in Neu-Ulm, die ich gemeinsam mit meinem Mann betreibe.

Was waren die Meilensteine in Ihrer Karriere?
Natürlich zählen die WM-Titel zu meinen größten Erfolgen, aber es gab so viele wichtige Momente. Jeder Kampf war ein Meilenstein und ein Fortschritt.
Gibt es ein besonderes Erlebnis?
Mein Comeback nach dem Attentat, das war das besonderste Erlebnis für mich. Das wurde nur noch von der Geburt unserer Tochter Sophia übertroffen. (lacht)

Was war immer Ihr Traum?
Ich wollte schon immer Weltmeisterin werden, diesen Traum habe ich mir 2009 verwirklicht, und nach dem Attentat 2011 hatte ich einen erneuten Traum: Wieder Weltmeisterin zu werden, auch das ist mir Gott sei Dank geglückt.

Wie gehen Sie heute mit den Nachwehen des Attentates um?
Der 1.4.2011 hat natürlich leider mein Leben geprägt. Egal wann und wo ich bin, es wird immer angesprochen, es gehört einfach zu mir, wie meine WM Titel und meine gesamte Karriere. Ich versuche es aber nicht mehr in den Vordergrund zu stellen. Ich denke, ich habe es für mich ganz gut verarbeitet und es hat mir auch gut getan, in aller Öffentlichkeit über das Geschehene zu sprechen, denn so konnte ich auch eine Distanz dazu gewinnen.

Sie haben Ihre Geschichte in einem Buch niedergeschrieben. Worum geht es genau?
Man muss an sich glauben, aufstehen und gehen. Ich habe mich ins Leben regelrecht zurückgeboxt und musste viele Schläge einstecken. In meinem Buch „Stehaufmännchen“ habe ich meine Geschichte niedergeschrieben. Ich habe heute noch Angst vor einer Waffe und vor allem vor meinem Vater. Wenn ich in einem Kinofilm eine Waffe sehe oder wenn eine Vater-Tochter-Beziehung thematisiert wird. Ich habe zwar dann irgendwann meinen Vater aus meinem Leben verdrängt, aber es ist immer noch schwer für mich. Selbst bei der Gerichtsverhandlung hat er mir nicht in die Augen gesehen. Entschuldigt hat er sich auch nie bei mir. Mein Vater wollte mich ganz unten sehen. Diesen Wunsch aber werde ich ihn nie erfüllen. Ich bin als Weltmeisterin gegangen und ich werde als Weltmeisterin zurückkommen, das war immer mein Ziel. Und das habe ich erreicht. Eine mitreißende und bewegende Geschichte, aber auch eine sehr motivierende.

Geben Sie Ihre Erfahrungen weiter?
Ja, meine Erlebnisse und Erfahrungen gebe ich in meinem Buch, aber auch in Vorträgen weiter. Ich gebe weiter, wie man richtig mit Krisen umgeht und wie man mit mentaler Stärke aus persönlichen Rückschlägen hervorgeht. Ich bin Teil des 5 Sterne Teams von Heinrich Kürzeder, dem Inhaber einer Redneragentur in Dillingen, und kann für Vorträge gebucht werden. Darüber freue ich mich sehr.
Ihr Stiefvater wird 2017 aus der Haft entlassen. Wie geht es Ihnen bei diesem Gedanken daran?
Es ist natürlich kein schönes Gefühl, denn ich weiß nicht, was auf mich zukommt. Ich wünsche mir nur Ruhe, auch für ihn. Hoffentlich wird er sich ein neues Leben aufbauen können, denn das wäre für uns alle am besten.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich hoffe irgendwo im Ausland. Griechenland oder Australien würde mir gefallen - mit drei oder vier Kindern und natürlich weiterhin noch als Trainerin tätig.

Was ist Ihr Lebensmotto?
MOLON LABE (gespr. Lave), das heißt: Komm und hol es Dir!

Haben Sie ein persönliches Vorbild?
Nein, habe ich nicht, Ich versuche nicht, irgendwelchen Menschen oder ihren Taten nachzueifern. Jeder Mensch hat ein anderes Leben, eine andere Gegebenheit und auch ein anderes Glück. Man muss es nur finden und erkennen, dass es das eigene Glück ist.

Steckbrief Rola El-Halabi

Unternehmen: Molon Labe Sportsacademy in Neu-Ulm
Position: Trainerin und Ex-Profiboxerin