Slow Dating: Entschleunigung für die Liebe
Sie haben genug vom ständigen wischen, swappen und swipen
Sollten Sie sich den Daumen gebrochen haben, wäre dies ungünstig für Ihre Beziehungsaussichten. Warum? Seit dem Debüt der Dating-Apps dreht sich alles um Geschwindigkeit. Ein Profil pro Sekunde. Wischen, swappen, swipen - aussortieren im Eiltempo. Tiefgang? Nicht in Sicht. Sobald ein DatingApp-Konto erstellt wurde, hingen Beziehungsaussichten fast ausschließlich davon ab, wie schnell der eigene Daumen bewegt werden konnte. Doch ein neuer Trend erblickt zaghaft das Licht der Welt: Slow Dating.
Was ist Slow Dating?
Kennen Sie Stress bei der Arbeit? Zu viel To-Do’s, zu viele Projekte auf einmal. Irgendwann kommt das Gefühl, ausgebrannt zu sein. Burnout. Was das mit Slow Dating zu tun hat? In der Datingwelt verhält es sich ähnlich: Zu viele Möglichkeiten auf einmal können zu enormem Stress führen. Etliche Auswahlmöglichkeiten an Menschen, die gerade mal an der Oberfläche des Charakters kratzen, können den Blick für das Wesentliche verlieren lassen. Dating Overload. Dem entgegen wirkt der Trend des Slow Datings. Der Sinn darin: Beim Daten wieder mehr Zeit für eine Person zu finden. Aber es beinhaltet noch mehr: Auch die Art und Weise des Findungsprozesses soll sich fokussieren. Hinfort von all den Partnersuchseiten und Dating App-Wahlmöglichkeiten hin zu einer Seite/App der Wahl. Kurz und knapp gesagt: Qualität statt Quantität. Auch an der frischen Luft geht es darum, einen Menschen langsamer, achtsamer kennenzulernen. Es wird bei dieser Art der Partnersuche darauf verzichtet, parallele Kontakte zu pflegen. Ganz im Gegenteil: Ein Kontakt - intensiv und bei voller Aufmerksamkeit lässt Amor in feudale Feierstimmung geraten. Der Trend dieser Verabredungsart geht zu seinen ursprünglichen Wurzeln zurück.
Herkunft von Slow Dating
Besagtes stammt aus dem amerikanischen Raum und wurde irgendwann zu einer Gegenbewegung des 1998 entworfenen Konzepts “Speed-Dating”. Wir frischen die Erinnerung eben auf: Beim Speed-Dating sollten in kurzer Zeit zwischen sieben und zehn verschiedenen Flirt- oder Beziehungspartner kennengelernt werden.
Slow Dating vs. Speed Dating
Wir erklären kurz: Das ursprüngliche Speed-Dating Konzept beruhte auf face-to-face-Veranstaltungen, sprich: Die Teilnehmer sahen sich live und in Farbe. Dies war eine lange Zeit äußerst beliebt. Ein genaues inspizieren seines Gegenübers war praktisch. Denn Bilder können im großen Stil die Wirklichkeit verschleiern.
Tatsächlich ist auch heute Speed-Dating noch hoch im Kurs, da fast sämtliche Flirtplattformen oder Dating-Apps nach diesem Konzept arbeiten. Das Konzept ist also digital geworden. Leider ist diese Art der Bekanntschaft oft ziemlich – Überraschung - oberflächlich. Es funkt meist nur bei jenen, die sich gegenseitig überaus attraktiv finden. Innere Werte wie Charakter oder Gemeinsamkeiten sind hier zunächst nur Nebendarsteller. Flüchtige Bekanntschaften auf körperliche Ebene sind keine Seltenheit. Wer sich die große, unbändige Liebe daraus verspricht, muss Glück haben. Denn dieses Date-Tempo kann vor allem eines sein: stressig und frustrierend.
Slow Dating hat den Underdog-Vorteil. Es verschafft der geschundenen, nach Liebe suchenden Seele eine Pause und gönnt dem Nutzer etwas, dass wir das kostbarste Gut auf Erden nennen: Zeit. Zeit, jemanden kennenzulernen. Mit seinen Gemeinsamkeiten, seinen Eigenheiten, seinen schrägen und liebenswürdigen Seiten. Zeit, um aus dem Dating-Karussell auszusteigen, den Schwindel abzulegen und sich frisch und munter auf eine Person zu konzentrieren. Wer sich erst einmal langsam an diese Erfahrung herantasten möchte, der kann sich auf ein Medium bei der Partnerwahl festlegen, also eine App oder eine Dating-Seite statt einer ganzen Handvoll.
Nachteile des Slow Dating
Wissen Sie noch, wie Langsamkeit funktioniert? Eben. In unserer Welt hat sich seit vielen Jahren alles auf Geschwindigkeit spezialisiert. Lesen Sie noch einen Artikel, der über zehn Minuten Lesezeit angibt? Natürlich nicht. Es wird immer schwieriger Menschen zu finden, die diese Ausdauer noch in sich tragen und nicht getrieben durch all die in Windeseile zu erledigenden Dinge an ihrer großen Liebe vorbeisprinten. Zum einen erschwert diese Lebensweise das Kennenlernen, zum anderen das Aufrechterhalten einer Bekanntschaft. Partnersuche, die ins Detail geht, wurde schlichtweg verlernt. Zu leicht waren das Wischen und die reine Bildersuche. Eine intensive Beschäftigung mit einer Person setzt den Willen voraus, es wieder zu erlernen. Und die Erkenntnis zu gewinnen, dass dies auch nötig ist. Denn es kann ebenfalls frustrierend sein, eine Fülle an Zeit des Kennenlernens in einen Partner zu investieren und festzustellen, dass dies nicht derjenige welcher ist. |Text: Stefanie Steinbach
FAZIT:
Der Trend der Langsamkeit, Qualität statt Quantität erhält einen sehenswerten Aufschwung. Denn zu viele objektive Auswahlmöglichkeiten bei der Partnerwahl sorgen bei uns für Frustration und Stress. Die intensive Beschäftigung mit einer Person hat schon fast etwas erfrischend Prickelndes, anstatt in einer großen Suppe aus kaschierten Bildern etwas adäquates zu finden. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Glück. Wir drücken die Daumen!