Hochzeit: Liebe oder sachliche Lebensplanung?

Der Zweck heiligt die Mittel

Zu Beginn unserer Ehe springen wir kichernd und leicht wie eine Feder von Wolke zu Wolke, um nach ein wenig Routine doch wieder in der harten Realität anzukommen. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie Zweckmäßigkeit und romantische Gefühle vereinen und verraten Ihnen, welche Phasen unsere Liebe in der Partnerschaft durchläuft.

In der heutigen Zeit kommt der Begriff „Liebespaar“ nur noch selten vor. Wir sprechen vielmehr von einer Ehe, Beziehung oder Partnerschaft. Letzteres klingt mehr nach einer Geschäftsbeziehung als nach leidenschaftlicher Zweisamkeit. Oftmals ist es nicht einfach, die Liebe lebendig zu halten. Wir brauchen zunächst die Erkenntnis, dass die Liebe zum Beginn einer Partnerschaft nicht dieselbe ist wie nach ein paar Jahren. Sie durchläuft – laut dem bekannten Paartherapeut Roland Weberhat – in jeder Beziehung fünf Ebenen. 

Die fünf Ebenen der Liebe in einer Partnerschaft

1. Ebene: Die Verliebtheitsphase
Wir springen von Wolke zu Wolke. Alles ist schön, rosa und leicht. Der Partner ist vollkommen und der Richtige, das spüren wir ganz tief in unserem Herzen. Die Verliebtheitsphase ist nach ca. drei bis 18 Monaten vorbei – und damit oftmals auch die Beziehung. Für viele Paare ist hier bereits Endstation, ohne je erfahren zu haben, welche Qualität ihre Beziehung gehabt hätte.

2. Ebene: Die Verliebtheit verschwindet
Das rosa Gegenlicht lichtet sich und wir beginnen, negative Verhaltensmuster unseres Gegenübers wahrzunehmen. In dieser Phase müssen Kompromisse eingegangen werden, damit die Beziehung weiter Bestand hat. Machen wir das nicht, dann gehören wir zur Mehrheit der Paare, die sich in dieser Phase voneinander trennen. 

3. Ebene: Gegensätze werden bekämpft
Hier beginnen die Revierkämpfe. Paare beginnen alles, was nicht in das eigene Beziehungsbild passt, zu kritisieren und zu ändern. War der Partner noch vor ein paar Monaten der Richtige, so ist er es in dieser Phase definitiv nicht mehr. Zumindest sieht man die negativen Dinge plötzlich sehr deutlich.

4. Ebene: Das Ich, Du und Wir
Die „Sturm und Drang“ Zeit ist vorbei. Die Fronten haben sich geklärt und das Paar ist an den Auseinandersetzungen gewachsen. Jeder hat sich als eigenständige Person in der Partnerschaft weiterentwickelt. Hier bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf die wahre Liebe, denn wir akzeptieren unseren Partner so wie er ist, mit all seinen Ecken und Kanten.

5. Ebene: Nach Hause kommen
Wir sind mit unserem Partner durch unzählige Täler und Höhenlagen gewandert und haben etwas Wertvolles auf dieser Reise gefunden: Ein tiefes und bedeutendes „Uns“.
Wir wissen, wo wir hingehören. Wir sind angekommen.

Das Ziel einer Ehe

Vor allem: Zu leben! Und zwar gemeinsam. Das bedeutet natürlich nicht nur Seifenblasen zu pusten und Champagner zu trinken, sondern eben auch das Leben gemeinsam zu organisieren und strukturieren. Die meisten Seifenblasen fallen Absprachen, Regeln und sogar Verträgen zum Opfer, die jedoch Bestandteil einer Partnerschaft und unabdingbar sind. Sie können sich eine Partnerschaft als eine Art Tauschgeschäft vorstellen, das Geben und Nehmen möglichst ausgeglichen regelt.

Die Liebe hingegen ist bedingungslos und absolut und wir schenken sie, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen. Sie ist nicht planbar, folgt keiner Berechnung, sondern ist einfach da.
„Im Grunde genommen ist eine Partnerschaft mit einer Liebesbeziehung nicht vereinbar. Sie unterliegen unterschiedlichen Logiken und Grundvoraussetzungen“, sagt Paartherapeut Arnold Retzer. Aber wer sind wir, es nicht zu versuchen? Die Liebe ist eine Treppe, keine Tür. Fangen wir an, Stufen zu steigen!

Tipps für den Tanz auf den Wolken

Um Liebe und Partnerschaft in einer Ehe zu vereinen, ist der ständige Wechsel zwischen den beiden Beziehungsebenen eine Grundvoraussetzung. „Abhängig von der Phase, in der das Paar gerade steckt, überwiegt einmal die Liebes- ein anderes Mal die partnerschaftliche Ebene“, so der Paartherapeut. Das bedeutet für uns: Wenn wir gerade auf Wolke sieben schweben, dann sollten wir dies vollends auskosten, damit wir auf der zweckmäßigen Ebene keine Entzugserscheinungen bekommen. Schaffen Sie sich Oasen mit Ihrem Partner, die nur Ihnen gehören und in denen nichts zählt, außer Ihrer Zuneigung füreinander. Vergessen Sie dabei nicht, auch Zeit für sich selbst einzuplanen, denn nur wer mit sich im Reinen ist, der ist auch in der Ehe ein besserer Tanzpartner. 
Und nicht zu vergessen: Ganz viel Humor. Das Leben ist oftmals viel zu getaktet und steif, da lockert eine gute Portion Humor die starren Strukturen des Alltags auf. 

Das Für und Wider einer Ehe

Früher musste, heute darf geheiratet werden. Eine Hochzeit ist keine Entscheidung, für die eine Pro- und Contra-Liste angelegt werden muss. Die Hochzeitspolitik hat sich gelockert und gibt Paaren lang ersehnte Freiheiten. So galt eine Frau, die mit Mitte 30 noch nicht den Bund der Ehe geschlossen hat, als „alte Jungfer“ und es wurde getuschelt, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung sei. Heute ist das völlig normal und niemand wird schief angeschaut, auch wenn er Kinder hat, aber keinen Trauschein. Eine Heirat bleibt nach wie vor eine Herzensangelegenheit. Selbst wenn Sie 100 Dinge auflisten, die gegen eine Hochzeit sprechen, so kann ein Punkt auf der Pro-Liste diese Dinge übertrumpfen. Dann geht es vor den Traualtar – egal was ihr Verstand dazu sagt. | Text: Stefanie Steinbach