Christian Lembert von der Hutmanufaktur Lembert im Interview

"Drei Generationen in einem Unternehmen"

Seit knapp 160 Jahren werden in der Hutfabrik Lembert Hüte in jeder Form, Größe und Farbe hergestellt. Der Augsburger Familienbetrieb schmückte bereits das Kostüm von Orlando Bloom und Kollektionen von Hugo Boss. Wir haben mit Christian Lembert und Tochter Pippi über das Handwerk des Hutmachers gesprochen und herausgefunden, worauf bei der Herstellung dieses Accessoires besonders geachtet werden sollte.

TRENDYone: Seit wann gibt es die Hutfabrik Lembert und wie fing alles an?

Christian Lembert: Gegründet wurde die Hutfabrik Lembert von meinem Urgroßvater Kaspar und meinem Urgroßonkel Reimund im Jahr 1861. In zweiter Generation übernahmen die Gründersöhne Wilhelm und Johannes den Betrieb. Mein Vater, Theodor Lembert, führte die Hutfabrik dann in die dritte Generation.

Wie gestaltete sich Ihr persönlicher beruflicher Werdegang?

Christian Lembert: Ich habe ab 1958 eine Lehre zum Bankkaufmann, danach eine Lehre zum Hutmacher sowie anschließend zum Färbemeister im In- und Ausland absolviert. Im Jahr 1972 bin ich dann in das Unternehmen eingestiegen, dass mir mein Vater übergeben hat.

Was macht den Beruf des Hutmachers so besonders und was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit am besten?

Christian Lembert: Der Beruf des Hutmachers ist eine abwechslungsreiche Tätigkeit. Zum einen hat man viel Kundenkontakt, zum anderen ist man mit seinen eigenen Händen an der Produktion beteiligt. Genau diese Mischung ist es, weshalb ich sehr glücklich in diesem Beruf bin.

Wie hat sich die Branche im Laufe der Jahre verändert?

Christian Lembert: Im Laufe der Zeit haben wir immer mehr die Konkurrenz aus Fernost zu spüren bekommen. Dort ist es möglich, zu einem viertel unseres Verkaufspreises zu produzieren. In unseren besten Zeiten hatten wir 200 Beschäftigte, die pro Tag 2.000 Hüte produziert haben – jetzt sind es nur noch 12 Mitarbeiter. Wenn wir heute eine Kleinserie von 50 Hüten anfertigen, ist das schon recht viel. Außerdem gab es früher in Deutschland über 20 Hutfabriken. Heute sind es gerade mal noch drei oder vier.

Wie entgegnen Sie diesem Trend und was hebt Sie von der Konkurrenz ab?

Christian Lembert: Unser Motto ist immer: „Wenn ein Auftrag kommt, saus ma´, bevor mia die Schlappen verlieren“. Wir haben sehr kurze Lieferketten. Wenn wir heute einen Auftrag reinbekommen, schaffen wir es meist, schon innerhalb von zwei bis drei Tagen die Hüte anzufertigen. Da wir sogar eine Färberei im Haus haben und unsere Hüte selber färben, sind den Kundenwünschen dabei kaum Grenzen gesetzt.

Worauf legen Sie bei der Herstellung ihrer Hüte besonders viel Wert?

Christian und Pippi Lembert: Wir legen besonders viel Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit. Bereits seit zehn Jahren haben wir eine große Solaranlage auf dem Dach. Außerdem arbeiten wir mit einer Anlage zur Wärmerückgewinnung. Diese haben wir sogar schon vor 20 Jahren installiert. Zudem setzen wir auf regionale Materialien. Die Bergschafwolle für unsere Hüte bekommen wir beispielsweise aus Garmisch von einem Schafhalter. 

Wie haben sich Wünsche und Erwartungen der Kunden im Laufe der Jahre verändert?

Christian Lembert: In den letzten Jahren konnten wir verstärkt beobachten, dass sich viele junge Leute mittlerweile wieder traditionell kleiden möchten. Heutzutage ist Tracht wieder sehr angesagt: Wer als junger Bursche eine richtige hirschledernde Lederhose hat, braucht dann auch einen richtig schönen Velours-Hut. 

Gibt es einen besonderen Auftrag oder ein besonderes Erlebnis, dass Ihnen in Erinnerung geblieben ist?

Christian Lembert: Für den Rottweiler Narrensprung haben wir einen Hut für den Hund hergestellt. In den Filmen „Die drei Musketiere“, der Oscar-prämierten Produktion „Jenseits von Afrika“ sowie der Serie „Babylon Berlin“ sind Hüte von uns zu sehen. Außerdem hat Schauspieler Orlando Bloom bei uns einmal Hüte in Auftrag gegeben. Weitere tolle Aufträge waren unter anderem Hüte für die Steiff Teddybären, das Friedberger Altstadtfest und viele mehr.

Die Coronakrise stellt Unternehmen vor eine große Herausforderung. Wie meistern Sie diese?

Christian und Pippi Lembert: Die Absagen verschiedener Volksfeste und vor allem des Oktoberfestes haben wir zu spüren bekommen. Deshalb haben wir die Maskenproduktion aufgenommen. Für unseren Mundschutz nehmen wir einen ganz feinen Baumwollbatist, durch den es sich sehr angenehm atmen lässt. Gerade für Brillenträger ist der eingearbeitete Nasensteg vorteilhaft. Unser Mundschutz kann bei hohen Graden gewaschen werden und ist demnach sehr nachhaltig.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf bis zehn Jahren?

Christian Lembert: Wenn wir so weitermachen müssen wie bis jetzt, wird es eng. Es soll aber natürlich weitergehen. Meine Enkelin Letizia studiert und arbeitet bei uns im Vertrieb und unterstützt uns bei Messen. 

Pippi Lembert: Auch mein Sohn Leo ist ein richtiger „Macher“. Er übernimmt hier im Haus vor allem Reparaturen und alles, was handwerklich anfällt. Da können wir uns gut vorstellen, dass er das gerne weitermachen würde. Das sind dann drei Generationen in einem Unternehmen, das gibt es auch selten.