Local Hero: Stefan Settele Küchenchef und Geschäftsführer beim Gasthaus Settele

Ohne Ziele und Visionen kann man kein Unternehmer sein

Kulinarische Nachhaltigkeit und Gastfreundschaft werden im Gasthaus Settele großgeschrieben. Eine traditionelle bayrisch-schwäbische Küche sorgt hier für Gaumenfreuden und Genuss. Auch der Hausball sowie die Küchenparty der Familie Settele ist für viele Augsburger ein schöner Grund, das Ballkleid wieder aus dem Schrank zu holen. Im Gespräch mit TRENDYone sprach Küchenchef und Geschäftsführer Stefan Settele über ausgefallene bayrische Gerichte und die aktuell angespannte Situation in der Gastronomie.

Seit wann gibt es das Gasthaus Settele und wann fing alles an? 
Das Gasthaus Settele gibt es bereits seit 1905. Mein Urgroßvater hat die Räumlichkeiten damals von der Kronenbrauerei Augsburg gepachtet und acht Jahre später gekauft. Zu dieser Zeit ist die Landwirtschaft noch das größere Standbein gewesen. Im Bereich Gastronomie gab es Brotzeit und das Bier konnte man sich damals aus einer Gassenschenke holen. Als mein Urgroßvater gestorben ist, übernahm mein Opa - er war zu der Zeit 18 Jahre alt - den Betrieb. 1956 wurde das Gasthaus dann komplett neu aufgebaut. Mein Opa ist ebenfalls noch ein richtiger Landwirt gewesen, als er dann 1982 verstorben ist, ist die Agrikultur jedoch langsam eingeschlafen. 

Wie sah Ihr beruflicher Werdegang aus? 
Die Berufung zum Koch und die Liebe zur Gastronomie wurden mir von der Familie vorgelebt, daher war es immer ein Ziel, diese Tradition fortzuführen. Dennoch wollte ich meinen eigenen Weg gehen, denn mich hat immer die große weite Welt interessiert. So gab es in meiner Karriere viele Auslandsstationen. Neben der kulinarischen Seite der Länder hat mich dabei immer die Kultur und die Lebensart begeistert. Diese weltoffene Art versuche ich auch in unserem
Traditionsgasthaus weiterzuleben.

Was würden Sie als „Meilensteine“ Ihres Betriebs bezeichnen?
In einer 115 jährigen Geschichte gibt es viele Meilensteine. Die jüngeren, die mit mir zu tun haben, beginnen sicherlich mit der 100 Jahrfeier im Jahr 2005, als viele Veranstaltungen wie das Augsburger Bierfestival und der Haunstetter
Christkindlmarkt, die uns heute noch begleiten. Die größte und schönste Herausforderung war sicherlich der komplette Umbau und Neugestaltung des Gasthauses im Jahr 2016. Es trug den Projektnamen „Tradition und Vision“ und begleitet uns auch heute in unserer kulinarischen Ausrichtung.

Ihre Küche steht für teilweise ausgefallene bayrische Kreationen. Woher nehmen Sie Inspiration für Neues?
Inspirationen entstehen in der Ruhe, dies geschieht meistens beim Lesen (Fachliteratur), Reisen, beim Essen gehen und auch bei der täglichen Arbeit in der Küche. Wichtig dabei ist Geschmack, Neugier und Erfahrung.

Welche Eigenschaften muss ein Koch besitzen?
Freude am Handwerk, an Lebensmitteln und frischen Produkten. Dazu gehören Leidenschaft, Hartnäckigkeit, Kreativität, Teamfähigkeit sowie körperliche und geistige Fitness.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsgericht auf der Speisekarte?
Es gibt nur eine Lieblingskarte! Nicht nur ein Gericht. Alles was bei uns auf der Karte steht, ist mit Liebe gemacht und es muss mir schmecken, sonst kann ich nicht dahinter stehen. Ich kann mich für einen Klassiker wie das Wiener Schnitzel genauso begeistern wie für ein innovatives Fischgericht. 

Wenn Sie sich in drei Worten beschreiben müssten, welche wären das?
Gezielt, gelassen, voller Freude.

Was macht Ihren Arbeitsalltag besonders und wie gestalten Sie Ihre Freizeit?
Täglich mit einem tollen jungen Team zusammenzuarbeiten, jeden Tag mit frischen Produkten zu kochen und persönlicher Kontakt zu den Gästen. Bei der Freizeit steht Familie an erster Stelle, dann kommt der Sport und das Reisen.Meistens beschränkt sich meine Freizeit auf unsere Ruhetage. 

Wie wird sich das Gastgewerbe durch Corona langfristig verändern?
Wünschenswert wäre hier nicht zu viel Änderung, da wir von sozialen Kontakten leben, von der Geselligkeit und der Freude am Feiern. Das gehört zur Gastronomie. Was sich hoffentlich zum Positiven verändert, ist die Wertschätzung für die Dienstleistung und das Handwerk, das hinter guter Gastronomie steckt.

Haben Sie Wünsche, Visionen oder Ziele für das Gasthaus?
Ohne Ziele und Visionen kann man kein Unternehmer sein. Das wichtigste Ziel ist es, unsere Gäste und uns jeden Tag glücklich zu machen. Meine Vision ist dabei stets, neugierig zu bleiben, Neues zu wagen, offen zu sein für Veränderungen und dennoch Traditionen zu wahren.

Wo sehen Sie Ihren Betrieb in fünf bis zehn Jahren?
Aufgrund der aktuellen Lage hat sich einiges verschoben, wir hatten für dieses Jahr verschiedene Umbaumaßnahmen geplant. Diese müssen wir jetzt erstmal verschieben. Ich denke durch die Epidemie wird sich das Verhalten ändern, wie das Thema Außer-Haus-Verpflegung. Das hat für uns bisher noch keine große Rolle gespielt, wird aber momentan immer präsenter. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dies ein Markt wäre, in dem wir aktiver werden könnten. Gerade für ältere Menschen, die nicht mehr aus dem Haus gehen können, wäre das ein tolles Angebot. Kulinarisch wird Nachhaltigkeit und Regionalität eine noch größere Rolle spielen und vielleicht werden wir alle kleine Bio Bauern sein. Wir gehen es jedenfalls mit Vorfreude an und jede Veränderung bringt auch viel positives.